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Verbrechen des Kommunismus: die unbekannten Opfer der Securitate

Bis 1989 sorgte die Geheimpolizei Securitate für Angst und Schrecken. Ein besonders dunkles Kapitel sind die standrechtlichen Erschießungen von Widerständlern durch Securitate-Trupps in den ersten Jahren nach der Machtergreifung der Kommunisten.

Verbrechen des Kommunismus: die unbekannten Opfer der Securitate
Verbrechen des Kommunismus: die unbekannten Opfer der Securitate

, 17.02.2020, 17:30

Die Gründung der kommunistischen Geheimpolizei Securitate erfolgte durch das Dekret Nr. 221 am 30. August 1948. Laut Dekret war die offizielle Aufgabe des Dienstes der Schutz der demokratischen Errungenschaften und die Garantie der Sicherheit der rumänischen Volksrepublik gegen alle äu‎ßeren und inneren Feinde“. Die Mitglieder rekrutierten sich vorrangig aus rumänischen Kommunisten, anfänglich wurden auch viele Agenten der ehemaligen bürgerlichen Geheimpolizei DGPS (Generaldirektion der Polizei für Sicherheit) aufgenommen. Mit einer effektiven Aufstellung von etwa 3000 Kadern verkörperte die Securitate die Essenz des repressiven Systems der kommunistischen Tyrannei als Verkörperung des Bösen. Die Securitate fungierte zusammen mit der Roten Armee, dem Parteiapparat, der Miliz, der Staatsanwaltschaft und den Sicherheitskräften als eine militärische Kraft, als eine Speerspitze im Kampf gegen die Feinde des Volkes, das hei‎ßt gegen alles, was heute, im demokratischen Rumänien, als gut und positiv anerkannt wird: militärische, wirtschaftliche, intellektuelle, ländliche Eliten und einfache Menschen, die keine Erniedrigungen akzeptieren wollten.



Der Historiker Marius Oprea gründete das Institut für die Erforschung der kommunistischen Verbrechen und begann 2006 mit der Suche nach nicht identifizierten Opfern der Securitate. Seinen Schätzungen zufolge wurden in Rumänien etwa 8000 Menschen hingerichtet, ohne dass ihnen ein Prozess gemacht wurde und ohne dass gegen sie ein Todesurteil verhängt worden wäre. Bislang wurden nur 37 Opfer gefunden. Oprea spricht über einige Tote, die in den 14 Jahren, seitdem er nach unbekannten Opfern der Securitate sucht, identifiziert wurden.



Auf dem Capsa-Hügel, in einer sehr schönen Gegend im rumänischen Westgebirge, fand ich die Leiche von Nicolae Selagea. Er war einer der letzten Überlebenden eines von Nicolae Dabija geführten Partisanenlagers, das am 2. Februar 1949 von Securitate-Truppen angegriffen wurde. 25 Partisanen wurden umzingelt, 7 von ihnen sind entkommen. Nicolae Selagea gehörte zu den letzten, die gefangen genommen wurden, und er wurde an Ort und Stelle kurzerhand hingerichtet. Dort wurde er auch begraben, unter einer Stra‎ße, die einige Häuser auf dem Capsa-Hügel verbindet. Woher kannte ich diesen Ort so genau? Nachdem sie Nicolae Selagea getötet hatten, zwangen die Securitate-Agenten seinen 6-jährigen Jungen, die Leiche seines Vaters zu bewachen, bis sie Leute schickten, die die Leiche begraben sollten. Die Securitate-Agenten bemühten sich nicht, ihre Opfer zu begraben. Der Junge blieb neben der Leiche seines Vaters, bis am nächsten Morgen Leute aus dem Dorf kamen und seinen Vater dort unter der Stra‎ße begruben. Als ich das Institut gründete, richtete sich der Sohn Nicolae Selageas an uns, er wollte die Leiche seines Vaters ausgraben und ordentlich zur Ruhe setzen. So fand ich Nicolae Selagea. Nach fast 70 Jahren konnte der ehemalige Junge, jetzt ein alter Mann, seinen Vater endlich auf den Friedhof bringen.“




Jede Geschichte einer summarischen Hinrichtung verbirgt ein zerstörtes Leben und offenbart bis jetzt unbekannte Menschenschicksale. Andrei Meşter ist das zweite Opfer der Securitate, dessen Geschichte von Marius Oprea erzählt wird.



