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Streunerhunde in Rumänien – ein Blick in die Vergangenheit

Die Straßenhunde waren schon im vergangenem Jahrhundert ein ungelöstes Problem in den rumänischen Städten. Die Ursachen für dieses Erbe sind komplex.

Streunerhunde in Rumänien – ein Blick in die Vergangenheit
Streunerhunde in Rumänien – ein Blick in die Vergangenheit

, 16.09.2013, 17:44

Der Kanon der politischen Korrektheit will es, dass Streunerhunde heute auch als herrenlose“ oder sogar als gemeinschaftliche“ Hunde bezeichnet werden. Die Stra‎ßenhunde waren schon im vergangenem Jahrhundert ein ungelöstes Problem in den rumänischen Städten. Die Ursachen für dieses Erbe sind komplex, sie reichen von der Unfähigkeit der Behörden, klare und rigorose Gesetze zu erarbeiten und umzusetzen, bis zum verantwortungslosen Umgang mancher Menschen mit den Vierbeinern.



Die Streunerhunde werden mit Schmutz, Krankheiten und unsicheren Stra‎ßen in Verbindung gebracht. Auch nachdem Menschen von Hunden auf der Stra‎ße totgebissen wurden, hat man dieses Problem in Rumänien nicht lösen können. Das Zögern der Behörden, die Verwirrung der öffentlichen Meinung und die kontrovers geführten Diskussionen über eine akzeptable Lösung haben bewirkt, dass die Tiere in kleinerer oder grö‎ßerer Anzahl stets auf der Stra‎ße geblieben sind.



Die Historikerin Constanţa Vintilă-Ghiţulescu vom Geschichtsinstitut Nicolae Iorga“ in Bukarest erzählt über die Stra‎ßenhunde in den rumänischen Städten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts:



Die Streuner waren schon immer ein Problem Rumäniens. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts stellt sich das Problem deren Beseitigung aus den Städten. Bis zu dem Zeitpunkt existierten diese auch, weil viele Häuser nicht umzäunt waren, die Grundstücke waren nicht abgregrenzt. Die Hunde, die sich dann in der Nähe der Häuser aufhielten und anhänglich wurden, gehörten im Grunde genommen allen. Sicherlich sahen Städte wie Bukarest und Iaşi damals anders als heute aus, ohne Einzäunungen und gut abgegrenzte Grundstücke, aber die Stra‎ßenhunde waren damals ein Problem in ganz Europa. Das erste Dokument, das ich finden konnte und sich mit dem Problem der Streuner in Rumänien befasst, stammt aus dem Jahr 1810. Die Russen, die damals, während des russisch-türkischen Kriegs von 1806-1812 die rumänischen Fürstentümer besetzt hatten, machen auf dieses Problem der Stra‎ßenhunde aufmerksam und rekrutieren ein Hundefänger-Team. Dieses hatte die Aufgabe, sie einzufangen und zu töten. Sie geraten aber in Konflikt mit den Hundebesitzern. Es erscheinen Schreiben, in denen die Besitzer aufgefordert werden, die Hunde an der Kette oder im Hof zu halten, anders würde man sie beseitigen. Nachdem die Russen 1812 abziehen, wird die Ma‎ßnahme aufgehoben. 1850 finden wir die Ma‎ßnahme wieder. Die Städte fingen an, sich zu strukturieren und das französische Modell der Hygienisierung und der Urbanisierung wird angewendet. In den Dörfern sind Streunerhunde hingegen überall zu finden, sie werden nicht an der Kette gehalten, sie sind in einem von Menschen bewohnten Raum anwesend.“



In den Augen der Fremden werden die Stra‎ßenhunde berüchtigt. Constanţa Vintilă-Ghiţulescu hatte Einsicht in Dokumente, die belegen, dass nach Einbruch der Dunkelheit ganze Stra‎ßenhunde-Rudel die Stadt beherrschten:



Die Konsuln Gro‎ßbritanniens und Frankreichs, die bis 1859 in Bukarest tätig waren, sprechen von der Unmöglichkeit, wegen dieser Hunde nachts auf den Stra‎ßen von Bukarest und von Iaşi zu spazieren. Es gibt einen Zeitzeugenbericht von 1850, der die Hunderudel in der Nähe des Dâmboviţa-Flusses schildert. Warum sie sich da aufhielten? Entlang des Dâmboviţa-Ufers gab es viele Schlachthöfe, Gerbereien und Fleischbearbeitungsläden. Diese kleinen Unternehmen warfen die Abfälle in den Fluss. Da gab es dann sehr viele Hunde, weil sie dadurch Nahrung fanden. Ein Spaziergang durch diese Gegend glich einem Selbstmord. 1852 fordert ein Schreiben der städtischen Verwaltungsräte, dass Ma‎ßnahmen gegen die Hunde ergriffen werden. Es erscheint auch die Idee, das erste Hundeheim zu bauen. Begründet wurde dies dadurch, dass die Tötung der Hunde grausam war. Der humanitäre Diskurs gewinnt Anhänger in der Öffentlichkeit. Es wurde sinngemä‎ß gesagt, wir seien Menschen und können keine Hunde in der Öffentlichkeit töten. Das unglaubliche Verhalten der Hundefänger wurde verurteilt.“



Auch in der Vergangenheit gab es Fälle von Streunern, die Menschen getötet haben, Zeitzeugenberichte belegen es. Extrem gefährlich waren die tollwütigen Hunde. In Zeiten von Epidemien vervollständigten Berichte von halbverwilderten Hundemeuten das apokalyptische Bild der von einer Seuche befallenen Gesellschaft. Constanţa Vintilă-Ghiţulescu über Berichte aus Geschichtsquellen:



In einer Zeitung aus der Epoche gibt es Berichte über tollwütige Hunde, die in Döfern, nicht Städten, Menschen angreiffen und zerfleischen. Dass dies ein tatsächliches Problem in jener Zeit war, ist auch aufgrund der vielen Rezepte gegen Tollwut ersichtlich, die damals abgedruckt wurden. Wir sprechen hier aber auch von Wölfen, nicht nur von Hunden. In den ländlichen Regionen, insbesondere im Gebirge, sind die Wölfe immer anwesend, vor allem nachts und im Winter. Besonders wild werden die Hunde während Epidemien. Dann wird die Nahrung knapper, weil sich die Menschen isolieren. Die Schau ist besonders grausam während einer Pestepidemie. Die Leichen werden nahe der Oberfläche begraben oder die Pestkranken werden noch lebendig begraben. Die Menschen haben solche Angst im Falle eines Sterbenden, dass sie nicht einmal mehr darauf warten, dass dieser stirbt. Wie gesagt, die Schau ist grausam: Hunde, die Leichen oder fast tote Menschen ausgraben.“



Auch in den nachfolgenden Epochen wurde das Problem der Streuner nicht gelöst. Während des Kommunismus nahm die Zahl der Stra‎ßenhunde zu. In den rumänischen Städten, aber insbesondere in Bukarest, wurden ganze Stadtteile abgerissen. Menschen, die in Häusern mit Garten wohnten, wurden in Plattenbauten umgesiedelt und sahen sich oft gewzungen, ihre Hunde auf der Stra‎ße auszusetzen.



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