Radio Freies Europa und seine Rolle im Kalten Krieg
In der Geschichte des Rundfunks war der Sender Radio Freies Europa während des Kalten Kriegs ein Meilenstein des demokratischen Geistes, der Zivilcourage und der Verteidigung der Menschenrechte.
Steliu Lambru, 11.05.2015, 17:41
Radio Freies Europa wurde vom US-Nationalkomitee für ein freies Europa gegründet. 1950 begann die Station von ihrem Hauptsitz in München aus zu senden. Während des Kalten Kriegs war Radio Freies Europa ein wichtiges Instrument, um Rundfunkhörer im Herrschaftsbereich der Sowjetunion mit Informationen aus dem Westen zu versorgen. Der Sender wurde seit seiner Gründung in den frühen 1950er Jahren von der Sowjetunion als Bedrohung angesehen, da er unkontrolliert westliches Gedankengut in den Ostblock transportierte. Starke sowjetische Störsender sollten die Empfangsqualität verschlechtern, dies wurde durch stetige Steigerung der Sendeleistung von Radio Freies Europa kompensiert. Durch die Geschichte des Senders zieht sich eine Kette von Ereignissen im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Nachrichtenredaktionen. Besonders in den 1980er Jahren gab es zahlreiche Versuche, Angestellte des Senders zu entführen. Bei einem Bombenattentat auf das Sendergebäude in München, das der rumänische Geheimdienst Securitate in fremdem Auftrag ausführte, wurde trotz der Verwendung von 15 Kilogramm Nitropenta-Sprengstoff niemand getötet.
Im Rumänien der 1970er und 1980er Jahre war der Sender Radio Freies Europa eine der wenigen glaubhaften Verbindungen zur freien westlichen Welt, eine Unterstützung für Millionen freiheitsliebende Rumänen, die unter dem Druck des kommunistischen Regimes litten. Für die jüngeren Generationen, die an der antikommunistischen Revolution von 1989 aktiv teilnahmen, war Radio Freies Europa eine Schule im besten Sinne des Wortes: eine Schule der Freiheit, der Politik, der Zivilcourage, der Kultur. Ein Beweis für die Popularität des Senders war, dass die Namen der Mitarbeiter von Radio Freies Europa bekannter waren als die Namen der rumänischen Journalisten im kommunistischen Rumänien. Noel Bernard, Vlad Georgescu, Mircea Carp, Neculai Constantin Munteanu, Raluca Petrulian, Doina Alexandru sind nur einige Journalisten, mit denen Millionen rumänische Hörer sich eng verbunden fühlten, weil diese Rundfunkredakteure im Namen aller Rumänen die Wahrheit verbreiteten.
Sendungen wie Programul politic“ (Das politische Programm“), gestaltet von Mircea Carp und gesendet täglich um 18.10 Uhr, aber insbesondere Actualitatea românească“ (Rumänische Aktualität“) und Din lumea comunistă“ (Aus der kommunistischen Welt“), die von 19.10-20.00 Uhr ausgestrahlt wurden, waren viel populärer als die ähnlichen Produktionen im kommunistischen Rumänien, das von Zensur und Angst geprägt war.
Mircea Carp ist einer der Redakteure, die von Anfang an dabei waren. Nach seiner Flucht aus dem kommunistischen Rumänien wurde er 1951 Mitarbeiter des Senders Radio Freies Europa. Einige Jahre später wechselte er zum Sender Vocea Americii (Stimme Amerikas), und 1978 kehrte er zum Sender Freies Europa zurück, wo er die beliebte Außenpolitiksendung Programul politic“ (Das politische Programm“) erfand und jahrelang gestaltete. 1997 sprach Mircea Carp in einem Interview mit dem Rumänischen Rundfunk über seinen Beitrag zur Steigerung der Einschaltsquote und der Popularität von Radio Freies Europa:
Bis zu meiner Ankunft in der Redaktion von Radio Freies Europa waren die Sendungen etwas flach, weniger dynamisch. Verzeihen Sie mir den Mangel an Bescheidenheit, aber ich habe eine amerikanische Dynamik mitgebracht, die Berichte wurden kürzer, ich machte Beiträge mit Persönlichkeiten aus der ganzen Welt, einschließlich mit Exilrumänen. Mit der Zeit wurde Radio Freies Europa etwas aggressiver, vielleicht weil man ahnte, dass der Eiserne Vorhang bald fallen würde. Auch die rumänische Abteilung verstärkte ihre Offensive, sie machte mehr Sendungen über die unertragbare Lage in Rumänien. Die Redakteure bemühten sich, alles zu enthüllen, was die kommunistischen Machthaber zu verstecken versuchten. Die Tatsache, dass ein auslänischer Rundfunksender solche Details über die Begebenheiten in der rumänischen Politik, Verteidigung, Wirtschaft, Kultur in der ganzen Welt bekanntmachten, begeisterte viele unserer Hörer, die ihre Stimme nicht erheben konnten. Die Rumänen durften ihre Gedanken nicht laut aussprechen, aber sie erkannten ihre Gefühle und ihre Ansichten in den Sendungen von Radio Freies Europa wieder. Es gab immer häufiger starke, aggressive Sendungen über rumänische Themen.“
Radio Freies Europa genoss volle Freiheit vom amerikanischen Management, und seine Journalisten verwendeten nur akkurate Informationsquellen, was die Glaubwürdigkeit und die Popularität des Senders erhöhte. Zu seinen Quellen gehörten die ausländische Presse, Rumänen, die in den Westen geflüchtet waren, rumänische Persönlichkeiten, die an Kongressen oder Konferenzen im Ausland teilnahmen, Briefe, die illegal aus Rumänien geschickt wurden, und das Dokumentations- und Forschungszentrum von Radio Freies Europa. Mircea Carp mit mehr Details über die Sendungen Actualitatea românească“ (Rumänische Aktualität“) und Din lumea comunistă“ (Aus der kommunistischen Welt“), die die Einschaltquote von Radio Freies Europa stark erhöht haben:
»Actualitatea românească« (»Rumänische Aktualität«), die anfangs von Emil Georgescu und später von Neculai Constantin Munteanu gestaltet wurde, war ein Schlüsselelement unserer Sendungen. Dann kam Doina Alexandru mit ihrem Programm »Din lumea comunistă« (»Aus der kommunistischen Welt«), in dem sie die Lage in den kommunistischen Ländern Osteuropas und sogar in der Sowjetunion oder Kuba präsentierte. Zweck des Programms war, den rumänischen Hörern klarzumachen, dass Rumänien kein isolierter Fall sei, sondern zu einem Komplex von Druck und Verfolgungen gehörte, die in allen kommunistischen Ländern, unter allen kommunistischen Regimes gleich waren. In den 1980er Jahren spitzte sich die gesamte Dynamik der Sendungen von Radio Freies Europa zu, und das ermunterte die Rumänen bei ihren Freiheitsbestrebungen. Ein erster Ausbruch war der Aufstand in Brașov/Kronstadt im November 1987 und das Ganze kulminierte mit den Ereignissen vom Dezember 1989, die zum Fall des Kommunismus in Rumänien führten.“