Andrei Meşter gehörte zur Dorfelite. Er war Kürschnermeister in Sălciua, Kreis Alba, im Westen Rumäniens, und war Taufpate von mehr als 40 Familien im Arieş-Tal. Er war ein sehr respektierter Mann, aber er hatte ein Problem: Er protestierte öffentlich gegen die Kollektivierung der Landwirtschaft nach sowjetischem Vorbild. Daraufhin wurde er vor der Eröffnung des Marktes am Tag der Heiligen Maria von zu Hause abgeholt und erschossen. Seine Leiche wurde am Eingang des Jahrmarkts öffentlich zur Schau gestellt; an der Leiche klebte ein Pappkarton mit der Aufschrift: »Wer es ihm gleich tut, ereilt dasselbe Schicskal.« Die Bauern aus mehreren Dörfern wurden gezwungen, auf den Jahrmarkt zu kommen, um die Leiche zu sehen. Andrei Meşter traf keine Schuld; er hatte sich blo‎ß gegen die Kollektivierungspolitik geäu‎ßert. Nachdem er erschossen und öffentlich zur Schau gestellt worden war, gelang es seiner Ehefrau, seinen Leichnam von den Milizionären, die ihn bewachten, freizukaufen. Die Frau begrub ihren Ehemann im Hinterhof ihres Hauses. Auf sein Grab legte sie das Kreuz nieder, das Andrei Meşter sich schon zu Lebzeiten angefertigt hatte. Unter den damals von der Securitate summarisch Hingerichteten war Andrei Meşter der einzige, der ein christliches Begräbnis bekam. Mehr konnten wir nicht erfahren.“




Das öffentliche Zurschaustellen der von der Securitate summarisch Hingerichteten hatte nur einen Zweck: die Menschen zu erschrecken. Tatsächlich war die Angst das wichtigste Machtinstrument des kommunistischen Regimes. Marius Oprea dazu:



Petru Anculia und Gheorghe Urdăreanu waren Partisanen — wie Nicolae Selagea. Sie gehörten zur Gruppe des Oberst Uţă und wurden 1949 hingerichtet. Damals wurden vier Partisanen hingerichtet, aber ich fand nur zwei Leichen, die anderen zwei waren an einem anderen Ort begraben, und wir konnten sie nicht finden. Ich hoffe, dass wir sie eines Tages auch finden werden. Ich habe die beiden relativ schnell gefunden, am Rande des Friedhofs. Die Leichen lagen übereinander in einer etwas unnatürlichen Position, die Arme weit vom Körper gestreckt, und die Knochen der Unterarme waren durchbohrt. Dadurch wurde uns klar, was damals geschehen war. Alle vier Opfer wurden nach ihrer Hinrichtung durch die Securitate-Agenten im Park vor dem Rathaus in Teregova, Kreis Caraş-Severin, im Südwesten Rumäniens, gekreuzigt. 27 Tage lang hingen die Leichen an den Kreuzen. Alle Bewohner der Dörfer in der Gegend wurden gezwungen, hinzugehen, um die Leichen zu sehen. An den Leichen hingen Kartons, auf denen das Wort »Bandit« stand. Petru Anculia war mit Draht und Ketten an den Fü‎ßen gefesselt und trug Opanken (bäuerliche leichte Fu‎ßbekleidungen i. d. R. aus Lederriemen — Anm. d. Red.). Die Opanken waren aber nicht aus Leder, sondern aus Gummiresten von alten Traktorreifen-Gummikammern. Die Securitate-Opfer waren einfache, arme Bauern, die in die Berge geflüchtet waren, um ihre Überzeugungen, ihren Glauben und ihr Land zu verteidigen.“




Wenn der Historiker Marius Oprea und sein Team summarisch hingerichtete Opfer entdecken, lassen sie zuerst eine heilige Messe halten. Es ist ein letzter Akt der Wiedergutmachung für die Menschen, die es verstanden hatten, aufrecht zu bleiben, wenn alles rundherum zusammenbrach.

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