Suceava – die erste Hauptstadt der Moldau (1388). Befreiung der Roma aus der Leibeigenschaft (1856)
Eine der ältesten städtischen Siedlungen des mittelaterlichen Fürstentums Moldau ist Suceava – die am 10. Februar 1388 erstmals urkundlich erwähnte Hauptstadt. Suceava liegt im extremen Norden Rumäniens.
Steliu Lambru, 11.02.2013, 18:30
Eine der ältesten städtischen Siedlungen des mittelaterlichen Fürstentums Moldau ist Suceava — die am 10. Februar 1388 erstmals urkundlich erwähnte Hauptstadt. Suceava liegt im extremen Norden Rumäniens, die Stadt hat sich mit der Ausdehnung des mittelaterlichen Königreichs Ungarn im Norden des äußeren Karpatenraums weiterentwickelt. Die Entstehung der Stadt ist eng an die Geburt des mittelalterlichen Staates der Moldau gebunden.
Mitte des 14. Jahrhunderts waren die in der Marmarosch (Maramureş)lebenden Rumänen von einem lokalen Woiwoden namens Dragoş angeführt. Der damalige ungarische König Ludwig I. erteilte ihnen den Auftrag, die Moldau gegen die tatarische Gefahr aus dem Osten zu verteidigen. Somit diente die Moldau als eine Art Pufferzone.
Nach der Etablierung des moldauischen Staates im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts wird Suceava zur Fürstenresidenz von Petru Muşat I (1375-1391). Zur Herkunft des Namens der Stadt gibt es zwei Theorien. Die erste Theorie vertritt der Geschichtsschreiber Simion Dascălul, der im 17. Jahrhundert seinen Vorgänger Grigore Ureche zitierte. Laut seinen Angaben hätten sich in Suceava einige Kürschnermeister niedergelassen — auf ungarisch Szűcs”. Der Name der Stadt würde eben eine Kombination zwischen dem ungarischen Wort und dem rumänischen Suffix -eavă” sein. Die ungefähre Übersetzung wäre in diesem Fall Kürschnerei“.
Die zweite und eine weniger glaubwürdige Theorie geht von einer anderen Kombination als Grundlage für den Namen der Stadt Suceava aus. Der Holunderbaum heißt auf Rumänisch soc“, hinzu wäre der slawische Suffix -va“ gekommen. Also würde die Übersetzung von Suceava Holunderwald heißen.
Bis heute erhalten sind in Suceava die zwei mittelalterlichen Burgen, zwischen denen die Stadt sich entwickelte. Die erste Burg in Şcheia oder die Westburg von Suceava befindet sich im Nordwesten der Stadt, auf einem 384 Meter hohen Hügel, etwa 80 Meter über dem Meeresspiegel. Sie war Teil der von Petru I. Ende des 14. Jahrhunderts erbauten Befestigungsanlage. Während der Herrscherzeit Alexandru des Guten, Anfang des 15. Jahrhunderts, wurde die Burg nicht mehr benutzt. Zurzeit stehen die Burgruinen auf der Liste der historischen Denkmäler des Kreises Suceava.
Die zweite Burg, der Suceavaer Fürstensitz, befindet sich im Osten der Stadt, auf einem 70 Meter hohen Hügel. Auch diese Burg wurde von Petru I. erbaut, allerdings wurde sie von seinen Nachfolgern erhalten und erweitert. Stefan der Große befestigte sie, aber Dumitraşcu Cantacuzino sollte die Burg 1675 zerstören. Wie bei der Burg Şcheia sind auch von dem Fürstensitz die Ruinen erhalten geblieben, die unter Denkmalschutz stehen.
Das mittelalterliche Suceava war eine Vielvölkerstadt, hier lebten — nebst Rumänen — Deutsche, Ungarn und Armenier. Der Wirtschaft lag ein reger Handelsaustausch zugrunde. Unter Alexandru Lăpuşneanu wurde die Hauptstadt der Moldau Mitte des 16. Jahrhunderts nach Jassy/Iaşi verlegt, dennoch sollte Suceava bis Anfang des 17. Jahrhunderts die Residenz weiterer moldauischer Fürsten bleiben.
