Weibliche Figuren der Revolution von 1848: Maria Rosetti
Die als Mary Grant geborene Schottin heiratete den künftigen rumänischen Politiker und Publizisten Constantin A. Rosetti. In der Walachei identifizierte sich die aufgeklärte Frau mit ihrer neuen Heimat und wurde zu einem Leitbild der 1848er Revolution.
Steliu Lambru, 18.07.2016, 17:30
Revolutionen waren immer außerordentliche Ereignisse der Geschichte. Das Jahr 1848 war aus diesem Gesichtspunkt ein ganz besonderes in der Geschichte Europas. Die Ära der modernen Revolutionen, die durch die Französische Revolution von 1789 inspiriert wurden, kann unter dem Begriff Emanzipation“ zusammengefasst werden. Im 19.Jh. lautete während der Entstehung der Nationalstaaten der Schlüsselbegriff Modernisierung“. Mit diesem wurde die ersehnte wirtschaftliche, politische und soziale Freiheit verbunden. Die Rumänischen Fürstentümer, die sich seit vier Jahrhunderten unter osmanischer Herrschaft befanden, gaben den ersten Anstoß zur Befreiung von den Türken im Jahr 1821 mit der Revolution Tudor Vladimirescus. 1848 war die Revolution, die von den Söhnen der in Paris europäisierten Eliten geführt wurde, eine logische Fortsetzung der Ideen, die die Modernisierung angetrieben hatte.
Das Jahr 1848 brachte in den Rumänischen Fürstentümern einige Frauen auf die Bühne der Geschichte, die einen beträchtlichen Einfluss auf den Aufbau des Nationalgefühls und auf die Modernisierung ausgeübt haben. Als eine besonders in die Revolution involvierte Frau galt für lange Zeit Ana Ipătescu. Historikerin Georgeta Penelea-Filitti listet ihre Verdienste in dem aufgewühlten Sommer des Jahres 1848 in Bukarest auf:
Ana Ipătescu war eine der Frauen, die auf die Straßen gegangen sind und es geschafft haben, die Einwohner Bukarests zu dynamisieren. Die Revolution hatte ihre Erfolgs- und ihre Niederlage-Momente. Zu einem Zeitpunkt wurde die provisorische Regierung verhaftet. Dann wurden wiederum die Oberste verhaftet, die die Regierung verhaftet hatten. Bei allen Aufständen benötigte die Bevölkerung Bukarests, die die Ereignisse mitverfolgte, jedoch nicht so richtig verstanden hatte, was passiert, einen Anführer oder eine Anführerin, einen Bezirkschef oder eine Bezirkschefin, wenn ich das so sagen darf. Ana Ipătescu, die Frau von Grigore Ipătescu, war eine dieser Anführerinnen.“
Die weibliche Figur, die den rumänischen Revolutionsgeist von 1848 par excellence verkörperte, war Mary Grant, eine Frau schottischer Abstammung, die künftige Frau des Politikers und Publizisten Constantin A. Rosetti. Georgeta Penelea-Filitti schildert die Umstände, unter denen Mary Grant in die Walachei kam und ihren künftigen Ehemann kennenlernte.
Maria Rosetti, die als Kindermädchen der Familie Odobescu nach Bukarest kam, heiratet C.A. Rosetti. Wir müssen da auch an Mazzinis Risorgimento-Bewegung denken, zu der das Ehepaar Rosetti gehörte. Die Korrespondenz der beiden Ehegatten ist entzückend. Über die zärtlichen Worte hinaus, die sie austauschen, gibt es eine Menge politischer Angelegenheiten. Sie sprachen sich gegenseitig mit »Genosse« und »Genossin« an. Sie unternahmen zahlreiche Auslandsreisen. Sie lassen sich ein Kind in Nizza taufen und der Taufpate ist ein Schuster. Sie geben dem Kind einen rumänischen Namen, Mircea, aber auch einen französischen Namen. Der Schuster hieß Charlemagne und so tauften sie auch ihr Kind.“
Die Hektik des europäischen öffentlichen Geistes gelangte bis in die entfernten Rumänischen Fürstentümer. Der starke Wunsch nach Befreiung kennzeichnete alle sozialen Schichten. Wie andere Ausländer hierzulande auch setzt sich Maria Rosetti stark für die Revolutionsbestreben ein. Auch nach der Unterdrückung der Revolution gibt sie ihre Überzeugungen nicht auf. Um so mehr verkörpert Maria Rosetti die rumänische Revolution oder Rumänien selbst. Dem Maler Constantin Daniel Rosenthal stand sie Modell für zwei seiner berühmten Gemälde: Das revolutionäre Rumänien“ und Rumänien bricht seine Handschellen auf“. Georgeta Penelea-Filitti:
Sie ist nicht die einzige Ausländerin, die sich nach ihrer Ankunft in den Rumänischen Fürstentümern mit den Idealen des rumänischen Volkes durch ihre Auslandsbeziehungen, durch ihre Förderreden, durch die effektive Unterstützung der Revolutionsteilnehmer identifiziert. Die Revolutionäre von Bukarest wurden auf ein nahezu abgewracktes Schiff befördert und in das Osmanische Reich transportiert. Sie lief auf das Donauufer, um mit ihnen in Kontakt zu treten, schaffte es aber nicht mehr. Langsam wurde Maria Rosetti zum Symbol der Revolution. Sie war mit dem Maler Constantin Daniel Rosenthal befreundet. Diese Malte ein Gemälde, auf dem er sie mit der Trikolore in ihren Händen, als Symbol der Freiheit und der rumänischen Revolution dargestellte.“
Maria Rosetti setzt sich weiterhin für die Ideen der Modernisierung ein, denn die nationale Emanzipation brauchte ihre Energie. Wieder am Mikrophon die Historikerin Georgeta Penelea-Filitti.
Sie blieb auch nach der Revolution aktiv. Die Revolutionsteilnehmer wurden ins Exil geschickt. Sie führten eine einmalige Informationskampagne in Europa über das Leben der Rumänen. Zu den Exilierten zählte auch C. A. Rosetti, ihr Ehemann, der bis im Jahr 1858 im Ausland blieb. In dieser Zeit konnte Maria Rosetti nicht beiseite stehen. Sie leitete die Zeitung »Mutter und Kind«. Zurück aus dem Exil, gründet ihr Ehemann gemeinsam mit ihr eine der wichtigsten nationalgesinnten Zeitungen — »Der Rumäne«. Diese Frau setzte sich fast ein halbes Jahrhundert für die Bildung ein. Sie ist der Schlüsselbegriff, der ein Volk stärkt und personalisiert. Sie gab den Müttern Ratschläge, wie sie ihre Kinder großziehen und erziehen sollen. Sie sagte ihnen, nicht vor den Kindern zu streiten, zart mit ihnen zu sein, ihre Fragen zu beantworten, Maria Rosetti setze sich auch für die Hygiene ein und unternahm daher sehr viele Reisen aufs Land, wo Hygiene damals wirklich ein Problem war. Manche könnten sagen, ihre Bemühungen zeigten keine so große Wirkung, doch es wäre schlimmer gewesen, wenn sie nichts getan hätte. Sie war nicht allein in ihrem Unterfangen. Sie wurde von anderen Frauen unterstützt. Eine davon war Constanţa Dunca.“
Die Frauen der Revolution waren auf der Höhe ihrer Zeit und auf Augenhöhe mit den damaligen Staatsmännern. Sie haben Geschichte in einer Zeit geschrieben, als allerlei Hindernisse unüberwindbar schienen.