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November 1989: Der 14. Kongress der Kommunistischen Partei Rumäniens

Der 14. Kongress der RKP vom 20. bis 25. November 1989 wurde mit großem Interesse erwartet: einerseits von der rumänischen Bevölkerung, andererseits vom Ausland, das den Kongress als richtungsweisend für die Politik Ceauşescus betrachtete.

November 1989: Der 14. Kongress der Kommunistischen Partei Rumäniens
November 1989: Der 14. Kongress der Kommunistischen Partei Rumäniens

, 04.11.2013, 16:49

Noch nie war ein Kongress der einzigen Partei des Landes mit derartig gemischten Gefühlen erwartet worden: mit Interesse und Angst. In der Regel begegnete der Durchschnittsbürger den Kongressen und Konferenzen der Partei mit Ignoranz. Man nahm sie nur deswegen wahr, weil man von dem repressiven Parteiapparat dazu gezwungen wurde. Aber dieser Kongress stand unter dem Zeichen einer Beunruhigung, die Bevölkerung selbst hatte mitbekommen, wie die kommunistischen Regime in den Nachbarländern eines nach dem anderen gefallen waren. Weil das Regime von Ceauşescu aber auf immer und ewig verwurzelt schien, hegten die meisten Rumänen keine Hoffnungen auf einen friedlichen Umbruch. Die Pessimisten erhofften sich überhaupt keinen Umbruch.



Die rumänische Gesellschaft war damals ein Gefangener der eigenen Frustration, der eigenen Unfähigkeit, der fehlenden Visionen und Aktionen der politischen Klasse, der es nicht gelang, einen Nachfolger für den seit 1965 herrschenden Diktator zu finden. Ab 1974 war der Personenkult in der Politik des Regimes extrem gepflegt worden, in den 1980er Jahren fand er seinen Höhepunkt. Diese Jahre waren auch die unerträglichsten im Kommunismus. Vor dem Hintergrund der tiefen Systemkrise machte sich auch Ceauşescus irrationaler Ehrgeiz bemerkbar. Der Diktator träumte davon, dass Rumänien seine Auslandsschulden voll und ganz begleicht. Und das führte zu übertriebenen Sparma‎ßnahmen, die sogar die minimalen Mittel zur Subsistenz gefährdeten: die Nahrungsmittel und die Heizung im Winter.



Der Ingenieur Pamfil Iliescu arbeitete damals auf einer der grö‎ßten Industrieplattformen des Landes in den Schweridustriewerken 23. August“. Iliescu war auch Gewerkschaftsführer und deshalb ständig im Kontakt mit den Arbeitern und ihren Bedürfnissen. Die Stimmung hatte sich im beschleunigten Tempo verschlechtert, am schlimmsten waren die Auswirkungen auf die Psyche der Belegschaft. Das Zentrum für Mündliche Geschichte des Rundfunks hat den Ingenieur 2002 interviewt.



In den letzten 5-6-7 Jahren war die sinnlose Arbeit, die wir verrichteten, immer deutlicher zu spüren. Worauf stütze ich meine Aussage? Vor allem im Werk ‚23 August‘ war die Entwicklung verstärkt wahrzunehmen. Die Menschen arbeiteten, keine Frage. Die Probleme begannen aber mit den Jahren der massiven Investitionen. Man hat ja gesehen, vor allem in den letzten fünf Jahren, also Mitte der 1980er Jahre, dass alle Investitionen eigentlich vergeudetes Geld darstellten. Und ich kann Ihnen bestätigen, dass in unsere Abteilung massiv investiert wurde, insgesamt eine halbe Milliarde Lei. Das war sehr viel Geld damals. Es wären heute Millionen von Euro, wenn nicht mehr. Und von diesen Anlagen, die mehr als eine halbe Milliarde Euro gekostet hatten, kamen wir nicht einmal dazu, eine zu verwenden. Ich übertreibe hier nicht, gar nichts davon wurde benutzt!“



