Sulina – Base Camp für die Erkundung des Donaudeltas
Zu einer Reise ins faszinierend schöne Gebiet brach unser Team von hier auf. Die Stadt liegt am östlichsten Zipfel Rumäniens - an der Schwarzmeerküste und zugleich an der Donau. Mittlerweile hat sie ihren einstigen Stellenwert eingebüßt, aber im Jahr 1904 war sie laut zeitgenössischen Dokumenten Heimat für Menschen aus 18 Nationalitäten.

Ana-Maria Cononovici, 27.04.2025, 11:29
Ștefan Ivanov, Präsident des Verbands der Freizeit- und Schnellbootbetreiber, legt den Reisenden die Region ans Herz und betont, dass sie zu jeder Jahreszeit ihren Reiz habe:
„Das Donaudelta kann in allen vier Jahreszeiten besucht werden. Meistens spricht man von uns nur im Sommer, aber es ist auch im Frühling, Herbst und Winter sehr schön hier. Es gab Naturfreunde, die das Delta im seinem Winterkleid erleben wollten. Zu jeder Jahreszeit gibt es Besonderheiten zu entdecken. Wir sind aber in Sulina – und es ist der perfekte Ort, um in der Sommersaison an sonnigen Tagen das Meer und den sehr feinen Sandstrand zu genießen. Es gibt Bereiche für Kajaktouren, für den von uns im Gegensatz zum aggressiven Tagestourismus geförderten sanften Tourismus. In der Gegend um den Letea-Wald mit seinen subtropischen Einflüssen auf den Sanddünen, ebenso im Caraorman-Wald, sowie an den großen Seen Puiu, Roșu und Roșuleț kann man hier problemlos eine ganze Woche verbringen, ohne dass Langeweile aufkommt.“
Nach einer vier Kilometer langen Kajaktour auf dem sogenannten Kanal der Verliebten – ein Abenteuer, bei dem Enten und Blässhühner aus dem Schilf aufschreckten, sobald sich die noch ungeübten Paddler näherten – sprach unser Team mit Călin Ene, einem Wildnisreiseleiter, über solche Erlebnisse, die man ab Sulina buchen kann:
„Dieser Kanal hat eigentlich keinen offiziellen Namen. Manche nennen ihn Weidenkanal, andere Kanal von Meile Drei oder Kanal hinter dem Prospekt. Obwohl er ganz nah bei Sulina liegt, ist er absolut naturbelassen. Genau so sah das Delta früher aus. Der Kanal ist teilweise versandet, man muss sich richtig durchkämpfen. Es ist die reine Wildnis direkt vor der Stadt. Deshalb gefällt er mir so gut. Ihr habt ihn jetzt nicht im vollen grünen Glanz erlebt, wenn auch Vergissmeinnicht blühen und sich Seerosen zeigen. Es gibt hier Brutplätze der Beutelmeisen, Eisvögel, viele Nachtreiher. Es ist ein unglaublich spektakulärer Kanal! Wenn ihr Delta und Wildnis wollt, aber nicht auf euren Komfort verzichten möchtet, ist dieser Kanal genau richtig. Auch jetzt habt ihr ihn schon fantastisch gefunden – stellt euch vor, wie schön er erst im Mai, Juni oder Anfang Juli ist, dann erreicht er 100 % seiner Pracht.“
Dragoș Ioniță, Besitzer einer Pension in Sulina, machte die Kollegen neugierig auf die kulinarischen Spezialitäten der Stadt:
„Wir sind besonders stolz auf ein Gericht: gebratener Steinbutt. Unser Highlight, das uns besonders gut gelingt. Natürlich bieten wir die traditionelle Deltaküche: Fischsud, Ofenbackfisch, Karpfen mit Kohl, gebratener Karausche, Sprotten. Wir haben ein bisschen experimentiert und daraus ein neues Produkt gemacht: Deltabruschette – basierend auf dem italienischen Rezept, aber mit unserem Fisch, unseren Sprotten. Auch Fischgrammeln sind ein neues Gericht, an dessen Rezept wir noch feilen. “
Gheorghe Comârzan, den die Stadtgeschichte interessiert hatr , hat in Sulina eine private Sammlung geschaffen: die Ausstellung „Altes Sulina“, eine Reise durch die Geschichte:
„Wir haben hier viele Originalgegenstände, die ich über Jahre hinweg gesammelt habe – gekauft von Einheimischen, aus Familienbesitz, über das Internet, etwa Postkarten. Einen Teil der Sammlung habe ich dem Museum im Alten Leuchtturm von Sulina gespendet, damit die Erinnerung an die Stadt erhalten bleibt. Hier seht ihr zum Beispiel eine originale Zeitungsseite von 1861 – damit beginnt die Geschichte von Sulina.“
Postkarten, Fotografien aus allen Zeiten – von Persönlichkeiten ebenso wie von einfachen Leuten –, Ziegel mit Herstellerstempel, Zeitzeugnisse aus der Ära, als Griechisch die meistgesprochene Sprache war, aus der Zeit der Europäischen Donaukommission, als Französisch die Amtssprache war. Damals kleideten sich die Damen nach französischer Mode aus Magazinen wie Marie Claire, die Herren nach englischem Stil – weshalb hier auch Modehefte des frühen 19. und sogar Modebücher des 18. Jahrhunderts zu finden sind.
Neben der Natur kann man in Sulina den alten genuesischen Leuchtturm bewundern, nahe der Musura-Bucht und der Donaumündung ins Schwarze Meer. Sehenswert ist auch der Alte Leuchtturm von Sulina – Anfang des 19. Jahrhunderts von den osmanischen Behörden erbaut, zwischen 1897 und 1939 von der Europäischen Donaukommission verwaltet und seit 2003 ein Museum in der Zweiten Straße. Die Ausstellung dokumentiert durch Schriftstücke und Fotografien die Geschichte Sulinas während der Zeit der Donaukommission sowie das Leben zweier bedeutender Persönlichkeiten der Stadt: Dirigent George Georgescu und Schriftsteller Jean Bart.
Ein weiteres touristisches Highlight ist der multikonfessionelle Friedhof. Sulina ist außerdem Gastgeber traditioneller Veranstaltungen wie das „Gedenkfest der verstorbenen Piraten“, das Mitte Mai dieses Jahres seine achte Auflage erlebt.