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Altertumsgeschichte „live“ erlebt – Reenactments in Rumänien

Wenn Sie daran interessiert sind, wie unsere Vorfahren lebten und kämpften oder ein geschichtliches Ereignis live“ erleben möchten, laden wir Sie zu Reenactments von historischen Schlachten zwischen Römern und Dakern ein.

Altertumsgeschichte „live“ erlebt – Reenactments in Rumänien
Altertumsgeschichte „live“ erlebt – Reenactments in Rumänien

, 13.08.2015, 17:24

Reenactment (das ist das englische Wort für Wiederaufführung“ oder Nachstellung“) nennt man die Neuinszenierung konkreter geschichtlicher Ereignisse in möglichst authentischer Weise. Über den Weg der historischen Wiedererlebbarkeit soll Geschichte verständlich und erlebbar gemacht werden. Das historische Reenactment ist der zentrale Teil der von dem britischen Philosophen und Historiker Robin George Collingwood aufgestellten Theorie der Historiographie. Die Nachstellung von historischen oder sagenhaften Ereignissen geht allerdings bis in die Antike zurück.



Andrei Pogăciaş ist Vizepräsident des Verbands Terra Dacica Aeterna aus Cluj (Klausenburg) und organisiert sogenannte Reenactments oder Neuinszenierungen von historischen Schlachten an verschiedenen Orten in Rumänien:



Die Reenactment-Idee ist sehr alt; die ersten, die Nachstellungen von historischen Ereignissen veranstaltet haben, waren die alten Römer. Während des Römischen Reiches wurden Schlachten aus der römischen Geschichte in Amphitheatern, z. B. im Kolosseum, wiederaufgeführt. Das professionelle Reenactment begann im 20. Jh. und entwickelte sich insbesondere in der zweiten Hälfte des 20. Jh., als verschiedene Organisationen und Verbände anfingen, Kostüme aus gewissen Epochen und geographischen Zonen anzufertigen und historische Ereignisse nachzustellen. Ende des 20. Jh. fanden auch in Rumänien die ersten Reenactments statt, und die ersten rumänischen Reenactment-Verbände entstanden an der Schwelle zwischen dem 20. und dem 21. Jh. Alles begann wie ein Experiment einiger Geschichtsfans und Historiker, die sich vor allem für die Zeit der Eroberungskriege des Römischen Reiches in Dakien interessierten. 2007 wurde der Verband Terra Dacica Aeterna gegründet; anfangs war es eine Römer-Truppe, weil die Verbandsmitglieder Römer-Truppen bei anderen Veranstaltungen im Ausland gesehen hatten. Die Römer konnten aber nicht ewig allein in Rumänien bleiben, und daher bildeten wir auch eine Daker-Truppe. So entstand der Reenactment-Verband Terra Dacica Aeterna, zunächst mit Römern und Dakern. Später schlossen sich auch unsere Szekler-Freunde als Sarmaten an, und nun haben wir drei Reenactment-Armeen: Daker, Römer und Sarmaten.“




Die drei Armeen trainieren in speziell dazu eingerichteten Werkstätten, in ihrer Heimatstadt Cluj oder bei verschiedenen Geschichtsfestivals. An den angekündigten Orten und Zeiten können die Interessenten historische Schlachten live“ beobachten, die sie sonst nur aus den Geschichtsbüchern kennen. In Rumänien gibt es mehrere Festivals, auf denen Reenactments veranstaltet werden; mehr dazu von Andrei Pogăciaş:



