Kulturgeschichte: Museum der rumänischen Rockmusik gegründet
Die rumänische Rockmusik und ihre Entstehung dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Daher soll sie in einem Rockmusikmuseum festgehalten werden.
Ana-Maria Cononovici, 28.01.2021, 17:30
Mit einem Rhythmus und einem Stil, der sich von dem des Westens unterschied, entstand der rumänische Rock’n’Roll in den späten 1960er Jahren, sowohl als Kunst als auch als fast politisches Manifest. Das lag daran, dass die rumänischen Musiker, die sich diesen Stil zu eigen machten, die Instrumente, die Musik und die Mode neu erschaffen mussten, weil der Zugang zum westlichen Phänomen begrenzt war. Darüber hinaus hatten die Musik und die zusammenhängenden Entwicklungen und Beschäftigungen zur damaligen Zeit auch politische Konnotationen.
Damit die damalige Zeit nicht in Vergessenheit gerät, wurde ein rumänisches Rockmuseum eingerichtet, dessen Kurator, der Historiker Cosmin Năsui, ein absoluter Fan, uns begeistert davon erzählte:
Um mit der Planung dieses Rockmuseums beginnen zu können, beauftragten wir zunächst unseren Kollegen, den Musikwissenschaftler Doru Ionescu, mit der Dokumentation. Er moderiert im rumänischen Fernsehen Rock-Sendungen und arbeitet auch als Publizist auf diesem Gebiet. Seine Musiker-Lexika sind über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden. Die Idee der Öffnung eines solchen Museums stammte also von Doru Ionescu. Er begann dieses Projekt, indem er dieses musikalische Phänomen dokumentierte. Anfangs ging es um zwei Bukarester Clubs — dem Club A und dem Studentenkulturhaus »Grigore Preoteasa« — beides Bukarester Clubs, die von musikbegeisterten Jugendlichen geliebt werden. Er schrieb darüber und veröffentlichte die entstandenen Bücher. Damit zeigte er uns, dass es sich wirklich lohnt, die ältere rumänische Rockmusik zu dokumentieren und in einem Museum zusammenzubringen.“
Wir wollen nun gemeinsam mit unserem Gastgeber Cosmin Năsui das Rock-Museum erkunden:
Wir haben an diesem Projekt aus dem Interesse heraus gearbeitet, die Erfahrung in der Rockmusik in Rumänien zu dokumentieren. Die Rockmusik entstand Ende der 1960er Jahre in unserem Land und erfuhr verschiedene Entwicklungen im Laufe der 1970er und 1980er Jahre, bis zur Zeit nach 1989. Es gibt eine ganze Debatte über die Erfindung einer bestimmten Rockgitarre in Rumänen. Denn Rock bedeutet E-Gitarre, Folk bedeutet akustische Gitarre. Doch im Kommunismus hätte keine E-Gitarre in Rumänien gebaut werden können. Auch konnten solche Instrumente nicht importiert werden, also wurden sie nachgebaut. Um sie bauen zu können, stützten sich die Techniker auf Bilder, auf elektrische Baupläne von Instrumenten, die Rumänien über verschiedene Zeitschriften erreichten. Wir haben immer noch Zugang zu den Quellen, und so wuchs das Projekt, das auf Doru Ionescus Initiative hin begann. Wir intensivierten die Dokumentation und Forschung in allen Bereichen und griffen auf Instrumente zurück, die in Museumskatalogen gefunden wurden. Wir haben es mit einem flüchtigen Phänomen zu tun, das dem Audiobereich, manchmal auch dem Audio-Video-Bereich zuzuteilen ist. Fabelhafte Titel, legendäre Bands, berühmte Künstler — das alles hinterließ uns die Rockmusik der 60er, 70er, 80er Jahre. Hinzu kommt das materielle Erbe: Musikinstrumente und Outfits, Briefe, Schriftverkehr. Alles, was diese großartigen Musiker aufbewahrt haben. Wir fanden auch Notiz- und Schmierblätter, Entwürfe von Musikstücken, die das Innenleben dieser Schöpfungsmechanismen zum Vorschein brachten. Unsere Suche ließ uns sogar auf die Kulturinfrastruktur während des Kommunismus stoßen. Wir erkundeten die Rockclubs, von denen viele in Studentenkulturhäusern untergebracht waren, und entdeckten viele spannende Studentenbewegungen. Das ist eigentlich die Besonderheit der rumänischen Rockmusik — sie hatte ihren Ursprung in einer Studenten- und Jugendbewegung.“
Doch wie entstand das Archiv? Der Historiker Cosmin Năsui weiß es:
Bevor es eine physische Form des Museums gibt, waren wir daran interessiert, ein Archiv zu haben, um Inventare zusammenstellen zu können. Dafür mussten wir uns aus privaten Sammlungen Objekte ausleihen. Diese haben wir gescannt und fotografiert. Wir wollen sie nämlich zunächst auf eine Online-Plattform hochladen. Manche Musikinstrumente, die wir fanden, sind noch in gutem Zustand — sogar noch für den Einsatz auf der Bühne tauglich, nicht nur im Studio. Auf andere Musikinstrumente können wir leider nicht mehr zurückgreifen, weil ein großer Teil der rumänischen Musiker in verschiedene westliche Länder ausgewandert ist und Instrumente mitgenommen hat, die wir nie wiederfinden konnten.“
Es gibt auch einen Bereich mit Postkarten, Briefen, Korrespondenz zwischen den Musikern, aber auch Alben, die z.B. für Menschen mit Sehbehinderungen zugänglich sind. Cosmin Năsui erzählte uns weiter:
Ein Museum muss nicht unbedingt in die Vergangenheit blicken, in die Steinzeit oder das Mittelalter oder die Neuzeit Rumäniens. Wir glauben, dass wir auf eine Zeit schauen müssen, die näher an der Gegenwart liegt, denn viele dieser Bands gibt es gar nicht mehr, auch einige der Bühnen sind mittlerweile verschwunden. Dinge dieser Art können verloren gehen, sie sind ziemlich vergänglich. Selbst mündlich überlieferte Geschichten, die aufgeschrieben werden können, gehen manchmal verloren. Daher ist es schwierig, ein solches Unternehmen in Angriff zu nehmen. Es ist sehr schwer, all das wiederzufinden, was hinter der Musik und ihrer Entstehungsgeschichte steckt.“
Die Geschichte geht weiter. In der nächsten Phase wollen die Museumsgründer regional vorgehen und versuchen, zu entdecken, was die Rockmusik an verschiedenen Orten im Land bedeutet, in Studentenzentren. Die Projektinitiatoren wollen ein Netzwerk von Museen aufbauen und es mit großen Musikveranstaltungen verbinden — was als eine Art Backstage Pass fungieren soll.