Lenau-Museum im Banat: schwäbische Bauernkultur rund um den romantischen Dichter
Immer wieder kommt es vor, dass ein Ort Berühmtheit erlangt, nachdem eine örtliche Persönlichkeit den Durchbruch aus der Anonymität schafft. In solchen Fällen wird in der Regel ein Museum oder ein Gedenkhaus nach der betreffenden Person getauft.
Ana-Maria Cononovici, 24.10.2019, 17:30
20 Km von der Grenze zu Serbien liegt die Gemeinde Lenauheim. Sie trägt den Namen eines österreichischen romantischen Dichters in sich — Nikolaus Lenau. Dieser wurde hier im Jahr 1802 geboren. Sein Vater war Kassierer, demnach trägt heutzutage das Gebäude der damaligen Finanzbehörde, das später als Rathaus fungierte und noch später ins Museum der Schwäbischen Kultur umgewandelt wurde, den Namen Lenau. Elfriede Klein ist die Kuratorin des Museums. Sie erzählte uns mehr Einzelheiten darüber:
Das Gebäude wurde 1774 errichtet und war ursprünglich der Sitz der örtlichen Finanzbehörde. Gleichzeitig wurde auch die katholische Kirche erbaut. Das Gebäude birgt in konzentrierter Form das Leben des Dichters Nikolaus Lenau. In mehreren Räumen können ethnografische Puppenausstellungen gesehen werden. Die ausgestellten Puppen tragen die für das Banat typische schwäbische Volkstracht. Jedes Dorf hat eine typische Volkstracht, also werden rund 56 Puppenpaare gezeigt.“
Als Nikolaus Lenau vier Monate alt war, verließ die Familie des Dichters das Banat und zog nach Ungarn. Seine Kindheit verbrachte er in Ungarn, in den Städten Pest, Tokaj und Pressburg (Bratislava). Danach reiste er nach Wien, wo er zwischen 1822 und 1832 seine Studien vollendete. Er studierte unter anderem Rechtsprechung, Philosophie, Agronomie und Medizin. Seinen Doktorarbeit schrieb er allerdings nicht. Er lebte als freiberuflicher Schriftsteller und genoss die Privilegien einer großzügigen Erbschaft. Zwischen 1832 und 1844 führte er ein ruhiges Leben. In diesem Zeitraum lebte er abwechselnd in Wien und Stuttgart. Seine Werke wurden 1855, nach seinem Tod veröffentlicht. Für sein Heimatdorf ist Nikolaus Lenau eine durchaus markante Persönlichkeit, so Elfriede Klein:
Die Dorfbewohner sind stolz, denn das Dorf trägt heute seinen Namen. Vor der Geburt des Poeten hieß das Dorf Csatád. Die Rumänen nannten es Ceaţa (dt. Nebel), die deutsche Minderheit Schadat. Seit 1926 trägt die Ortschaft den Namen Lenauheim, also Heimatort Lenaus. Er war ein berühmter österreichischer Dichter, geboren im rumänischen Banat. Er lebte eine Zeitlang auch in Amerika, allerdings schrieb er dort keine Gedichte. Fast sein ganzes Leben verbrachte er in Österreich. Auch in Deutschland hielt er sich immer wieder Weile auf.“
Das Museumsgebäude liegt in der Hauptstraße. Das Haus ist im Banater schwäbischen Stil gebaut. Es hat auch einen Innenhof, trotz seines ursprünglichen Zwecks. Denn wie gesagt beherbergte das Gebäude anfänglich die damalige Finanzbehörde. Mehr Einzelheiten dazu lieferte Elfriede Klein:
Die Besucher des Museums werden staunen, so vielfältig ist das Angebot. Jedes Dorf hat die für die Ortschaft typischen Trachten genäht. Die Volkstrachten sind sehr komplex, es steckt viel Arbeit dahinter. In jedem Dorf gab es eine Näherin, die sich damit befasste. Sämtliche Puppen wurden bei der Puppenfabrik in Arad — bekannt unter dem Namen »Arădeanca« — bestellt und gekauft. Die Fabrik gibt es auch heute noch. Und in jedem Dorf gibt es noch eine Näherin, die den Auftrag erhielt, Trachten für diese Puppen zu nähen. Die Puppen sind in fünf Räumen ausgestellt. Wir verfügen über drei weitere Überraschungsräume, mit Mobiliar aus der damaligen Zeit, also aus 1821. Wir stellen auch ein Bett und eine Kommode aus, die von Hand gemalt wurden. Die zwei Möbelstücke stammen ebenfalls aus dem Jahr 1821. Wir haben ein Wohnzimmer und ein Schlafzimmer nachgebaut. Und auch eine Speisekammer — das Schmuckstück eines jeden Haushaltes.“
Die Lenau-Ausstellung umfasst heutzutage sieben Räume im linken Flügel des Gebäudes, im ersten Stockwerk. Fotografien, Manuskripte und Briefe von Nikolaus Lenau werden hier ausgestellt. Diese widerspiegeln verschiedene Aspekte aus dem Leben des Dichters. Auch die Wahrnehmung seiner Werke kommt in der Ausstellung zum Vorschein. Denn Nikolaus Lenau war eine vielseitige Persönlichkeit, stets auf der Suche nach der großen, wahren Liebe.
Die Ausstellung umfasst darüber hinaus auch Werkzeuge, landwirtschaftliche Geräte sowie für den Haushalt typische Gegenstände. Die Küche scheint ihre Gäste mit gedecktem Tisch zu erwarten. Ein altes Bügeleisen steht bereit, man möchte gern zugreifen und irgendeine Tischdecke glätten. Der rote Steinpflasterboden sorgt für Kühle und die Frische in der Speisekammer und die Holzfässer — in denen früher Sahne und weitere Milchprodukte aufbewahrt wurden — laden die Gäste zu einer Phantasieübung ein.
Auch Bücher und Manuskripte von Nikolaus Lenau können im Museum gesichtet werden. Das Museum stellt außerdem verschiedene Gegenstände vor, die dem Dichter und seiner Familie gehört haben. Im Zentrum der Gemeinde gibt es auch ein Standbild des Poeten. Die Statue wurde im Jahr 1905 errichtet.