Die Revolution von 1848 gilt als Anhaltspunkt der Modernität in den rumänischen Fürstentümern. Sie war das Ergebnis immer intensiverer Kontakte zum Westen und der Schwächung des jahrhundertelangen osmanischen Einflusses. Die Rumänen suchten, ähnlich wie alle Nationen in Mittel- und Osteuropa, ihren eigenen Weg zur wirtschaftlichen Entwicklung und zum geistlichen Fortschritt. Die rumänischen Revolutionsführer haben die meisten ihrer Modernisierungsideale als Treibfedern der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Emanzipation angesehen. Die neue Gesellschaft sollte den Menschen von jedem Zwang befreien und die Kreativität zum eigenen Nutzen und im gemeinsamen Interesse stimulieren.
In diesem Zusammenhang wurde die Leibeingenschaft als rückständiges Überbleibesel der Vergangenheit angesehen. Im rumänischen Raum wurde über bestimmte Kategorien von Bauern immer noch wirtschaftlich verfügt. Es gab aber gleichermaßen auch eine rassiale Ausbeutung, die viel strenger war — die der Roma. Und in diesem Falle waren die Unterdrückten keine freien Menschen, sondern Leibeigene eines Landherren.
Die Ursprünge der Sklavenhaltung von Roma verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Ab dem 13. Jahrhundert wurden Roma-Stämme aus dem Nordwesten Indiens von den Mongolen als Armeehelfer mitgenommen und bei ihren Kriegskampagnen eingesetzt. In den Rumänischen Fürstentümern gab es drei Kategorien von Roma-Sklaven: Sklaven des Staates, der Kirche und die von Privatpersonen. Die Sklaverei war also eine im Mittelalter und in der frühen Moderne klar definierte Institution. Die damaligen Gesetze regelten recht deutlich die Rechte bzw. den Entzug der Rechte von Sklaven, ebenso die Behandlung, der sie unterzogen werden sollten.
Die größte Hürde für die Liberalen in Rumänien war es, die Grundbesitzer von der Befreiung der Roma zu überzeugen, von ihrem erniedrigenden und unmenschlichen sozialen Status. Die Abolitionisten, also die Gegner der Sklaverei, hielten die Leibeigenschaft für inakzeptabel in der modernen Gesellschaft, die sie errichten wollten. Die Idee von der Abschaffung der Sklaverei fand nur mühsam Zustimmung in der Gesellschaft — die ersten Stimmen in dieser Richtung wurden 1837-1838 laut. Schritt für Schritt wurde die Idee in den Jahren vor der Revolution von 1848 populärer. Weil humanitäre Argumente für die Abschaffung der Sklaverei bei den Sklavenbesitzern kaum Anklang fanden, setzten die rumänischen Abolitionisten auf die wirtschaftliche Effizienz der Institution.
Ion Câmpineanu war einer der ersten Adelsvertreter, die 1837 ihre Sklaven befreit hatten. Er und Mihail Kogălniceanu waren verantwortlich für verbitterte Presse-Kampagnen zugunsten der Abschaffung der Sklaverei. Man hat auch im Rahmen öffentlicher Ansprachen auf die niedrige Rentabilität der Sklavenhaltung wiederholt hingewiesen. Eines der damaligen Hauptargumente: Die zahlreichen Sklaven an den Höfen der Bojaren (adelige Großgrundbesitzer) kosteten mehr als ihre scheinbar kostenlose Arbeit einbrachte.
Nach 1850 haben die Sklavenbesitzer die wirtschaftliche Notwendigkeit der Abschaffung verstanden. Am 8. Februar 1856, wenige Wochen vor dem Pariser Frieden, der den Krimkrieg beendete, unterschrieb der Fürst der Walachei Barbu Ştirbey das Gesetz, durch das 250.000 Menschen, etwa 7% der damaligen Bevölkerung, zu freien Menschen wurden.
Audiobeitrag hören: