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Kunst im Neolithikum: Die Cucuteni-Tripolje-Kultur

Die auf das Neolithikum zurückzuführende Cucuteni-Kultur weist auf eine der ältesten Zivilisationen in Europa hin. Das Dorf Cucuteni, von dem der Name der Kultur abgeleitet wurde, liegt im nordöstlich gelegenen Landeskreis Iaşi.

Kunst im Neolithikum: Die Cucuteni-Tripolje-Kultur
Kunst im Neolithikum: Die Cucuteni-Tripolje-Kultur

, 02.10.2017, 17:30

1884 wurden hier die ersten Funde aus der genannten Zeit ausgegraben. Die dort lebenden Menschen wurden demnach verallgemeinernd Cucuteni-Siedler“ (rum. cucutenieni“) genannt. Das Verbreitungsgebiet der Cucuteni-Zivilisation erstreckte sich auf 350.000 Km2. Siedlungsreste wurden auf das heutige Gebiet Rumäniens, im Norden der Republik Moldau und in der Ukraine entdeckt. Repräsentativ für die Cucuteni-Kultur ist die hochwertige Keramik.



Constantin Preoteasa arbeitet als Forscher im Museum der Cucuteni-Kultur in Piatra Neamţ, einer im Nordosten Rumäniens gelegenen Stadt. Die bisherigen Ausgrabungen, die auf Cucuteni-Siedlungen schlie‎ßen lassen, beziehen sich auf die Erwägung mehrerer sich überschneidender Zivilisationsschichten, erklärte der Forscher:



Nicht nur die Salzvorkommen lockten die Cucuteni-Siedler hierher, sondern viele andere natürliche Ressourcen. Die Überschneidung mehrerer Ausgrabungsstätten innerhalb der Cucuteni-Siedlungen ist eben auf diese Vielfalt zurückzuführen. Im Osten wurden Siedlungen ausgegraben, die eine beachtliche Grö‎ße erreichen — das sind die riesigen Tripolje-Siedlungen, wie sie die Ukrainer zu nennen pflegen. Es sind Ausgrabungsstätten, die eine einzige Siedlung aufdeckten, die allerdings von beachtlicher Grö‎ße ist. Die Siedlung bei Talianaki in der Region Uman erstreckt sich z.B. auf einer Oberfläche von 500 Hektar — ein riesengro‎ßes Gebiet für die damalige Zeit. Etwa 2.000 Bauten wurden durch geomagnetische Prospektion aufgefunden. Die Bauten sind planmä‎ßig in 12 konzentrischen Ringen angelegt. Man ging von einer Bevölkerung von 20.000 Menschen aus. Die Cucuteni-Siedlungen lassen allerdings nicht nur auf Wohnungen schlie‎ßen. Es wurden auch andere zum Haushalt gehörende Nebengebäude sowie Werkstätte für die Erzeugung unterschiedlicher Werkzeuge ausgegraben. Die damaligen Keramiker waren sehr begabt. Sie schufen die Keramikteile, die heutzutage in unserem Museum bewundert werden können. Au‎ßerdem wurden mehrere Kultbauten und Sanktuare aufgedeckt. Diese waren vermutlich die bedeutendsten Konstruktionen der Cucuteni-Bewohner.“




Die Cucuteni-Kultur umfasst zwei Hauptrichtungen: die dekorative Kunst, die auf Spiralmotive setzt, und die plastische Kunst, die überwiegend anthropo- und zoomorphe Figuren darstellt. Dazu Constantin Preoteasa:



Innerhalb der Cucuteni-Kultur können zwei verschiedene Entwicklungsphasen deutlich unterschieden werden. Die erste Entwicklungsphase ist auf den Zeitraum zwischen 5000 und 4000 v. Chr. zurückzuführen. Die zweite Etappe beginnt um etwa 4000 v. Chr. und dauert rund 500 Jahre. Aus der ersten künstlerischen Zeitspanne stammen hauptsächlich weniger gro‎ße Keramikgefä‎ße, mit zwei- oder dreifarbigen Dekorationen. An diesen Keramikteilen können verschiedene dekorative Ein- und Ausschnitte erkannt werden. Die Dreifarbigkeit der Cucuteni-Kultur setzte insbesondere auf drei Farben — wei‎ß, rot und schwarz. Wurden die Keramikteile nur zweifarbig ausgemalt, so wurde entweder die Farbenkombination wei‎ß/schwarz oder wei‎ß/rot gewählt, jedoch niemals rot/schwarz. Zu Beginn wurden die Motive erst nach der Verbrennung auf die Keramikgefä‎ße gemalt — das Verfahren der sogenannten rohen Malerei. Aus diesem Grund blieben nur wenige Keramikteile erhalten und die Dekorationen verblassten mit der Zeit. Später verbesserten die Kunsthandwerker ihre Technik. Sie malten die Motive vor der Tonverbrennung auf den Gefä‎ßen. Die so erzeugten Keramikteile blieben viel besser erhalten. Die Qualität dieser Artefakte ist hervorragend.“




