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Seuchen und ihre Geschichte: Pest-Epidemien in den rumänischen Fürstentümern

Wie jedes bedeutende Ereignis würden die Epidemien einen großen Einfluss auf die Zivilisation haben, meinen Historiker. Die Seuchen mit den größten Auswirkungen waren die Pest-, Pocken-, und Cholera-Epidemien.

Seuchen und ihre Geschichte: Pest-Epidemien in den rumänischen Fürstentümern
Seuchen und ihre Geschichte: Pest-Epidemien in den rumänischen Fürstentümern

, 26.10.2015, 18:47

Wie jedes bedeutende Ereignis würden die Epidemien einen gro‎ßen Einfluss auf die Zivilisation haben, meinen Historiker. Die Seuchen mit den grö‎ßten Auswirkungen waren die Pest-, Pocken-, und Cholera-Epidemien. Der schwarze Tod“ oder die schwarze Pest“, die in den rumänischen Fürstentümern unter dem Namen schwarze Wunde“ bekannt wurde, ist die Krankheit, die die meisten Menschen getötet hat. Zwischen 25 und 75 Millionen Menschen — es gibt unterschiedliche Einschätzungen — soll die Pest Mitte des 14. Jahrhunderts getötet haben. Erst am Ende des 19. Jahrhunderts, im Jahr 1894, hat der schweizerisch-franzöische Alexandre Yersin den Pesterreger und anschlie‎ßend auch das Heilmittel gegen die schrecklichste Krankheit, die es je gab, entdeckt. Vor der Entdeckung von Yersin konnten nur diejenigen, die entweder immun gegen das Bakterium waren oder eine leichte Form der Krankheit entwickelten, überleben.



Auch in den rumänischen Fürstentümern gab es Epidemien, die das Weltbild der Menschen geprägt haben. Octavian Buda, Professor für Medizin-Geschichte an der Medizin- und Pharmakologie-Universität Carol Davila“ in Bukarest, erwähnt die Zeitzeugnisse über die Pest im 15. Jahrhundert in den rumänischen Fürstentümern:



Es gibt einige Beschreibungen von fremden Ärzten, die an unterschiedlichen Fürstenhöfen, am Fürstenhof von Stefan dem Gro‎ßen, am Hof von Matei Basarab und von Vasile Lupu, tätig waren. Das Problem ist, die klinischen Anzeichen zu identifizieren, weil der rumänische Begriff ›bubă‹ (= Wunde, Schramme, Beule, Krankheit) sehr vieldeutig ist. Im Volksmund verstand man darunter auch Krankheit schlechthin. Und deshalb ist es schwierig, zu erfahren, wann wir es tatsächlich mit einer Seuche zu tun hatten. Sehr konkrete Informationen über den Fall von Johann Hunyadi, der ja auch an der Pest gestorben sein soll, haben wir nicht. Es könnte etwas mit der südlichen Kriegsfront zu tun gehabt haben. Einer der letzten Ausbrüche der westeuropäischen Pest-Epidemie erfolgte durch den Adria-Hafen Dubrovnik oder Ragusa. Es gibt eine ziemlich neue Idee eines rumänischen Medizinhistorikers, Nicolae Vătămanu. Dieser spekuliert mit ziemlich guten Beweisen, dass während der Schlacht von Războieni, die mit einem Pyrrhussieg der Osmanen des Sultans Mehmet II. gegen Stefan den Gro‎ßen endete — Zehntausende starben im Kampf –, auch ein Pest-Ausbruch aus dem Ural-Gebiet und von der Krim her eine Rolle gespielt hätten. Es ist eine Theorie, die man näher untersuchen sollte.“




