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Rumänischer Gulag: Der „Schlangenplatz“ im Jilava-Gefängnis

Im Überfüllten Transitgefängnis für politische Häftlinge in Jilava bei Bukarest war um 1950 der sog. Schlangenplatz – der nur knapp 50 cm hohe Raum zwischen Fußboden und dem untersten Bett – für Neulinge reserviert. Die Demütigung war ein Ritual.

Rumänischer Gulag: Der „Schlangenplatz“ im Jilava-Gefängnis
Rumänischer Gulag: Der „Schlangenplatz“ im Jilava-Gefängnis

, 03.08.2015, 17:30

Die Strafvollzugsanstalt Jilava wurde im Fort Nr.13 gebaut, das Teil eines Befestigungssystems ist. Dieses System wurde in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts vom ersten rumänischen König, Karl I., gebaut und diente zur Verteidigung Bukarests. Die kommunistische Regierung, die 1945 in Rumänien von den Sowjets durchgesetzt wurde, begann die demokratische politische Opposition zu vernichten. Alle Bürger, die sich dem Regime widersetzten, mussten mindestens mit einer Haftstrafe rechnen. Jilava wurde ein Transit-Gefängnis, eine Insel des rumänischen Gulags, wo Gefangene verhört und inhaftiert wurden, bis eine Entscheidung über den Ort, wo sie ihre Strafe abbü‎ßen mussten, getroffen wurde.



Die Gefangenen von Jilava berichteten von grausamen Episoden. Schon bei der Ankunft wurden sie von den Wächtern mit Knüppeln und Peitschen geschlagen. Es folgte eine körperliche Durchsuchung. Die Zellen, in denen die Gefangenen untergebracht wurden, waren überfüllt, in manchen lebten sogar 200 Menschen. Neulinge wurden mit dem sogenannten Schlangenplatz“ nahezu ritualistisch in den Knastalltag eingeweiht. Es handelte sich dabei um den Platz zwischen dem Boden und dem unteren Bett. Dieser war nur 50 Zentimeter hoch. Hier mussten die neuen Gefangenen schlafen. Um da rein zu kommen, mussten diese wie Schlangen kriechen.



Constantin Ion wurde 1949 verhaftet. Es war damals Schüler in Bukarest und Mitglied eines Schüler-Verbandes, der antikommunistische Manifeste druckte und verteilte. Sein Zeitzeugenbericht wurde im Jahr 2000 vom Zentrum für mündliche Geschichte des rumänischen Rundfunks aufgenommen.



Die warmen Sommermonate Juni, Juli und August habe ich mit weiteren 160 Leuten in einem Zimmer in Jilava verbracht. Und ich erinnere mich an die Stockbetten, in denen wir schliefen. Wir schliefen dicht aneinander und konnten uns nur alle auf einmal von der einen Seite auf die andere drehen, weil wir keinen Platz hatten. Neulinge mussten den Schlangenplatz einnehmen, das war die Regel. Im Zimmer, in Anwesenheit so vieler Seelen, musste man auch seine Notdurft verrichten. Wir hatten eine improvisierte Toilette, einen Holzkübel, der voll wurde. Der Urin lief über. Viele von uns mussten auch im Urin schlafen. Wir litten zudem an Hautkrankheiten.“




Alexandru Marinescu aus Nucşoara wurde 1949 wegen Waffenbesitzes verhaftet. Er war Schüler und gehörte der antikommunistischen Partisanen-Gruppe Arsenescu-Arnăuţoiu an. Er kam auch nach Jilava und wurde mit dem Schlangenplatz vertraut gemacht.



Man schlief unter dem Bett. Im Winter 1950 oder 1951 blieben oft 15-20 Leute über, die überhaupt keinen Schlafplatz hatten. Es war alles komplett voll. Wenn die Wächter Schichtwechsel hatten, haben diese Gefangenen mit anderen 15-20 Gefangenen die Plätze getauscht, um zu schlafen. Es gab keine Matratzen, es gab keine Bettwäsche, keine Decken, überhaupt nichts, nur Holz-Bretter. Unsere Hüften sahen wie die Nacken der Ochsen am Karren aus. Sie waren dunkel und die Haut war hart. Derjenige, der neu im Zimmer war, auch wenn er 5 oder 10 Jahre Gefängnis hinter sich hatte, wurde als Neuling behandelt. Folglich bekam er den schlechtesten Schlafplatz. Als ich kam, gab es Platz neben der improvisierten Toilette. Man musste aber mit dem Rücken zu dieser schlafen, um nicht bespritzt zu werden.“




Ion Preda wurde 1949 verhaftet, weil er der Partisanen-Gruppe Arnăuţoiu Lebensmittel geliefert hatte. Er berichtet auch über die Bedingungen in Jilava:



Wir krochen zum Schlangenplatz und schliefen mit dem Kopf auf unseren Schuhen. Es gab kein Kissen, keine Bettwäsche, nichts. Wir schliefen auf dem Zement. Manche hatten Hautausschläge, andere aufgeschwollene Augen. Wir hatten nur ein sehr kleines Fenster. Und wenn es in der Zelle zu laut wurde, schloss der Wächter das Fenster, als Strafe. Und wir hatten keine Luft mehr. Er hielt das Fenster für eine halbe Stunde geschlossen, dann öffnete er es wieder. So war es in Jilava.“




Der Schlangenplatz“ war nur eine Methode von vielen, das Individuum zu demütigen, tierische Instinkte zum Vorschein zu bringen. Ziel war es, das Selbstwertgefühl und den Respekt gegenüber Mitmenschen zu zerstören.

Timişoara, 35 years ago (photo: Costantin Duma)

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