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Eine Freiheitsoase im Kommunismus: Ferienfunk wurde 50

Der Sommerferiensender Radio Vacanţa – ein Radiosender für die Touristen am Schwarzen Meer – feiert heuer den 50. Jahrestag. Zu diesem Anlass unterhielten sich die Redakteure von RRI mit den Journalisten, die damals das Programm des Senders gestalteten.

Eine Freiheitsoase im Kommunismus: Ferienfunk wurde 50
Eine Freiheitsoase im Kommunismus: Ferienfunk wurde 50

, 31.08.2017, 17:30

Radio Vacanţa, der Sommerferiensender, war schon immer viel mehr als lediglich ein Sommersender. Radio Vacanţa war und ist immer noch eine Erfahrungsstrecke für Journalisten. Der Radiosender an der Schwarzmeerküste will den Touristen, die ihren Urlaub am Schwarzen Meer verbringen, ein unvergessliches Sommererlebnis anbieten. Das Programm des Feriensenders wird entlang der ganzen rumänischen Riviera empfangen. Der Feriensender startete seine Tätigkeit im Sommer 1967. Zu dem Zeitpunkt war es nicht mehr und nicht weniger als ein Experiment — ein Radiosender für Touristen. Wir dürfen allerdings den Zeitraum zwischen 1968 und 1990 nicht vergessen — denn in dieser Zeitspanne war der Feriensender Radio Vacanţa viel mehr als eine Unterhaltungsmöglichkeit für die Touristen am Schwarzen Meer. Er war eine Freiheitsoase in einem Land, in dem Vieles verboten war.



Ich schlage Ihnen vor, eine imaginäre Reise zu unternehmen, in Begleitung einiger Radioleute, die ein bisschen Licht in den grauen Alltag des Kommunismus brachten. Doina Caramzulescu — auch Frau Radio Vacanţa (dt. Frau Feriensender) genannt — ist die Journalistin mit der unverwechselbaren Stimme, die den Touristen am Strand so viel Freude bereitete. Sie erzählte uns über die Anfänge des Radiosenders. Damals glaubte man, Radio Vacanţa bedeute wenig Arbeit und viel mehr Entspannung am Schwarzen Meer. Das stimme allerdings nicht, so Doina Caramzulescu:



Der Sender war in der Villa Nummer 27 untergebracht — es war eine kleine Villa. Im Erdgeschoss und im ersten Stockwerk wurden die Aufnahme- und Sendestudios eingerichtet. Wir, die Journalisten, die in den Abteilungen für Fremdsprachen arbeiteten, waren in einer Garage untergebracht. Direkt über der Garage war die Musikabteilung. Hier arbeiteten zwei Redakteure. Der eine war für moderne Musik zuständig, der andere für das Volksmusikprogramm. Wir schrieben Geschichte damals. 1968 war mein erstes Jahr bei Radio Vacanţa. Und es war auch das schönste. Die folgenden Jahre waren auch spannend, mit vielen schönen Erfahrungen. Wir hatten ein gewisses Gefühl der Freiheit, das uns in Bukarest fehlte. Darüber hinaus durften wir nach zwei Jahren das Funkjournal live ausstrahlen. Ich war überglücklich, vors Mikrophon zu gehen, frei zu sprechen. Ich versuchte immer, freundlich zu allen Leuten zu sein. Radio Vacanţa gefiel mir so sehr, dass ich nicht nur an den Sendungen in englischer Sprache mitwirkte. Ich arbeitete so viel wie möglich auch am Programm in rumänischer Sprache.“




Radio Vacanţa jährt sich heuer zum 50. Mal. Ioana Niţescu, eine weitere unverwechselbare Stimme, erzählt von ihren Erfahrungen beim Feriensender:



