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Planwirtschaft im Kommunismus: Die forcierte Industrialisierung 1965-1975

Das kommunistische Regime in Rumänien hat das Land stark industrialisiert. Insbesondere nachdem Nicolae Ceauşescu an die Macht kam, begann der Bau vieler Werke im Land.

Planwirtschaft im Kommunismus: Die forcierte Industrialisierung 1965-1975
Planwirtschaft im Kommunismus: Die forcierte Industrialisierung 1965-1975

, 20.04.2015, 17:23

Eine systematische Investitions-Politik gab es in Rumänien beginnend mit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre. In allen Staaten des sozialistischen Lagers haben die Regime versucht, die Produktion und Produktivität durch Investitionen zu steigern. Rumänien stellte keine Ausnahme dar. Die von internationalen Finanzinstituten bekommenen Darlehen wurden für den Bau der gro‎ßen Industrie-Plattformen eingesetzt. Maxim Berghianu war Vorsitzender des staatlichen Planungs-Ausschusses. Diese Behörde beschäftigte sich mit der wirtschaftlichen Planung. Im Jahr 2002 hat das Zentrum für mündliche Geschichte des rumänischen Rundfunks ihn interviewt. Thema des Interviews war die Entwicklung der Industrie zwischen 1965 und 1975. Berghianu erinnert sich an die Zeit, als neue Fabriken aus dem Boden gestampft wurden:



In diesem Zeitraum wurde das Kombinat für Stahllegierungen in Târgovişte gebaut, die Plattform in Călăraşi wurde eröffnet, in Hunedoara hat man weiter gebaut, es wurden weitere zwei grö‎ßere Walzwerke und ein paar neue Hochöfen in Hunedoara gebaut. In Reşiţa hatte man ein weiteres Walzwerk für Bahnschienen geplant. Wir produzierten schon etwas, aber wenig, und jetzt musste man es in Călăraşi produzieren. Wenn wir Bahnschienen im Osten fanden, kauften wir im Osten ein, wenn nicht, aus dem Westen, sonst ging es nicht. Auch das Drahtwerk in Câmpia Turzii hat sich stark entwickelt, dort wurden unterschiedliche Draht-Typen, Aluminium-und Kupfer-Kabel und Profile produziert. Wir exportierten viel. Das waren die Delikatessen der Schwerindustrie, nicht jeder konnte sich das leisten. Zugleich haben sich auch die Werke Oţelul Roşu, Călan und Hunedoara entwickelt. Es gab auch den Riesen in Galaţi, der etwa 6-8 Millionen Tonnen Stahl produzieren musste.“




Die Investitions-Politik stie‎ß aber wegen der Bürokratie und des Erfahrungsmangels auf Schwierigkeiten. Die Ideologie und das politische System standen im Wege der Verbesserung und Ausführung der Projekte. Ein solches Beispiel war die Plattform in Galaţi. Maxim Berghianu mit Einzelheiten:







Ich war beim staatlichen Planungs-Ausschuss tätig und ich habe erkannt, dass dort ein riesiges Loch im Budget entstand. Ich bin mit dem Personal in Galaţi, mit allen Ministern, die mit dem Kombinat etwas zu tun hatten — Energie, Metall, Maschinenbau — in Kontakt getreten. Es gab da einen Krisenstab. Ein Vize-Ministerpräsident bestimmte zusammen mit ihnen, was monatlich zu tun war. Wir haben jedes Ziel und jeden Termin geplant. src=/files/Panoramice/Pro

In diesem Gebäude (hier auf einem Foto von 1962) hatte bis zur Wende der staatliche Planungsausschuss seinen Sitz.


Foto: sanuuitam.blogspot.ro



Ich habe auch Cheşa, den stellvertretenden Metallurgie-Minister, eingebunden, ich kannte ihn aus Hunedoara. Ich habe ihn zum Geschäftsführer in Galaţi ernannt, er blieb zugleich stellvertretender Minister. Ich habe ihm gesagt, er sei zuständig für alles, für die Einhaltung aller Termine. Täglich rief er mich um 8 Uhr morgens an, acht Monate lang ging das so.“




Maxim Berghianu hat auch über die organisatorischen Mängel gesprochen, die sich auf das Steuern der Investitionen in der Industrie auswirkten:



Wir haben auch Fehler begangen. Wir haben die Zerstückelung der Investitionen erlaubt. Alle waren gierig nach möglichst vielen Investitionen. Das war eine generalisierte Krankheit, insbesondere im Chemiebereich, in der Stahlindustrie, im Bereich Autobau, wo es gro‎ße Geldsummen gab. Fast drei Viertel der Investitionen im Zeitraum 1965-75 wurden bewusst insbesondere in diesen Bereichen getätigt. Die Investitionen waren aber im Vorfeld nicht geplant worden. Selbst wenn es einen Fünfjahresplan gab und sowohl die Planung als auch die Dokumentation fertig sein konnten, tat man eigentlich nichts dafür. Das meiste Geld wurde hingegen verschwendet. Als wir das verstanden hatten, haben wir dem gleich ein Ende gesetzt: Wir sa‎ßen auf einem Geldberg von Milliarden und dieses Geld produzierte nichts, wir hatten teure Ausrüstungen auf Lager, die meisten waren importiert worden. Da der Bau nicht fertig war, wurden sie auch nicht in Betrieb gesetzt. Diese Situation lie‎ß im Zeitraum 1965-1970 äu‎ßerst unwirtschaftliche Ergebnisse entstehen. Infolgedessen haben wir für die kommenden fünf Jahre strenge Ma‎ßnahmen getroffen, wir konnten uns nicht mehr leisten, Investitionen zu starten und dann das Ziel aus den Augen zu verlieren.“




Maxim Berghianu ist der Meinung, dass die damaligen Manager im Bereich Entwicklung der Industrie nach einem Jahrzehnt deutlich an Erfahrung gewonnen haben:



Man kann nicht behaupten, dass die ganze rumänische Industrie unter dem Weltdurchschnitt lag, sonst hätten die Franzosen und die Amerikaner keine vom Bukarester Schwermaschinenbau-Kombinat IMGB hergestellten Low-Tech-Produkte, Maschinen mit numerischer Steuerung, mit programmierbarer Steuerung, von der Chemieprodukten oder Frontalfräsen ganz zu schweigen, nicht gekauft. Das war eigentlich Ceauşescus Wahn, er wollte, dass wir uns aus Sicht der Produktion pro Kopf mit den entwickelten Staaten vergleichen können. Aber erst in den Jahren 1971-1975 haben wir unsere Produkte verfeinert, um das ganze Potential auszuschöpfen, denn das machte auch eine Steigerung der Exportpreise möglich.“



Die Stimulierung der rumänischen Industrie im Zeitraum 1965-1975 war ein ambitioniertes Projekt. Die Unzulänglichkeiten im System, die in den Achtzigern deutlich zu spüren waren, sowie die Erdölkrise, die eine Steigerung der Energiepreise hervorrief, haben die Schwächen der rumänischen Industrie verdeutlicht. Aus Mangel an einer zentralisierten Führung ist die rumänische Industrie in den Neunzigern zum grö‎ßten Teil zusammengestürzt.

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