Festival im Bukarester Kinderpalast für Integration behinderter Kinder
Der gemeinsame Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern und Jugendlichen ist ein besonderes Bestreben in Rumänien und zeichnet sich durch eine große Vielfalt von Organisationsformen und Vorgehensweisen aus.
Ana-Maria Cononovici, 16.02.2017, 18:06
Zum Jahresauftakt ging es feierlich im Bukarester Staatlichen Kinderpalast (rum. Palatul Naţional al Copiilor) zu. Ende Januar fand hier das Festival der Integration statt. Der Event dauerte zwei Tage. Kinder mit besonderen Bedürfnissen traten neben nicht behinderten Kindern auf der Bühne auf. Allesamt engagierten sich in einem künstlerischen Marathonlauf — es wurden Gedichte vorgetragen, getanzt und gesungen. Auch Sportwettbewerbe standen im Programm.
Das Integrationsfestival findet schon zum 14. Mal statt. Adela Hanafi, die Veranstalterin des Events, ist die Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Conil und Mutter eines Kindes, das mit ADHS — also Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom — diagnostiziert wurde. Außerdem leidet es unter mittelschwerer geistiger Retardierung. Aus eigener Erfahrung weiß sie, wie wichtig es ist, dass pflegebedürftige Kinder mit gewöhnlichen Kindern zusammenspielen. Aus diesem Grund wurde die NGO Conil ins Leben gerufen, die Adela Hanafi leitet. Und so kam es auch zur Veranstaltung eines Integrationsfestivals — vor 7 Jahren zum ersten Mal. Mehr Einzelheiten dazu bringt Adela Hanafi:
Ich stellte fest, dass viele Eltern mit ähnlichen Schwierigkeiten wie ich kämpfen. Deshalb beschloss ich, einen Verein zu gründen und unter seinem Dach Kinder mit besonderen Bedürfnissen und nicht behinderte Kinder zusammenzubringen. Ich wollte versuchen, eine Mentalitätsänderung anzuregen. Ich wollte aufzeigen, dass behinderte Kinder keine Gefahr für ihre Mitmenschen darstellen, sogar im Gegensatz, sie können zur Weiterentwicklung der Menschen, mit denen sie in Verbindung kommen, beitragen. Wir müssen ihnen Werte wie Toleranz und Liebe einflößen. Das ist von Vorteil für beide Seiten. Und so entstand der Verein Conil. Rund 300 Kinder machen mit, wobei 100 von ihnen Kinder mit besonderen Bedürfnissen sind.“
Auf die Bühne stiegen behinderte und normale Kinder — alle erwiesen sich gleich talentiert. Mehr Einzelheiten dazu bringt Adela Hanafi:
Es war ein schönes Ereignis. Es beteiligten sich 1500 Kinder. Ich spreche gerne von einem künstlerischen Marathon von hoher Qualität. Am Festival nahmen sowohl Kinder aus Bukarest wie auch aus anderen Städten Rumäniens teil. Es beteiligten sich auch Kinder, die in Kinderheimen leben, sowie behinderte Kinder, die durch gemeinnützige Organisationen gefördert werden. Mehrere Tanzschulen, Kindergärten und Schulen haben spezielle Aufführungen vorbereitet. Einige von ihnen machen schon seit der ersten Ausgabe des Festivals mit, es ist uns ein Vergnügen, sie auf der Bühne zu sehen. Mit jedem Festival treten sie selbstsicherer auf.“
Kinder und Jugendliche im Alter von 3 bis zu 18 Jahren stiegen auf die Bühne im Bukarester Staatlichen Kinderpalast. Das Ereignis war eine inspirierende Lebenserfahrung — sowohl für die Kinder, wie auch für die Eltern, so unsere Gesprächspartnerin. Denn keines der Kinder wird in einer Kristallkugel aufwachsen. Wir alle begegnen im Leben unterschiedlichen Menschentypen und müssen mit ihnen zurechtkommen. Der Verein Conil betreibt auch eine Privatschule. Die Lehrer unterrichten nach dem Lehrplan der Regelschulen, den sie allerdings an die besonderen Bedürfnisse der Schüler anpassen. Denn 85% der Kinder, die diese Schule besuchen, sind Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Lediglich 15% sind normale Kinder. Dazu, Adela Hanafi:
Wir arbeiten nach einem angepassten Lehrplan. Jeder Schüler hat seinen eigenen Lernrhythmus. Darauf legen wir großen Wert. Nicht alle Kinder müssen sich zu genialen Mathematikern oder Sprachen-Spezialisten entwickeln, wie üblich in den allgemeinen Schulen. Wir versuchen, die Stärken eines jeden Kindes zu erkennen und dementsprechend zu fördern. Kinder werden häufig gedemütigt, falls ihre Leistung nicht den Erwartungen der Schule oder der Eltern entspricht. Das übt einen enormen Druck auf die Kinder aus. Deshalb empfehle ich den Eltern, ihre Kinder für verschiedene Optionalkurse anzumelden. Damit sie erkennen, was den Kindern wirklich gefällt.“
Die Welt sei nicht stehen geblieben, sie habe sich weiter entwickelt, so Adela Hanafi. Sie hat eine 12-jährige Erfahrung auf dem Gebiet und kann nun behaupten, dass Weltbild der Eltern habe sich verändert. Sie hätten eingesehen, dass das Miteinanderspielen von nicht behinderten und behinderten Kindern nicht gefährlich sei. Dass sie sogar voneinander lernten. Vor diesem Hintergrund plant der Verein Conil, weitere Projekte umzusetzen. Dazu Adela Hanafi:
Wir starten jedes Jahr viele Initiativen. Das nächste Ereignis, das wir veranstalten, ist ConilFest. Es findet am 13. und 14. Mai statt. Bis dahin läuft aber noch eine Kampagne, die uns sehr am Herzen liegt. Es handelt sich um eine Initiative zur Integration behinderter Kinder in Regelschulen. Im Zusammenhang mit der Kampagne veranstalten wir verschiedene Events wie z.B. einen Marathonlauf oder einen Märzchen-Markt. Ein weiteres Projekt, das wir derzeit umsetzen, heißt »Die Welt guter Taten«. Kinder, die unsere Schule besuchen oder Mitglieder des Vereins sind, stellen kleine Gegenstände her, die im Nachhinein verkauft werden. Das eingesammelte Geld wird eingespart. Wir versuchen nämlich genug Geld zu sammeln, um unsere Schule weiterzuentwickeln, um den Kindern mit besonderem Förderbedarf die Möglichkeit zu bieten, auch ab der 5. Klasse bei uns zu bleiben und hier weiter zu lernen.“
Mehr Projekte sollen im Frühjahr umgesetzt werden.