Parteizeitung „Scânteia“: die Anfänge des Presseorgans der rumänischen Kommunisten
In den kommunistischen Ostblockstaaten Mittel- und Osteuropas drehte sich die gesamte Presse um die Ideologie. Die kommunistischen Parteien gründeten zu diesem Zweck ihre eigenen Presseorgane, die das Wesen ihrer Ideologie zum Ausdruck brachten.
Steliu Lambru und Sorin Georgescu, 11.11.2024, 17:30
Eine der stärksten Waffen der Propaganda der kommunistischen Regime war die Presse. Die Rede- und Pressefreiheit ist ein Recht, das im 18. Jahrhundert errungen und in Artikel 11 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 formell als allgemeines Recht angenommen wurde. Doch totalitäre kommunistische und faschistische Regime haben dieses Recht mit Füßen getreten und in ein Mittel zur Einschüchterung und Gleichschaltung verwandelt.
In den kommunistischen Ostblockstaaten Mittel- und Osteuropas drehte sich die gesamte Presse um die Ideologie. Die kommunistischen Parteien gründeten zu diesem Zweck ihre eigenen Presseorgane, die das Wesen ihrer Ideologie zum Ausdruck brachten. In der Sowjetunion gab es seit 1912 die Zeitung „Prawda“ („Die Wahrheit“), und im kommunistischen Bulgarien erschien bis 1990 „Rabotnitschesko Delo“ („Taten der Arbeiter“). In der Tschechoslowakei gab es bis 1995 die Parteizeitung „Rudé Právo“ („Rote Gerechtigkeit“). In der Deutschen Demokratischen Republik erschien ab 1946 die das Blatt „Neues Deutschland“ als Zentralorgan der SED. Im ehemaligen Jugoslawien wurde „Borba“ („Der Kampf“) bis 2009 herausgegeben und erschien danach episodisch weiter. In Polen wurde „Trybuna Ludu“ („Die Volkstribüne“) von 1948 bis 1990 gelesen. In Ungarn erschien ab 1942 „Szabad Nép“ („Freies Volk“), das 1956 in „Népszabadság“ („Volksfreiheit“) umgetauft wurde. Und schließlich in Rumänien wandte sich die Kommunistische Partei mit „Scânteia“ („Der Funke“) an die Gesellschaft.
Gegründet 1931, als die Rumänische Kommunistische Partei (PCR) eine verbotene Partei war und vom rumänischen Staat radikal verfolgt wurde, weil sie für die Zerstückelung des Landes eintrat, erschien die Parteizeitung „Scânteia“ bis 1940 nur sporadisch. Ihr Name war eine Übersetzung des russischen Wortes „Iskra“ („Funke“) und eine Anlehnung an die gleichnamige Exilzeitung Lenins, die zwischen 1900 und 1905 erschienen war. Legal erschien „Scânteia“ erstmals am 21. September 1944, nachdem die Rote Armee am 30. August 1944 Bukarest besetzt hatte und bis 1947 die kommunistische Herrschaft in ganz Rumänien durchsetzen sollte.
Der 1920 geborene Kunstkritiker Radu Bogdan war ein kommunistischer Sympathisant und hatte in den Kriegsjahren sporadische Kontakte zu Mitgliedern der Kommunistischen Partei gehabt. Unmittelbar nach dem Einmarsch der Sowjets wurde er politisch aktiv. 1995 erinnerte er sich im Interview mit dem Zentrum für mündlich überlieferte Geschichte, wie er an der Neugründung der Parteizeitung mitgewirkt hatte.
„Am Anfang waren es fünf Personen, die von der Partei beauftragt wurden, die erste Ausgabe vorzubereiten. Der Komponist [und überzeugte Kommunist] Matei Socor stand an der Spitze des Teams, zu dem noch Pavel Chirtoacă, der Ingenieur Solomon, Radu Mănescu und Iosif Ardelean gehörten, der später bei der Zensurbehörde arbeiten sollte. Es begann also mit diesen fünf, wobei der Ingenieur Solomon administrative Aufgaben hatte. Damals schwebte mir vor, als Journalist tätig zu werden, aber ich wusste nicht, wie ich anfangen sollte. Als ich hörte, dass Radu Mănescu eine Zeitung herausgeben sollte, ging ich zu ihm, stellte mich vor und fragte, ob ich mitmachen könne, weil ich Journalismus machen wollte. So wurde ich eingeladen, mich hinzusetzen und ein Volontariat zu machen. Es war die so genannte romantische Zeit, ich steckte voller Ideale! Am Anfang habe ich Korrekturlesen gemacht. Dort hatte ich Mirel Ilieșiu als Kollegen, einen Filmregisseur. Ich habe also schon mit der Arbeit an der ersten Ausgabe der Zeitung »Scânteia« einen Fuß in die Redaktion gesetzt.“
In der Zeitung sprachen sich idealistische kommunistische Intellektuelle wie auch neuere Opportunisten mit extremer Gewalt gegen das bürgerliche Rumänien und die demokratische Gesellschaftsordnung aus. Einer der schärfsten Propagandisten war damals Silviu Brucan, der die gesamte Geschichte des Regimes erlebte und auch nach 1989 noch eine Zeit lang als Publizist tätig war. Radu Bogdan erinnerte sich an die „wachsame“ Tätigkeit der Presse in jenen Jahren, insbesondere die der Parteizeitung „Scânteia“, die vom marxistischen Soziologen Miron Constantinescu geleitet wurde.
„Matei Socor war nur einen Tag lang Leiter der »Scânteia«. Danach wurde er zum Rundfunk versetzt und wurde dessen Generaldirektor. Ein paar Tage nach den ersten Ausgaben der Parteizeitung bekamen wir Miron Constantinescu als Chef, er war gerade aus dem Gefängnis entlassen worden. Wir haben in der Redaktion oft nachts gearbeitet. Die ersten Tage schlief ich mit ihm auf der gleichen Matratze auf dem Boden, es gab nämlich keine Betten. Das erste Redaktionsbüro von »Scânteia« befand sich im Gebäude der eingestellten [rechtsgerichteten] Zeitung »Curentul«, die von Pamfil Șeicaru geleitet worden war. Zu dieser Zeit war ich auch der Leibwächter von Miron Constantinescu. Aber das war mehr Schein als Sein, weil ich nicht bewaffnet war. Doch Constantinescu ging jeden Tag zum Allgemeinen Gewerkschaftsbund und ihm war es etwas mulmig zumute, allein auf der Straße unterwegs zu sein, also nahm er mich immer mit, um ihn zu begleiten. Ich war damals ziemlich gut gebaut und ein hochgewachsener Mann. Doch wir wurden nie angegriffen. Aber ein paar Monate lang war ich wie sein Schatten.“
In den folgenden 40 Jahren war „Scânteia“ – ähnlich wie die Presseorgane der Schwesterparteien in den kommunistischen Ostblockstaaten – ein reines Propagandabüro, das die materiellen Entbehrungen und die brutale Verletzung der Menschenrechte verschleierte.