Ein wichtiges Geschichtsfestival, vielleicht das grö‎ßte in Rumänien, ist das Festival der dakischen Burgen im Landkreis Alba. Ebenfalls im zentralrumänischen Kreis Alba, in der Stadt Alba Iulia, wird jeden Frühling das Römische Festival veranstaltet — es ist praktisch die Eröffnung der jährlichen ‚Schlachtzeit‘. Dann gibt es die Festivals in Zalău und in Porolissum, im Kreis Sălaj (im Nordwesten Rumäniens) das antike Festival Tomis in Constanţa (dem grö‎ßten rumänischen Schwarzmeerhafen im Osten des Landes) und das Festival Dacfest, das von uns, Terra Dacica Aeterna, im Kreis Hunedoara (Mitte-Westen) organisiert wird. Letztes Jahr wurde zum ersten Mal ein Festival in Simeria, in der Nähe der Ortschaft Gura Uroiului organisiert. Das war ein exzellenter Standort, der beste Standort für ein Geschichtsfestival zum Thema Altertum. Es ist eine Wiese unter einem riesigen Fels, der wie eine Daker-Mütze aussieht. Da bauen wir unsere Lager und unsere Werkstätte auf, wir haben auch genug Platz für die Schlacht und für die Zuschauer, die uns umgeben. Letztes Jahren waren erstaunlich viele Leute gekommen, und dieses Jahr versuchen wir, ein grö‎ßeres Festival zu organisieren, mit mehreren Aktivitäten und mehreren Truppen. Wir hoffen, dass noch mehr Besucher kommen, und dass wir eine Festivaltradition im Kreis Hunedoara bilden. Hunedoara war das Zentrum des dakischen Königreiches, und mit solchen Aktivitäten halten wir die Erinnerung an Dakien wach.“




Ein Festival dauert in der Regel drei Tage. Am Freitag werden die verschiedenen Lager, die Werkstätte und die Feuerstätte aufgebaut. Wie es weiter geht, erzählt Andrei Pogăciaş:



Am Freitag holen wir die gesamte Ausrüstung heraus und bauen unsere Lager auf. Am Samstag und Sonntag haben wir am Vormittag verschiedene Aktivitäten mit den Besuchern, vor allem in den Werkstätten, und am Mittag beginnt die richtige Action, die von allen erwartet wird: die Schlacht, die etwa drei Stunden dauert, je nachdem wie das Szenario aussieht. Die Rollen sind klar aufgeteilt, die einen sind Daker, die anderen Römer und die dritte Gruppe stellt Sarmaten dar. Innerhalb einer Armee wei‎ß jeder genau, was er zu tun hat: Einer ist Kommandant, ein anderer ist Adliger, ein anderer ist Handwerker oder Schütze, jeder kennt seine Stellung auf dem Kampffeld, und am wichtigsten ist, auf die Befehle seines Kommandanten zu hören. Auf den ersten Blick scheint das Ganze ein Spiel zu sein, an dem 30- bis 40-jährige Kinder ihren Spa‎ß haben, aber im Feuer des Gefechts ist es nicht leicht zu hören, was der Kommandant schreit. Unsere Kämpfe sind echt, wir haben Waffen aus Metall und Schilder aus Holz mit Metallumrahmung, überall kracht es, das Adrenalin steigt, man hört kaum noch etwas, man wird in den Kampf hineingezogen, der Feind attackiert von allen Seiten, es gibt Momente, wenn man die Gegenwart vergisst und wirklich zum Daker oder zum Römer wird.“




Nach der Schlacht kommen die Besucher ins Lager, sie stellen Fragen, probieren Kostüme und Waffen aus und beteiligen sich an Aktivitäten in den Werkstätten. Die Ausrüstungen und die Waffen sind historischen Modellen genau nachgebildet und perfekt funktionsfähig. Um Unfälle vorzubeugen wird aber dem Publikum nicht erlaubt, an den Schlachten teilzunehmen. Für Kinder gibt es immerhin leichte Kampfübungen und kurze Schlachten mit Holzwaffen. Anfang Mai findet das erste Geschichtsfestival des Jahres 2015 in Hunedoara (Eisenmarkt) statt. Sie sind alle herzlich eingeladen, das Reenactment einer historischen Schlacht zwischen Daken, Römern und Sarmaten live zu erleben.

foto: facebook.com/sapunulcheia/
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