Auf den Spuren mittelalterlicher Kochkunst in Rumänien
Die Entdeckung eines Kochbuchs mit Rezepten aus der mittelalterlichen Küche war Grund genug, um ein Festival zum Thema zu veranstalten. Das Fest Die Tage der mittelalterlichen Küche“ fand im Monat September in der Fogarascher Burg statt.
Ana-Maria Cononovici, 05.10.2017, 17:30
Vor nicht allzu langer Zeit wurde ein im 17. Jahrhundert verfasstes Kochbuch wiedergefunden. Die Rezeptsammlung wurde im Auftrag von Anna Bornemisza, einer siebenbürgischen Prinzessin (1663–1688), zusammengefasst. Der Fund des genannten Rezeptbuches regte die Veranstaltung eines ungewöhnlichen Festivals an — Die Tage der mittelalterlichen Küche“. Das Festival fand im Monat September statt. Gastgeber war eine der schönsten Burgen weltweit, nämlich die Fogarascher Burg (rum. Cetatea Făgăraşului). Das Ereignis regte zu einer authentischen mittelalterlichen Erfahrung an, mit mittelalterlichen Speisekarten, historischen Kostümen und Gewändern, mittelalterlicher Musik und dazugehörigem Tanz.
Das Kochbuch, welches die Veranstaltung des Festivals anregte, ist in der Tat das erste Kochbuch in Siebenbürgen. Es wurde in der Fogarascher Burg im Jahr 1680 verfasst. Das Kochbuch wird als Meisterwerk der Kochkunst betrachtet und ist eine Übersetzung eines im Jahr 1581 erschienenen und 1604 neuveröffentlichten Kochbuchs, geschrieben von Rumpolt, dem Chefkoch des Kurfürsten in Frankfurt am Main.
Im rumänischsprachigen Raum sind im Laufe der Zeit mehrere Kochbücher erschienen, die Rezepte zusammenfassten, welche an verschiedenen Fürstenhöfen und in adligen Häusern verwendet wurden. Anfang des 18. Jahrhunderts erschien in Siebenbürgen das Kochbuch von Constantin Cantacuzino, der sich im Laufe von 40 Jahren mit der Organisierung feierlicher Mahlzeiten am Fürstenhof in Bukarest beschäftigte. Das Kochbuch von Constantin Cantacuzino umfasste 293 Rezepte. Manche von ihnen waren aus dem Französischen, dem Deutschen oder dem Englischen übersetzt. Das Kochbuch war bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Umgang. In der Zwischenzeit erschienen weitere Kochbücher. Eines davon trug den Titel 200 probierte Rezepte von Speisen, Kuchen und anderen Haushaltsaufgaben“. Verfasst wurde das Buch von zwei bedeutenden Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Einer von ihnen war Mihail Kogălniceanu, ein liberaler Politiker und Literat, der abwechselnd das Amt des Innen- und des Außenministers in der Regierung der damaligen Zeit bekleidete und zeitweilig sogar die Regierung leitete. Der zweite Verfasser war Costache Negruzzi, ein politischer Amtsträger und bekannter Schriftsteller und Übersetzer. Ihr Buch erlangte eine größere Anerkennung, denn es wurde im Laufe der Zeit mehrmals wiederveröffentlicht. Dabei wurden die ursprünglichen Beschreibungen und die archaischen Begriffe beibehalten.
Chef Mircea Iovan, ein Koch mit Erfahrung im In- und Ausland, schlägt uns ein mittelalterliches Menü vor:
Am Fürstenhof begann das Essen mit einer polnischen sauren Suppe, wie aus Costache Negruzzis Aufzeichnungen hervorgeht. Danach folgten unterschiedliche griechische Spezialitäten und der türkische Reis. Zum Schluss kamen verschiedene Braten-Spezialitäten. Die Vorspeisen durften selbstverständlich nicht fehlen. Und auch die Butter und das Brot, zu Beginn der Mahlzeit. Schweine- und Rindfleisch waren hoch angesehen, wie auch die vom Wildfleisch zubereiteten Speisen. Hauptsache, die Tische waren reichlich gedeckt. Alle Speisen wurden gleichzeitig serviert, alles lag von Anfang an auf dem Tisch. Das Kochen war als Kunst betrachtet, die Gäste konnten zuschauen, wie die Gerichte zubereitet wurden oder wie z.B. das Rehfleisch tranchiert wurde. Im Anschluss daran wurden reichlich köstliche Nachspeisen serviert.“
Falls wir zu Hause ein mittelalterliches Essen probieren möchten, so empfiehlt Meisterkoch Mircea Iovan Folgendes:
Ich würde ein typisch rumänisches Essen vorschlagen. Demnach würde ich mit einer Krabbensuppe anfangen, gefolgt von gefülltem Lammbraten. Als Nachspeise würde ich ein Waldbeeren-Mousse empfehlen.“
Heute noch werden alte Kochbücher wieder gefunden und neu interpretiert. Der Phantasie wird selbstverständlich freien Lauf gestattet. Die Historikerin Georgeta Filitti erzählte über die Gewohnheit, dass bei einem festlichen Essen nichts auf dem Teller bleiben durfte. Jegliche übrig gebliebenen Stückchen seien eine Beleidigung gegenüber dem Koch und dem Gastgeber gewesen. Zitat: Die angebotene Speisevielfalt war ein Grund zum Stolz. Es wurden viele Gänge serviert. Besonders wichtig war, alles aufzuessen. Die Diener durften die Teller vor den Gästen nicht abräumen. Diese häuften sich an, bis ein Teller-Turm entstand, so dass die Gäste Schwierigkeiten hatten, miteinander zu reden, weil sie einander nicht mehr sahen.“
Die rumänische Küche wurde in der modernen Zeit stark durch die internationale Küche beeinflusst. Nichtdestotrotz überschritten auch einige rumänische Gerichte die Grenze zu anderen Ländern und blieben in deren Küche verankert. Es heißt, die Schweden hätten die rumänische Küche so sehr geliebt, dass sie einen Koch mit nach Schweden nahmen. Derzeit bietet die schwedische Küche Frikadellen an, die nichts anderes seien als eine Form der moldauischen Frikadellen (rum. pârjoalele moldoveneşti).