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Rumäniens Balkanpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg versuchten die Balkanstaaten eine Annäherung. Eine tiefere Kooperation wurde jedoch von der Sowjetunion vereitelt.

Rumäniens Balkanpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg
Rumäniens Balkanpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg

, 24.08.2015, 17:45

Vor 1940 war Rumäniens Au‎ßenpolitik auf eine Zusammenarbeit auf dem Balkan und auf die Bildung von Allianzen ausgerichtet. Nach dem Krieg, bis ungefähr Mitte der 1950er Jahre, war Rumäniens Au‎ßenpolitik auf dem Balkan von der UdSSR kontrolliert. Erst nach Stalins Tod 1953 hatte Bukarest wieder eigene Initiativen in der Region — es galt, die Schranken der Nachkriegs-Einteilung des Balkans in unterschiedliche militärische und politische Blocks zu überwinden. Während Rumänien, Jugoslawien, Bulgarien und Albanien von kommunistischen Regimen regiert wurden, befanden sich die Türkei und Griechenland in den Sphären liberaler Demokratien.



Nach dem Eingriff und der Unterdrückung der anti-kommunistischen Revolte in Ungarn 1956 hatte das Image der Sowjetunion in der Welt gelitten. Um es zu verbessern, gewährte die Führung den aus Moskau kontrollierten Regierungen gewisse Freiheiten. In Rumänien gingen die Sowjets sogar noch ein gutes Stück weiter und zogen 1958 ihre Truppen aus dem Land zurück. Die rumänischen Kommunisten nutzten die lose gewordene Leine, um sich den anderen Balkan-Staaten wirtschaftlich und kulturell anzunähern.



Valentin Lipatti war Botschafter, Autor von Essays und Übersetzer. In einem Interview mit dem Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte des Rundfunks 1995 erinnerte er an die Initiative zur Dezentralisierung des Balkans.



Nach dem Krieg hatte der damalige Ministerpräsident bekanntlich die erste wichtige rumänische Initiative. Das war Chivu Stoica, er beschloss eine Art Dezentralisierung des Balkans 1957. Zu dem Zeitpunkt war es eine mutige, wichtige Entscheidung, die aber sicherlich auf starken Widerstand stie‎ß. Während Bulgarien und Jugoslawien einem Dezentralisierungsprozess, einer Abrüstung von Kernwaffen auf dem Balkan positiv gegenüberstehen, leisteten Griechenland und die Türkei, die damals NATO-Mitglieder waren, Widerstand. So war die Initiative, mag sie auch eine sehr gute gewesen sein, nicht unbedingt von Erfolg gekrönt. Nach ein-zwei Jahren hatte man nicht auf diese Idee verzichtet, aber sie irgendwie in einem passiven Zustand gehalten. Allerdings wurde die Idee von der Dezentralisierung in der ganzen Welt verbreitet und dann sind atomwaffenfreie Gebiete auch in anderen Weltregionen entstanden.“




Weil der Abgrund zwischen dem Kommunismus und der Demokratie scheinbar nicht zu überbrücken war, sah man in der kulturellen Zusammenarbeit eine Lösung dieses Problems, erzählt Valentin Lipatti.



Zeitgleich mit dieser Initiative der Regierung, die recht heikel war, weil sie sich auf den militärischen Bereich bezog, einen stets komplexen Bereich also, hat es auf dem Balkan eine sehr wichtige kulturelle Zusammenarbeit gegeben. Und das war im sehr weiten Sinne des Begriffs zu sehen: Die Zusammenarbeit gab es in den Bereichen Wissenschaft, Kultur, Bildung. Aber das eben nicht auf Regierungsebene. Und jahrelang hat es diese vielseitige Zusammenarbeit jenseits der Regierungsebene gegeben, weil sie einfacher durchzusetzen war, mit weniger Vorbehalten und geringeren Hindernissen. Da war etwa die Balkanische Ärzteunion, die bereits in der Zwischenkriegszeit gegründet worden war, der Balkanverband der Mathematiker und die 1963 gegründete Organisation für Südosteuropäische Studien… Solche und viele andere Organisationen und Berufsverbände haben für ein Vertrauensklima gesorgt, für die Zusammenarbeit im wissenschaftlichen Bereich auf dem Balkan.“




Das Komitee für Zusammenarbeit auf dem Balkan, das von Mihail Ghelmegeanu geleitet wurde, sollte die kulturellen Aktivitäten koordinieren. Aber auch sein Erfolg war begrenzt, wie Valentin Lipatti wei‎ß.