Während 16 Sommer hielt ich mich an der Schwarzmeerküste auf. Im Laufe von 16 Sommern enthüllte sich mir die Freiheit, frei und ungezwungen am Mikrophon zu sprechen. Wir dürfen eins nicht vergessen. Vor Dezember 1989 wurden alle Sendungen des Senders Radio Rumänien vorher aufgezeichnet. Radio Vacanţa war ein Moment der Freiheit. Wir sollten uns mit Freude an die Zeit erinnern. Meer, Sonne, fröhlich lachende Kinder, Heiterkeit und Musik — das alles bringe ich mit Radio Vacanţa in Verbindung. Der Sender strahlte Programme in fünf Sprachen aus: Rumänisch, Englisch, Französisch, Deutsch und Russisch. Wir waren wie eine Familie. Es war die Sommerzeit, zu der wir Freiheit und Musik ungezwungen genie‎ßen konnten. Es sind viele unvergessliche Erinnerungen. Diesbezüglich möchte ich Ihnen unbedingt ein Erlebnis von damals erzählen. Es war der nationale Feiertag zu Ehren der Marine und ich war im Studio. Doina Caramzulescu, Paul und Rodica Grigoriu waren im Hafen Constanţa, um von dort zu berichten. Ich musste die Verbindung zu ihnen herstellen, damit sie live von dort berichteten. Leider klappte die Verbindung nicht und ich musste während drei Stunden die ganze Sendung alleine meistern. Die anderen Kollegen waren alle in Constanţa und versuchten, die Verbindung wiederherzustellen.“




Rodica Grigoriu war zuständig für die Sendung in französischer Sprache. Jedes Mal, wenn sie den Jingle hörte, der den Beginn der Sendung ankündigte, hatte sie ein mulmiges Gefühl im Bauch, gefolgt von einer unbegrenzten Freude:



Alle Sender, egal ob Radio oder TV, übertrugen lediglich Vorträge und Lobreden, die die beliebten Anführer des Staates anpriesen. Der Treibstoff war rationalisiert, wir durften nur ein paar Liter monatlich tanken. Lebensmittel gab es kaum, die Regale der Geschäfte waren leer. Stellen Sie sich vor diesem Hintergrund den Feriensender Radio Vacanţa vor — ein Radiosender, der während des Sommers Programme in fünf Sprachen ausstrahlte. Wir sendeten Gespräche mit Touristen aus allen Ecken der Welt, alle Musikgenres. Es gab Live-Übertragungen aus den Clubs, zu denen nur ausländische Touristen Zugang hatten. Normale Bürger hätten es nicht einmal gewagt zu träumen, solche Clubs zu betreten. Unser Programm umfasste Tipps für Touristen, eine Hörerpost und vieles mehr. Riesige Lautsprecher entlang der rumänischen Riviera lie‎ßen unsere Stimmen durch die Luft erklingen. Radio Vacanţa wurde in einem Umfeld von 100 Km empfangen. Daher gab es Reaktionen auch aus Bulgarien, Griechenland und sogar aus der Türkei. Klar gab es Zensur, doch in einer Fremdsprache war sie einfacher zu meiden. Wir hatten die unglaubliche Chance, jeden Sommer die graue, traurige, armselige kommunistische Welt zu verlassen und in eine andere, buntere Welt umzuziehen.“




Es war ein Traum, der Ende Mai begann und Anfang September endete, erzählt Alecu Marciuc, der Redakteur des Programms in russischer Sprache.



Wir erlebten Jahr für Jahr diesen Traum und wussten von unseren Vorgängern, dass unser Feriensender eine einmalige Erscheinung in diesem Teil Europas war. Wir versammelten uns jeden Sommer am Schwarzen Meer, wie die Mitglieder einer gro‎ßen Familie. Wir hielten die rumänischen und ausländischen Touristen auf dem Laufenden mit den jüngsten Entwicklungen. Wir brachten ihnen die rumänische Volksmusik näher, stellten ihnen die neuesten modernen Pop-Musik-Trends vor. Ihre Ferien wurden ein unvergessliches Erlebnis — und das war auch uns zu verdanken. Wir begleiteten die Touristen überall, sammelten Eindrücke von ihnen, vermittelten Informationen.“




Die Ferienstimmung kann jederzeit wieder erlebt werden — dafür brauchen Sie nur die Internetseite www.radiovacanta.ro anzuklicken. Der Sender Radio Vacanţa hat sich an die gegenwärtigen Zeiten angepasst und sendet nun online über vier Streams: Hits, Lounge, Dance und Nostalgic. Derzeit hören die Touristen am Strand Musik mittels ihrer eigenen Geräte — daher auch der Wandel bei Radio Vacanţa.

foto: facebook.com/sapunulcheia/
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