Ludothek in der Nationalbibliothek: Durch Spielen aufs Lesenlernen getrimmt
Die Nationalbibliothek in Bukarest heißt ab dem Herbst dieses Jahres auch junge Besucher willkommen. Eine speziell für Kinder eingerichtete Spiel- und Leseecke wartet täglich auf die kleinsten Gäste.
Ana-Maria Cononovici, 24.12.2015, 17:45
Vor knapp 4 Jahren, genauer am 23. April 2012, zog die Nationalbibliothek aus dem alten Sitz in ein neues Gebäude um. Der derzeitige Sitz liegt im Unirii Boulevard Nr. 22 in Bukarest. Bei der Eröffnung wurden den Teilnehmern die Aufgaben einer Nationalbibliothek vorgestellt. Unter anderem wurde auf die Zusammenarbeit zwischen der Nationalbibliothek und weiteren Bibliotheken wie z.B. öffentliche Bibliotheken, Fachbibliotheken, Universitäts- und Schulbibliotheken oder Forschungsbibliotheken Bezug genommen. Auch die Zusammenarbeit der Nationalbibliothek mit anderen Informations- und Dokumentationsstellen wie etwa Museen, Archiven und Kulturzentren wurde erwähnt.
Trotz aller Modernisierungsbemühungen fanden die Kinder bislang keinen für sie geeigneten Platz in der Nationalbibliothek. Claudia Şerbănuţă, die Leiterin der Nationalbibliothek, teilte uns mit, in der Bibliothek sei mittlerweile auch für Kinder ein Raum extra eingerichtet worden. Demnach wurde hier vor kurzem eine Ludothek organisiert. Ein Raum, wo sich kleine Kinder wohl fühlen. Wir wollten mehr darüber erfahren:
Der Raum, wo die Ludothek eingerichtet wurde, sowie der Lesesaal für Kinder und Jugendliche waren von Anfang an eingeplant. Die alte Nationalbibliothek sah keine Räumlichkeiten oder Dienstleitungen für Kinder vor. Mit dem Umzug in das neue Gebäude hat sich das geändert. Wir haben den Umzug zum Anlass genommen, um auch für Kinder und Jugendliche einen Raum einzurichten. Die Ludothek ist in Wirklichkeit ein Lesesaal für Vorschulkinder, für die Kleinsten unter uns, die noch nicht lesen, jedoch zusammen mit einem Erwachsenen Freude an Büchern finden können. Wir sind ursprünglich eine Partnerschaft mit dem Theater für Kinder »Ion Creangă« eingegangen, das früher Aufführungen für Kinder in der Ludothek gab. Letzten Herbst nahmen wir uns vor, den Raum neu einzurichten. Eine Gruppe engagierter Volontäre half uns dabei, den Raum so zu gestalten, dass er für die Interaktion der Kinder mit den Büchern sowie zum Spielen angemessen ist. Die freiwilligen Helfer brachten Geld für unser Vorhaben auf und begeisterten auch andere Volontäre, unter anderem von der Organisation »De Arhitectura«, für das Projekt. Wir legten unsere Kräfte zusammen und gestalteten den Raum wie geplant. Also hat das Publikum ab dem Herbst dieses Jahres Zugang auch zur neu eingerichteten Ludothek. Zum Lese- und Spielsaal haben derzeit ausschließlich Vorschulkinder Zugang. Die Möbel sind an der Altersgruppe der Besucher angepasst, die kleinsten Kinder können sorglos krabbeln, es gibt kleine Treppen, die von Kindern bestiegen werden können. Es ist ein offener Raum, um den sich sowohl unsere Mitarbeiter wie auch die Eltern sorgen. Das Engagement der Eltern bereitet uns Freude. Die Eltern kümmern sich um diesen Raum, sie räumen die Spielsachen, die ihr Kind auf den Boden liegen lässt, auf. Es herrscht eine angenehme Stimmung.“
Die Nationalbibliothek empfängt die Kinder in einem speziell hergerichteten Lese- und Spielsaal. Zahlreiche Spiele, Spielsachen und Bücher warten hier auf sie. Ihre Rolle ist, den Kindern das Lesen in spielerischer Art und Weise näher zu bringen. Claudia Şerbănuţă, die Leiterin der Nationalbibliothek, verdeutlichte wie wichtig es sei, die Kinder von ganz klein auf in die Bibliothek zu bringen:
Das Lesen ist ein soziales Verhalten, das erlernt wird. Je früher die Kinder mit Büchern in Kontakt kommen und Freude daran haben, desto leichter wird ihnen das Lesen später fallen. Studien zufolge sei die Interaktion mit Büchern von klein auf sehr wichtig. Jedoch reiche es nicht, das Kind in eine Bibliothek zu bringen. Vielmehr sei wichtig, die Bücher zusammen mit einem Erwachsenen zu handhaben. Die Eltern sollten ihren Kindern zeigen, was mit einem Buch anzufangen ist, ihnen erklären, dass hinter den Bildern eine Geschichte steckt, dass die Zeichen, die sie noch nicht als Buchstaben wahrnehmen und entsprechend entziffern, in Wirklichkeit eine Bedeutung haben. Dass es Wörter sind, die das Kind irgendwann selbst lesen wird. Wenn Kinder von sehr klein auf mit Büchern in Kontakt kommen, entwickeln sie sich zu Erwachsenen, die leichter lernen und selbständig denken. Die Bibliothek ist eine wertvolle Ressource für die Gemeinschaft. Sie begleitet uns ein Leben lang. Es ist wichtig, diese Ressource frühzeitig zu entdecken, um sie länger auszunutzen. Bei uns wird leider die Bibliothek immer mit der Schule in Verbindung gebracht. Diese Wahrnehmung ist aber falsch. Die Bibliothek ist eine Institution, die zu unserer fortdauernden Weiterbildung beiträgt. Lese- und Spielsäle für kleine Kinder sind etwas ganz Natürliches für die abendländischen Gesellschaften. Bei uns gibt es in fast allen Bibliotheken Räumlichkeiten für Kinder, jedoch keine Lesesäle, zu denen nur eine Altersgruppe Zugang hat. Wir treffen immer einen Besuchermix im gleichen Raum an. Allerdings kann die Gesellschaft von solchen speziellen Lesesälen nur profitieren.“
Die Ludothek wurde erst vor kurzem geöffnet. Obwohl die Nationalbibliothek übers Wochenende geschlossen bleibt, haben die Kinder auch samstags Zugang zum Lese- und Spielsaal. Viele Familien nehmen das Angebot gerne entgegen. Das zeigt abermals, dass nichtgewerbliche Räumlichkeiten gefragt und genutzt werden. In der Ludothek ist Platz für höchstens 15 Erwachsene in Begleitung ihrer Kinder. Die Organisatoren freuen sich, dass der Saal immer voll ist, so Claudia Şerbănuţă, die Leiterin der Nationalbibliothek.
Das Gebäude ist neu, wir alle sollten stolz auf den neuen Sitz der Bibliothek sein. Es ist ein angemessenes Gebäude für eine Bibliothek, ein öffentlicher Raum. Sein Potenzial muss noch ausgeschöpft werden. Wir bieten immer bessere Dienstleistungen an. Im Vordergrund stehen die Bedürfnisse des Publikums. Demnach öffneten wir dieses Jahr die Ludothek. Es ist wichtig zu verstehen, die Leser werden großgezogen und ausgebildet, es gibt sie nicht einfach so.“
Die Nationalbibliothek pflegt Partnerschaften mit mehreren Kulturinstitutionen, daher ist der passende Rahmen geschaffen, um besondere Kulturveranstaltungen zu organisieren.