Die rumänische Industrie, in die sehr viel Geld investiert worden war, das meiste davon geliehen, sollte den Wohlstand der Gesellschaft sichern. Aber am Ende sollte sie sich als Mühlstein um den Hals der Wirtschaft des Landes erweisen. Die Ursache jener erheblichen Funktionsstörungen war die überbürokratische Logik des kommunistischen Regimes, wie Pamfil Iliescu bezeugt:



Ein absoluter Fehler, der generell verbreitet war, trat deswegen ein: Man gab dir eine Anlage und sagte dir: ‚Hier hast du das Ding! Das musst du in deinen Bestand aufnehmen. ‘ Und dann hast du die Anlage bekommen, sie konnte aber nicht in den Produktionsfluss aufgenommen werden. Man brauchte hier einen Anschluss, dort eine Änderung, drüben eine Anpassung. Und für diese Sachen fehlte eben immer das Geld! Das hei‎ßt, es war immer nur Geld da für den Aufbau, für die Entwicklung einer Anlage, so wie sie auf Ausstellungen zu sehen sind. Aber damit die Anlage auch in einen Produktionsfluss integriert werden konnte, dafür gab es keine Mittel mehr. Und dann ist jede dieser Anlagen, es waren viele und teuere Anlagen, geliefert und abgestellt worden. Aber die Anlage ist nie in Betrieb genommen worden, weil meine Vorgaben nie geändert worden waren.“



Die Handelsbeziehungen zu den anderen sozialistischen Ländern waren immer schwieriger geworden. Rumänien drohte zu einem geschlossenen Wirtschaftssystem zu werden. Es war eine Lagerfertigung und viele Unternehmensleitungen waren verpflichtet, Rohstoffe und Anlagen anzunehmen, die überhaupt nichts mit ihrem Tätigkeitsfeld zu tun hatten. Das Fass lief im Dezember 1989 auch deswegen über, weil der stumpfsinnige Nicolae Ceauşescu sich beim 14. Kongress nicht bereit zeigte, seine Machtstellung aufzugeben. Die ersten, die damals auf die Stra‎ße gingen, waren eben die Arbeiter von den gro‎ßen Industrieplattformen, sagt Pamfil Iliescu:



Es wurde bereits viel gemunkelt. Das hei‎ßt, das bewährte System war folgendes: Ich sage etwas während der Sitzung und etwas anderes, wenn ich den Saal verlassen habe. Was besprochen wurde, war eines, was getan wurde, etwas völlig anderes. Die Leute waren langsam verdrossen, auch weil der Samstag, der Sonntag als normale Arbeitstage galten, es gab keine freien Tage mehr. Und dabei konnte man sonntags produktiver arbeiten als unter der Woche, weil dir niemand mehr dazwischenredete! Viele Probleme wurden sonntags gelöst. Es gab sehr viele davon. Da waren einige Arbeiter, die sehr aktiv in der Partei waren. Allen voran die Fabriksmeister. Wenn man in die Abteilung ging und die Leute entspannten sich gerade, wurde sogar Kritik gegen das System geübt. Naja, es war nicht gerade die offenste Diskussion, aber es gab einen Riesenuterschied zwischen den Diskussionen während der Sitzungen und den Kollegengesprächen. Ohne zu übertreiben, viele haben von dem Kongress erwartet, dass er die Änderung bringt. Die Enttäuschung war gro‎ß, als man sah, dass alles beim Alten geblieben war. Denn inzwischen gab es Vorbilder in den Nachbarländern. Was den Gemütszustand anbelangt, die Stimmung war brisant… also es lag praktisch in der Luft. Ich glaube nicht, dass es viele gewundert hat, was danach geschehen ist.“



Einen Monat nach dem 14. Kongress der Kommunistischen Partei Rumäniens erkämpften sich die Rumänen ihre Freiheit und mussten dafür mit ihrem Blut bezahlen. November, der letzte Ball“ hei‎ßt der Film des Regisseurs Dan Piţa, hierzulande ein Synonym für die letzte Party vor einer Katastrophe. Eine Party, die jedes despotische Regime gibt, bevor es auf der Müllhalde der Geschichte landet.



Audiobeitrag hören:



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