Lange Nacht der Museen: Street Art im Vordergrund
Die 13. Galeriennacht in Rumänien bot den Besuchern die Möglichkeit, Kunstmuseen, Kulturinstitute und Künstlerwerkstätte kostenlos zu besichtigen. Das Angebot war besonders vielfältig und die Kulturliebhaber freuten sich darüber.
Ana-Maria Cononovici, 07.11.2019, 17:30
Vor kurzem fand zum 13. Mal in mehreren Städten in Rumänien die Museennacht statt. Kunstgalerien, Museen, Kulturinstitute, alternative Kulturräume, kreative Hubs und Künstlerwerkstätte öffneten ihre Tore für das breite Publikum in Bukarest und in weiteren 13 Städten landesweit. Die nächtliche alljährliche Veranstaltung bietet den Besuchern die Möglichkeit, die Vielfalt der zeitgenössischen Kultur zu entdecken — performative bildende Künste, Musik und Film stehen im Angebot der Museen, Kulturinstitute und Künstlerwerkstätte.
Nach der Veranstaltung im Kulturraum Rezidenţa BRD Scena9 in Bukarest ist zum ersten Mal ein permanentes Kunstwerk erhalten geblieben. Das Projekt Outside Histories“ (dt. Historien der Außenwelt) kann für unbefristete Zeit in Bukarest betrachtet werden. Im Zuge der genannten künstlerischen Initiative übermalten die Künstler Alexandru Ciubotariu, alias Pisica Pătrată“ (Quadratische Katze“), Robert Obert, Maria Bălan und John Dot S die auf den Hofmauern von Rezidenţa BRD Scena9 vorhandenen Malereien. Skurrile Szenen, inspiriert von der Kultur der Azteken, vermischt mit byzantinischen Dekorelementen — das verzierte den Hof des Gebäudes, das zum historischen Denkmal erklärt wurde. Es stammt aus dem Jahr 1890 und war Eigentum des rumänischen Königs Michael. Das Gebäude war ursprünglich ein Geschenk des Königs Ferdinand an Königin Maria. An seinen Wänden sind die Spuren sämtlicher wechselvoller Bestimmungen des Gebäudes erkennbar. Es ist zu erkennen, dass das Gebäude früher im Besitztum der königlichen Familie war, dass es mal als öffentliche Institution fungierte, dass es ein mexikanisches Restaurant beherbergt hat. Heute wurde es in ein Zentrum für zeitgenössische Kultur umgestaltet.
Alexandru Ciubotariu, bekannt unter dem Künstlernamen Pisica Pătrată“ (Quadratische Karte“), ist ein in Rumänien sehr geschätzter einheimischer Illustrator und Street-Artist. Gleichzeitig ist er Mitbegründer des Museums der Comics. Wir überraschten ihn während der Galeriennacht bei seiner Arbeit — er war am Malen und zeigte sich bereit, uns über sein Projekt zu erzählen:
Ich arbeite an einem dreidimensionalen Gegenstand — eine etwas neuere Beschäftigung in meinem Arbeitsumfeld. Ich arbeite mehr oder weniger mit den gleichen Phantasieelementen, nur versuche ich, meine Kreativität in eine dreifache Dimension zu übersetzen. Bloß ein Versuch, momentan.“
Ein Projekt wurde Un-hidden“ getauft. Der Künstler — Pisica Pătrată — erzählte uns, worum es dabei ging:
Zwei Ausstellungen werden zusammengekoppelt. Eine davon ist eine persönliche Ausstellung von mir, »+ Plus«, wie ich sie genannt habe. Zusätzlich zu den Wandmalereien in der Stadt, die etwas bekannter sind, versuchen wir auch die vorbereitenden Skizzen vorzustellen. Wir wollen den Zuschauern unsere tiefgehenden Beschäftigungen mit der Leinwand zeigen, den dreidimensionalen Charakter. Wir stellen auch einige Skizzen für Comics aus. Ich will nämlich die Vielfalt meiner Beschäftigungen veranschaulichen.“
Die Street-Artists waren dieses Mal die Stars der Veranstaltung. Wie es dazu kam, erfahren wir von Pisica Pătrată:
Die von uns veranstaltete Ausstellung unterstützt ein Projekt, dass die ursprünglich lediglich in Bukarest praktizierte Straßenkunst zusammenfassen wollte. Mit der Zeit wurde das Vorhaben erweitert, so dass es im Moment das ganze Land umfasst. In Wirklichkeit handelt es sich um eine interaktive Karte, zu der jedermann Zugang hat. Sie stellt sämtliche Straßenkunstwerke in Rumänien vor. Unsere Ausstellung will eben dieses Projekt unterstützen. Die Karte wird ständig angepasst, die neu erschienen Kunstwerke werden darauf ergänzt. Die in der Ausstellung gezeigten Gegenstände sind mit den Straßenkunstwerken in Verbindung zu setzen, es sind Gegenstände, die mit den Kunstwerken, die im öffentlichen Raum geschaffen wurden, zusammenhängen.“
Von Pisica Pătrată erfuhren wir auch, wie die Straßenkunst in Rumänien wahrgenommen wird:
In letzter Zeit sind viele relevante Kunstwerke im öffentlichen Raum entstanden. Die Leute beginnen zu verstehen, dass es einen Unterschied gibt zwischen Graffiti, Street-Art und Intervention im öffentlichen Raum. Dank dieser Vielfalt und der vielen Verschiedenheiten, ist die Straßenkunst einfacher zu verdauen und auch aufzunehmen. Ja, ich glaube, man könnte das so ausdrücken: Die Straßenkunst, der künstlerische Eingriff im öffentlichen Raum ist verdaulicher geworden.“
Die Ausstellung wurde in einer Kunstgalerie veranstaltet, die auf Rekonstruktion der kommunistischen Zeit spezialisiert ist. Demnach forderten wir den Künstler auf, uns diese Verknüpfung zu erläutern.
Der Vorschlag kam von ihnen. Ich habe oft mit der Kunstgalerie »Imbold« zusammengearbeitet. Sie bestanden darauf, diese Ausstellung in ihren Räumlichkeiten zu organisieren. Ich sagte zu, allerdings unter der Bedingung, mir zu erlauben, das zu tun, was ich auch sonst für alle Ausstellungen tue — nämlich mir zu erlauben, ein neues Werk in dem Raum zu schaffen. So entstand auch der dreidimensionale Gegenstand, an dem ich arbeitete, als Sie auf Besuch kamen. Es müssen noch einige Wände bemalt werden. Auch einige Comics sind noch zu Ende zu bringen. Vier Comics-Bücher werden wahrscheinlich gleichzeitig erscheinen. Bei der Buchmesse »Gaudeamus« im November werden wir vermutlich vier neue Titel vorstellen.“
Die Comics waren meine erste große Leidenschaft, ich zeichne die Figuren, die in meiner Phantasie zu Leben erwecken“, sagte noch der Künstler, der seiner ersten Liebe immer noch treu geblieben ist. Unser Fazit: Die Veranstaltung war ein totaler Erfolg der zeitgenössischen Kunst!