District 40: Historisches Viertel von Bukarest durch Kulturprojekte wiederbelebt
Der Rumänische Verein für Kultur, Bildung und Normalität (ARCEN) startete vor kurzem ein Projekt, das das kulturelle Potenzial eines zentral gelegenen historischen Viertels in Bukarest fördern will.
Ana-Maria Cononovici, 24.05.2018, 20:00
Das Bukarester Stadtviertel Icoanei soll durch verschiedene Kulturaktionen wiederbelebt werden. Die Veranstalter setzen dabei vor allem auf die Aktivierung des historischen Gedächtnisses. Demnach werden wir in einem ersten Schritt eingeladen, eine Nacht in der Umgebung des Parks Grădina Icoanei zu verbringen. Mehrere kulturinteressierte Leute, aber auch Einwohner des angewiesenen Stadtteils machen dabei mit. Erstmals werden die Tore zu fünf wichtigen Gebäuden in diesem Stadtviertel geöffnet. Sämtliche interessierte Besucher werden demzufolge die Möglichkeit haben, im Zeitraum zwischen 20 Uhr abends und 2 Uhr in der Nacht einen Blick in diese Anwesen zu werfen. Das vom Verein ARCEN umgesetzte Projekt umfasst ein gemeinsames Programm, das sowohl visuelle wie auch auditive Erfahrungen voraussetzt. Dabei sollen verschiedene Workshops, Ausstellungen und Aussprachen veranstaltet werden. Mehr Einzelheiten dazu brachte Edmund Niculuşcă, Mitbegründer von ARCEN:
ARCEN startet ein Projekt, das einen historischen Stadtteil in Bukarest in den Vordergrund bringt, nämlich das Stadtviertel Icoanei. Das Projekt heißt District 40. Die Zahl 40 wird dadurch begründet, dass das angewiesene geschützte Areal in Bukarest mit dieser Nummer versehen wurde — nämlich das Schutzgebiet 40. Durch dieses Projekt versuchen wir, das Stadtviertel Icoanei wiederzubeleben, es den Bewohnern von Bukarest näher zu bringen. Dieser Stadtteil hat ein sehr großes kulturelles Potenzial. Hier befinden sich viele Theater, Kultureinrichtungen und Kulturinstitute, Architekturbüros, Universitäten, Schulen und Gymnasien. Die Architektur ist ebenfalls überraschend in diesem Stadtviertel. Historisch betrachtet, handelt es sich um ein einst armes, verkommenes Viertel, das sich irgendwann spektakulär entwickelte und eines der vornehmsten Stadtteile in Bukarest wurde. Wir dürfen nicht vergessen, dass im Stadtviertel Icoanei Eugeniu Carada, der Gründer der Nationalbank, wohnte. Oder Alexandru Marghiloman und Dimitrie Sturdza, zwei ehemalige Premierminister unseres Landes. Ebenfalls hier befindet sich auch die Zentralschule, eine der wichtigsten Mädchenschulen in der Hauptstadt. Dieser Stadtteil hat eine besondere Geschichte.“
District 40 wurde als offene Plattform gedacht, die den Dialog und die aktive Zusammenarbeit zwischen sämtlichen Organisationen, Gemeinschaften und Kulturinstitutionen im Stadtviertel Icoanei und in der Umgebung erleichtern soll. Sowohl Kulturpersönlichkeiten wie auch die Einwohner des Stadtviertels werden aufgefordert, die Plattform in Anspruch zu nehmen. Mehr dazu von Edmund Niculuşcă:
Wir haben dieses Projekt in der Nacht vom 19. zum 20. Mai gestartet, anlässlich der Museen-Nacht in Bukarest. Bei dieser Gelegenheit wurden fünf Kulturräume im Stadtviertel Icoanei während des Zeitraums 20.00–02.00 Uhr geöffnet. Das gemeinsame Programm nimmt sich das Thema des Gedächtnisses vor. Die fünf Institutionen, die ihre Tore für das breite Publikum aufmachten, sind: die Zentralschule in der Icoanei-Straße, das Anwesen Rezidenţa Scena 9 in der Straße I.L. Caragiale 32, das Französische Institut, die Buchhandlung Cărtureşti und das Gebäude des Kreativzentrums CINETic. Diese Räumlichkeiten werden innerhalb eines gemeinsamen Programms zusammengebracht.“
Die Besucher werden aufgefordert, in die Geschichte zurück zu schauen und das Thema des Gedächtnisses aus mehreren Perspektiven anzugehen — das Gedächtnis der Architektur und der Stadt, die jüngere Vergangenheit, Erinnerungen an Töne und Stimmen, die Erinnerung an Emotionen und Gedanken. Mehr dazu erneut von Edmund Niculuşcă:
Wir hoffen, das Interesse vieler Besucher zu erregen. Wir schlagen nämlich einen alternativen Spaziergang durch ein historisches Stadtviertel vor und setzen dabei hohen Wert auf allerlei visuelle und auditive Erfahrungen. Das von uns gewählte Thema — des Gedächtnisses — soll dabei überall erkennbar sein. Es handelt sich nicht um die Perspektive, die einem in der Schule beigebracht wird, sondern vielmehr um persönliche Erfahrungen und um die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Es ist eine Herausforderung für die Besucher. In der Zentralschule werden wir zum Beispiel die Besucher ersuchen, uns zu sagen, was sie im Museum ihres Lebens ausstellen würden. Das Gebäude Rezidenţa Scena 9 beherbergt eine Ausstellung rumänischer zeitgenössischer Literaturmanuskripte. Denn unser Gedächtnis legt mit jedem Tag zu, unsere Erinnerungen vermehren sich, und dazu tragen alle Schriftsteller und Künstler bei. In den Räumlichkeiten von CINETic kann die modernste Erfahrung erlebt werden. Da gibt es Video-Mapping und virtuelle Rundgänge. Hier findet hauptsächlich eine philosophische Debatte zwischen dem Gedächtnis, das hängen bleibt, und dem, das durch die nachfolgende Erfahrung ersetzt wird. Die Buchhandlung Cărtureşti bietet einen Rundgang durch die Wohnung des ehemaligen Ministerpräsidenten Dimitrie Sturdza, die heute als Buchhandlung fungiert. Im Französischen Institut werden 50 Jahre seit den Studentenprotesten in Frankreich im Monat Mai des Jahres 1968 gefeiert. Vor diesem Hintergrund fanden mehrere Filmprojektionen sowie eine Mitternacht-Konferenz statt.“
Das Projekt District 40 wurde von Svetlana Cîrstean und Edmond Niculușcă entwickelt. Die Aktion sei nur ein erster Schritt eines umfangreicheren Programms, so Edmund Niculuşcă:
Das Stadtviertel Icoanei ist eines der 98 geschützten Gebiete in Bukarest. Bukarest wurde in 98 historischen Stadtteilen unterteilt. Jeder historische Stadtteil zeichnet sich durch besondere Eigenschaften aus und verfügt über Schutzregeln. Das Stadtviertel Icoanei war, wie gesagt, ein in der Vergangenheit verkommenes Viertel, das irgendwann mal eine unglaubliche Entwicklung erfuhr. Es wurde gut bewahrt im Laufe der Zeit und es sagt Vieles über die Identität der Hauptstadt aus. Durch unsere Aktionen versuchen wir, das geschützte Gebiet Nummer 40, also das Stadtviertel Icoanei, wieder zu beleben.“