Das Komitee für Zusammenarbeit auf dem Balkan war ebenfalls eine NGO, eine Friedensorganisation. Damals gab es sehr viele Organisation mit einem Friedenserhaltungsauftrag. Und das war der Grundgedanke, die Sowjets organisierten viele internationale Friedenskonferenzen, regionale Konferenzen für den Frieden, gegen den Imperialismus usw. Auf dem Balkan wurde eben dieses Komitee für die Friedenserhaltung gegründet. Es hat keine sehr umfassende Tätigkeit, wichtiger waren die Berufsverbände, die der Ärzte, Architekten, Geologen, der Forscher, Archäologen, Historiker und Schriftsteller. Sie waren in zweierlei Hinsicht effizient. In erster Linie gab es eine konkrete Zusammenarbeit in der entsprechenden Berufsbranche. Diese Zusammenarbeit wurde anhand von Studien, Forschungsarbeiten, Zeitschriften, Seminaren usw. verwirklicht… Es trafen sich dabei Experten aus den jeweiligen Ländern. Diese Zusammenarbeit zwischen den Ländern sorgte für eine gute Nachbarschaft, Freundschaft und Vertrauen zwischen den Völkern.“




Alles klang wunderbar, allerdings sollten sich bei einem Regierungstreffen zur technischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit auch die Mängel dieser Politik zeigen. Valentin Lipatti wei‎ß, welche die Probleme waren.



Rumänien verfolgte mit Hartnäckigkeit ein Ziel, ebenso Jugoslawien, die Türkei und einigerma‎ßen auch Griechenland: Man wollte eine sogenannte Anschlusskonferenz planen. Das hei‎ßt, man wollte einen möglichst institutionellen Rahmen schaffen, weil eine Konferenz, die ein Einzelereignis bleibt, nicht viel Wert ist, auch wenn sie vielleicht gut organisiert wurde. Aber man vergisst sie hinterher. Und hier ist man auf den starken Widerstand aus Bulgarien gesto‎ßen. Unsere bulgarischen Freunde hatten einen äu‎ßerst restriktiven Auftrag, sie erklärten, sie dürften überhaupt nichts genehmigen. Die Beschlüsse wurden einstimmig getroffen und die Einstimmigkeit wurde bei fünf teilnehmenden Ländern leicht erreicht. Aber es reichte auch aus, dass ein Land von seinem Veto-Recht Gebrauch machte, und der Beschluss konnte nicht durchkommen. Bulgarien verfolgte eben die sowjetische Politik und Moskau stand einer Wirtschaftskooperation auf dem Balkan negativ gegenüber. Denn mit der Zeit hätte die UdSSR die Kontrolle darüber verloren. Aus deren Sicht bestand die Gefahr eines balkanischen Binnenmarktes, auf dem Rumänien und Bulgarien, die gewiss zum sozialistischen Lager gehörten, aber auch die Türkei, Griechenland und das blockfreie Jugoslawien hätten gemeinsame Wege gehen können, die von der Sowjetunion unerwünscht waren. Und da haben die Bulgaren eben den Auftrag bekommen, alles zu blockieren. Dieser Hieb unter die Gürtellinie der Bulgaren hat für viele Jahre den multilateralen Prozess gestoppt.“




Heute ist klar: Rumäniens Balkan-Politik hatte zu Zeiten des Eisernen Vorhangs nur begrenzten Erfolg. Die unterschiedlichen Interessen innerhalb desselben Blocks sowie die unterschiedlichen politischen Regime führten dazu, dass keines der Balkanländer sich zu besonderen Verdiensten in dem Bereich der Zusammenarbeit verpflichten konnte.

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