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Geschichten aus einem einstigen Überschwemmungsgebiet

Kartografische Darstellungen, Interviews mit Einheimischen, die Entdeckung alter und neuer Wörter im lokalen Wortschatz, die Beobachtung der vielfältigen sprachlichen Einflüsse der türkischen, bulgarischen und ukrainischen Minderheiten und ihrer Koexistenz mit modernen Neologismen sowie künstlerische Arbeiten sind die Ergebnisse eines multidisziplinären Projekts im Dorf Luncavița, Landkreis Tulcea.

und , 24.10.2024, 17:22

Das Dorf liegt in einem ehemaligen Überschwemmungsgebiet der Donau, das heute landwirtschaftlich genutzt wird. Und weil sie dort aufgewachsen ist, erzählte Dana Pârvulescu, Leiterin des Projekts „Glossar Residenz. Kunst und Anthropologie“, die Geschichte dieser zweijährigen Forschung:

„Es ist der Ort, an dem ich aufgewachsen bin und an den ich zurückkehren wollte, um zu verstehen, was in den letzten 20-30 Jahren, mit ihm geschehen ist, in denen Veränderungen das Leben der Bewohner geprägt haben. Ich wollte aber auch alle Entwicklungen verstehen, die dort in den letzten Jahren stattgefunden haben. Von der Umwelt bis zur Migration und so weiter. Wir sprechen also von einem Gebiet irgendwo in der Norddobrudscha. Luncavița liegt an der Straße, die Galati mit Tulcea verbindet, nachdem man die Donau bei Galati überquert hat. Dieses Gebiet war früher ein Seegebiet, wir nennen es Donau-Aue, denn wenn im Frühjahr das Wasser kam, schlug das Wasser tatsächlich an den Toren des Dorfes, an den Türen der Häuser. Dieses Überschwemmungsgebiet verschwand 1987 im Zuge der Modernisierung und Eindeichung der Donau. Ich habe einen Großteil meiner Kindheit in diesem Gebiet verbracht, das ein Teich war, ein Weidenwald mit viel Wasser, Seerosen und Schilf, ein See-Ökosystem“.

Eine Realität, die für diejenigen, die diesen 10 Kilometer langen Raum zwischen dem Dorf und der Donau sehen, heute nur schwer vorstellbar ist, erzählte uns unsere Gesprächspartnerin und fügte hinzu:

Diese Veränderungen erfolgten schrittweise. Am Anfang war das Land nach der Eindeichung sehr weich. Die Leute hatten Land in diesem Wassergebiet und pflanzten dort Tomaten, Paprika, Gemüse, Sonnenblumen, alle Pflanzen, die sie für ihren Lebensunterhalt brauchten, und die Ernten waren sehr reich. In der Zwischenzeit haben sich die Dinge geändert. Wir haben immer noch einige Kanäle, die dieses Gebiet bewässern. Zurzeit werden Weizen und Getreide angebaut. Wir sprechen von einer landwirtschaftlich genutzten Fläche unter menschlicher Kontrolle, die in diese Richtung genutzt wird.“

Ein Dorf, das irgendwie mit der Moderne Schritt gehalten hat. Und das hat die Interaktion zwischen Künstlern, Anthropologen und Einheimischen erleichtert. Dana Pârvulescu mit mehr Einzelheiten dazu:

“Letztes Jahr gab es ein Experiment, bei dem die Künstler versuchten zu dokumentieren, was die Anthropologen taten, und die Anthropologen schrieben und machten viele Notizen aus dem Feld, die sie dann zusammenstellen mussten. Zwei Artikel in dieser Richtung wurden auch auf der Plattform Iscoada veröffentlicht. Es handelt sich um eine Übung in interdisziplinärer Arbeit zwischen Künstlern und Anthropologen. Sie beeinflussen sich gegenseitig. Auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, als ob sich ihre Arbeit nicht sonderlich überschneidet, kann ich sagen, dass sich die Dinge in diesem Jahr geändert haben. Es stimmt, dass einige von ihnen sich schon vorher kannten, was natürlich hilfreich ist, andere kannten bereits den Ort, an dem sie forschen wollten. Und dann habe ich diese Schritte unternommen, um mich an einen neuen Raum und neue Leute anzupassen. Ich glaube fest an die Interdisziplinarität, und die Ergebnisse der Zusammenarbeit sind sehr unterschiedlich. Und genau das zeigt die diesjährige Ausstellung: Glossar. Residenz“.

Das Ergebnis der Residenz in Luncavița im letzten Jahr war die Ausstellung „Hier gab es früher ein Wassergebiet“. Sie hatte die Form eines Labors, für das die Beteiligten die in der Ausstellung zusammengetragenen Materialien weiter sammelten und auf einer Tafel aufstellten, so Dana Pârvulescu:

Praktisch in dem Raum, der uns beherbergte, stellten wir eine Karte auf, die sich auf das ehemalige Überschwemmungsgebiet bezog und in die Anthropologen Texte aus den Interviews mit den Bewohnern einfügten. Wir haben Orte, die vor 30-40 Jahren so ausgesehen haben, kartiert und abgebildet. Hier war zum Beispiel das Haus, in dem der Fischfang gesammelt und von wo aus er weitertransportiert wurde. Ein Einheimischer sagte letztes Jahr: „Wo jetzt das Auto fährt, fuhr früher der Karren“, und einer der Künstler in der letztjährigen Ausstellung zeichnete Pferdespuren, die auf die Pferde hinwiesen, die früher an dem Deich entlanggingen und die man jetzt nicht mehr sieht. In diesem Jahr stellte einer der Anthropologen fest, dass die Lasttiere verschwunden sind und entweder durch elektrische Dreiräder oder durch landwirtschaftliche Maschinen ersetzt wurden. Es besteht ein Hin und Her zwischen dem, was letztes Jahr und diesem Jahr geschah. Während wir letztes Jahr diese Karte gezeichnet haben, die das Herzstück der Ausstellung war und die wir dieses Jahr mit Hilfe der Dorfschulmitarbeiter in der Dorfschule aufhängen konnten, um sie als Unterrichtsmaterial für die Kinder dort zu verwenden, ist die diesjährige Ausstellung etwas spezifischer. Letztes Jahr haben wir eine Reihe von Workshops mit den Kindern vor Ort durchgeführt, und die Kinder erwähnten den Begriff Teich. Doch als ich sie näher dazu befragte, zeigte sich, dass sie eigentlich keine Ahnung hatten, dass früher dort ein Wassergebiet gewesen war. Sie hatten den Begriff einfach so überlifert bekommen. Sie hatten dieses Wort übernommen, ohne die volle Bedeutung des Wortes zu verstehen. Das war auch der Grund, warum wir die Karte in der Schule aufhängen wollten.“

Die Ausstellung konnte bis zum 22. Oktober im Nationalmuseum des rumänischen Bauern in Bukarest zu sehen, aber die Forschungen gehen weiter, und wer weiß, was noch so alles zum Vorschein kommen wird.

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