Constantin Preoteasa zeigte ferner auf, wie die Cucuteni-Keramik hergestellt wurde.



Bei allen modernen Mitteln, die uns heute zur Verfügung stellen, ist die Qualität der heutigen Erzeugnisse niedriger. Und es gibt auch heute traditionelle Handwerker, die um Nachbildungen der Cucuteni-Artefakte bemüht sind. Menschliche Gemeinschaften haben es im Laufe der Zeit nie wieder geschafft, eine Feinarbeit von derartiger Qualität zu erreichen wie die Handwerksmeister von Cucuteni. Alle namhaften Stücke sind aus einer sehr feinen und zugleich dichten Paste hergestellt. Auch wenn die Gefä‎ße etwas kleiner sind, ist ihr Gewicht aufgrund der Dichte und der gleichmä‎ßigen Tonverbrennung sehr hoch. Die Verbrennung fand in den Flammofen statt, dort gab es aber keinen Kontakt zwischen den Gefä‎ßen und dem Feuer — die Erwärmung im Ofen fand mittels der hei‎ßen Dämpfe aus der Flammkammer unter der Trittplatte statt, aus dem Untergeschoss würde man heute sagen. Auf der Platte wurde eine sehr solide Tondecke gebaut, mit Löchern, auf der die Gefä‎ße lagen. Durch die Strahlwärme der hei‎ßen Luftströme erreichte man Temperaturen von bis zu 900 Grad Celsius, so wurden die Gefä‎ße gebrannt. Am Anfang gab es noch diese Gefä‎ße in Grau und Schwarztönen, die im sogenannten Reduktionsbrand entstanden, mit einer geringeren Widerstandskraft. Die Gefä‎ße werden aber generell mit viel Sauerstoff gebrannt. Dieser Tatsache verdanken sie die schönen, gelblich-braunen Töne.“




Die spirituellen Repräsentationen der Cucuteni-Bewohner kreisten rund um die Numerologie, wei‎ß Constantin Preoteasa noch.



Die Zahl 12, genauso wie die 3, 7, 9, 21 — das ist nicht zufällig. Jede Zahl hat einen symbolischen Wert, uns entgehen heute jene Werte. Das ist bei der 4 oder der 6 genauso. Auf der berühmten »Hora von Frumuşica« gibt es sechs Karyatiden mit menschlichem, weiblich stilisierten Antlitz, die wie in einer Hora, einem ritualischen Rundtanz miteinander verfangen sind und die man von hinten sieht. Auf anderen Horen, etwa der von Bereşti im Landkreis Galatz, sind es nur vier Karyatiden. Aber bei einigen traditionellen Völkern gibt es die Auffassung, dass es zwei Sonnenaufgänge und zwei Untergänge gibt. Und dann gibt es nicht mehr vier, sondern sechs Himmelsrichtungen. Genauso ist es mit den Verbindungselementen vom Krongefä‎ß, es sind drei insgesamt, beim anderen Gefä‎ß vier. Ein Gefä‎ß mit sogenannten Kolonetten hat drei angewinkelte Verbindungselemente, ein anderes Gefä‎ß, das auch das Logo unserer Institution darstellt, hat vier. Und wenn wir vier solcher künstlerischen Produkte haben oder wenn wir vier kleine Statuen in den Kultstätten entdecken, dann sind sie meist nach den Himmelsrichtungen aufgestellt.“




Die Cucuteni-Kultur ist also eine höhere Kunstform des Neolithikums. Gleichzeitig sind die urkundlichen Erwähnungen über die Praktiken, den Glauben und die sozialen Beziehungen der Cucuteni-Zivilisation nach wie vor geheimnisvoll.




Deutsch von Alex Sterescu

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