Rumänien im 2. Weltkrieg – Operation Barbarossa
Zu den wohl am meisten umstrittenen Episoden der Teilnahme Rumäniens am Zweiten Weltkrieg an der Seite Hitler-Deutschlands gehört die Mitwirkung am Feldzug gegen die Sowjetunion.
Steliu Lambru, 04.09.2017, 17:30
An der Operation Barbarossa, die die Sowjetunion und ihr kommunistisches Regime vernichten sollte, beteiligten sich neben Deutschland auch verbündete Staaten wie Finnland, Italien, Ungarn und eben auch Rumänien. Ziel für Rumänien war, Bessarabien und die Nordbukowina zurückzuerobern, nachdem diese Gebiete ein Jahr früher an die Sowjetunion abgetreten worden waren.
Wie der Historiker Ottmar Traşcă vom Historischen Institut George Bariţ“ in Cluj (Klausenburg) ausführt, war Rumänien sowohl ein Startpunkt der Offensive als auch eine Rohstoffressource für die Wehrmacht. Bei der Operation Barbarossa, wie der Codename des Angriffs auf die Sowjetunion hieß, spielte Rumänien eine wichtige Rolle. Rumänien und Finnland sollten nach dem Befehl 21 vom 18. Dezember 1940 die Süd- bzw. die Nordflanke sichern und sich an Operationen der Wehrmacht beteiligen“, sagt der Historiker. Schon seit Herbst 1940 waren deutsche Truppen in Rumänien stationiert, Rumänien stellte das für die deutsche Kriegsmaschine so wichtige Erdöl bereit. Im Juni 1941 bildeten die 3. und 4. rumänische Armee und die 11. deutsche Armee die Armeegruppe General Antonescu“, die von Ion Antonescu höchstpersönlich geführt war — in einer ersten Phase ging es um die Befreiung Bessarabiens und der Nordbukowina.
Dabei muss aber etwas bedacht werden, bemerkt Traşcă: Rumänien ist ein interessanter Fall. Es gab keine formelle Allianz mit Deutschland und später wurde diese Frage auch gar nicht mehr gestellt“, meint der Wissenschaftler. Die Deutsche Militärmission in Bukarest hatte im Februar–Juni 1941 die Kriegsbereitschaft Rumäniens geprüft und was zum Schluss gekommen, dass die Ausstattung und die Ausbildung der Truppen nicht ausreichend fortgeschritten waren. Die rumänische Armee war nicht fähig, selbstständig größere Operationen zu führen — allenfalls konnten einige bestimmte Divisionen defensive Einsätze übernehmen. Der Kriegsverlauf bestätigte dann später die Einschätzung. Am besten kämpften die Finnen, die sich schon im Winterkrieg 1939–1940 zwischen Finnland und der UdSSR gut geschlagen hatten. Auch die etwa 26 rumänischen Divisionen kämpften gut und übertrafen die Erwartungen der deutschen Befehlshaber. Doch hätte Rumänien sich eigentlich von der Teilnahme drücken können?
Als Historiker können wir zwar mit der Geschichte so nicht arbeiten, doch vorstellen können wir uns schon verschiedene Szenarien. Rumänien hatte aufgrund der 3. Punktes des Geheimen Zusatzprotokolls des Hitler-Stalin-Pakts vom 23. August 1939 Bessarabien und die Nordbukowina verloren — und das zeigte, wie desinteressiert Deutschland war. Es ist offensichtlich, dass für Rumänien das Motiv der Teilnahme die Rückeroberung dieser Gebiete war — und Deutschland zählte von Anfang an darauf. Schon bei seinem ersten Treffen mit Hitler gab Antonescu zu verstehen, dass Rumänien im Falles eines deutsch-sowjetischen Konflikts nicht Gewehr bei Fuß warten würde. Also ist eine solche Alternative kaum denkbar“, so Ottmar Traşcă.
Die Schlacht von Stalingrad läutete auch für Rumänien die große Katastrophe ein. Nachdem die Rote Armee die Front in den von den rumänischen Truppen gesicherten Abschnitten durchbrach, wurden die Achsenmächte eingekesselt. Doch die Verantwortung für die Niederlage ist etwas differenzierter zu sehen, wirft der Historiker Ottmar Traşcă ein: 1941 war die deutsche Militärmission noch davon ausgegangen, dass die rumänische Armee für einen Feldzug nicht bereit war — doch 1942 übertraf sie die Erwartungen vielen deutscher Kommandanten. 1942 fallen die Bewertungen deshalb besser aus. Ausgehend von den Fronterfahrung von 1941 hieß es dann, dass die rumänische Armee auch selbstständig Operationen abwickeln kann. Im Herbst 1942 wurden dann aufgrund der Frontlage immer mehr deutsche Divisionen von den Flanken abgezogen und in die Schlacht von Stalingrad geworfen — diese wurden dann durch rumänische Truppen ersetzt. Der sowjetische Generalstab war bestens informiert über die Unterschiede und spielte den Vorteil aus.“
Wie der Historiker weiter ausführt, wusste das deutsche Oberkommando bestens Bescheid über die Schwächen der rumänischen Truppen und über die Tatsache, dass besonders der von der 3. Rumänischen Armee verteidigte Abschnitt verwundbar war. Alle waren im Bilde über einen bevorstehenden Angriff der Roten Armee, also liegt die Verantwortung nicht allein bei den rumänischen Befehlshabern, so Ottmar Traşcă.
Die Operation Barbarossa versagte somit — und der Rest ist sozusagen eine bekannte Geschichte.