Pest-Epidemien gab es periodisch auch in den nächsten Jahrhunderten. Erschreckend war die Epidemie in London von 1666, auch wenn ihr Ausma‎ß kleiner war. Im 18. Jahrhundert begann in den rumänischen Fürstentümern die phanariotische Epoche. Der erste phanariotische Fürst, Nicolae Mavrocordat, erlag der Pest im Jahr 1730. Die grö‎ßten Auswirkungen hatte aber die Caragea-Pest von 1813-1814, benannt nach dem damaligen Herrscher. Die phanariotische Epoche gilt metaphorisch als eine dunkle Periode in der rumänischen Geschichte, weil sie mit einer Pest-Epidemie begann und mit einer anderen endete. Octavian Buda sprach auch über die von den Behörden der Walachei getroffenen Ma‎ßnahmen im Kampf gegen die Epidemie:



Man hat eine Art Quarantäne-Korridor auf dem Weg vom Donauufer bis nach Bukarest errichtet, es wurde ein Lazaret-Verwalter ernannt, Wachtmeister in den ärmeren Vierteln eingeführt und gerade eine Berufsgruppe nimmt zahlenmä‎ßig stark zu: jene der Leichenträger. Sie mussten die Toten tragen und die Gräber, in denen die Opfer begraben wurden, ordentlich herrichten. Die Leichenträger-Zunft wird sehr aktiv, diese Menschen wurden sehr gut bezahlt und sie mussten die Toten tragen und beerdigen. Die Totengräber wurden aus den Reihen der ehemaligen Pest-Kranken, die die Krankheit überlebt hatten, rekrutiert — das war eine interessante antiepidemische Idee. Man hat erkannt, dass diese Menschen eine Art Immunität gewonnen hatten. Der Historiker Ion Ghica schrieb sehr negativ über die Totengräber. Wenn sie an ein reiches Haus vorbei gingen, rissen sie den Pest-Toten die Kleider vom Leibe, um die Krankheit zu verbreiten, berichtet Ghica. Auch wenn sie die Todesstrafe riskierten, töteten sie die Pest-Kranken unterwegs oder beerdigten diese lebendig, um sie nicht mehr ins Krankenhaus bringen zu müssen, so der Schriftsteller und Historiker. Interessant ist die folgende Episode aus dem Bericht eines Leichenträgers: ‚Heute habe ich etwa 15 Tote aufgesammelt, die ich auf den Karren auf dem Dudeşti-Feld gelegt habe, aber ich bin nur mit 14 angekommen, weil einer wegrannte.‘“




Die Verzweiflung der Menschen konnte weder vom Priester noch vom Volksheiler gelindert werden. Der einzige Trost war der Alkohol, die alte Ausflucht des Menschen in schweren Zeiten. Octavian Buda:



In Ermangelung effizienter Behandlungen beruhigte der in gro‎ßen Mengen verbrauchte Alkohol. Da wurden aber auch Verbote eingeführt. Es gab auch Quacksalber, die den Pest-Kranken vorgaukelten, sie würden geheilt, wenn sie eine Schildkröte berührten. In Bukarest gab es ein Pest-Krankenhaus — Dudeşti — und darüber hinaus noch das Sankt-Visarion-Krankenhaus. Dort richtete man nach venezianischem Vorbild ein Lazarett ein, in dem die Pest-Kranken eingeschlossen wurden. Die Behandlungsweise ähnelte der in den Abteilungen für Infektionskrankheiten.“




Der Frost im Winter 1813-1814 hat die Auswirkungen der Pest etwas gedämpft, aber nicht beseitigt. Laut den Berichten des österreichischen Konsuls in Bukarest, Fleischhackl von Hackenau, sind während der Caragea-Pest etwa 4.500 Menschen gestorben. Dieser Pest-Ausbruch trägt diesen Namen, weil die Krankheit von einer Person aus der Entourage des Fürsten nach Bukarest gebracht wurde. Caragea wollte den Thron schnellstens besteigen und hat die Quarantäne-Vorkehrungen nicht beachtet. Mit der Caragea-Pest endete die phanariotische Epoche und begann die Moderne.

Timişoara, 35 years ago (photo: Costantin Duma)

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