Heldinnen des antikommunistischen Widerstands (1950er-60er Jahre): Elisabeta Rizea
In den Gebirgen Rumäniens hat sich schon beginnend mit dem Herbst 1944 ein antikommunistischer und antisowjetischer Widerstand gebildet. Zu diesem Widerstand in den rumänischen Karpaten gehörten Militärs, Studenten, Landwirte, Arbeiter, Männer und Frauen.
Steliu Lambru, 29.07.2013, 13:00
In den Gebirgen Rumäniens hat sich schon beginnend mit dem Herbst 1944 ein antikommunistischer und antisowjetischer Widerstand gebildet. Zu diesem Widerstand in den rumänischen Karpaten gehörten Militärs, Studenten, Landwirte, Arbeiter, Männer und Frauen. Erst nach der Wende haben die Rumänen erfahren, dass auch Frauen Teil der Widerstandsbewegung waren. Dank der TV-Sendung Memorialul Durerii“ (zu deutsch: Denkmal des Leidens) wurde die Landwirtin Elisabeta Rizea aus der Gemeinde Nucşoara, Landkreis Argeş, dem breiten Publikum bekannt.
Wenn wir heutzutage objektiv urteilen, könnten wir sagen, dass Elisabeta Rizea nichts Heldenhaftes unternommen habe. Sie hat an keiner Front gekämpft, hat niemandem das Leben gerettet, hat sich nicht aufgeopfert, damit jemand überlebt. Sie hat aber etwas anderes geschafft: Sie hat ihre Prinzipien eingehalten. Elisabeta Rizea hat nicht gelogen, hat ihre Nachbarn oder ihre Verwandte für die Securitate, die kommunistische Sicherheitspolizei, nicht bespitzelt. Sie hat niemals die Hoffnung verloren, dass die Gerechtigkeit siegen werde. Elisabeta Rizea stand auf der Seite derer, die für die Wahrheit und Gerechtigkeit kämpften und hat ihnen auch geholfen: Sie hat die Widerstandskämpfer mit Lebensmitteln versorgt und hat sie vor ihren Verfolgern beschützt.
Elisabeta Rizea verkörperte den anständigen Bauern, der sein kleines Universum — Eigentum, Familie, Glaube — verteidigt hat. Dafür musste sie 12 Jahre im Gefängnis verbringen. Im Jahr 2000 hatte das Zentrum für mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks die Ehre, Elisabeta Rizea zu interviewen. Sie war damals 88 Jahre alt. Sie erzählte über die Partisanen-Gruppe Arsenescu-Arnăuţoiu.
Ich misch‘ mich in die Politik nicht ein, ich bin eine anständige Frau. Wenn man Rumäne ist, warum soll ich dann auf der Seite eines anderen Landes stehen und nicht auf der Seite meiner Rumänen? Ich habe sie [die Partisanen] nicht direkt getroffen. Wir hatten eine Weide, die hatte eine Baumhöhle, und sie diente als Postkasten. Wenn ich die Armee vorbeimarschieren sah, schrieb ich auf einen Zettel: ‚Vorsicht, die Armee kommt!‘ Wenn die Securitate-Offiziere kamen, denn sie kamen und beobachteten mich, hängte ich einen Krug an die Wand. Was die da drüben diskutierten, hörte ich aus dem anderen Zimmer. Ich schlich mich gleich weg. Ich hatte eine Leiter, ging die Leiter runter und steckte den Zettel in die Baumhöhle. Und die Jungs um Herrn Kapitän Arnăuţoiu fanden den Zettel und er las die Nachricht. Ich teilte ihm mit, wo sich die Armee aufhält, wo sie das Essen finden.“
Laut ihren eigenen Aussagen wurde Elisabeta Rizea während der Ermittlungen gegen sie bewusstlos geschlagen. Ihre Haare hingen an einen Haken. In den Momenten machte sie mit der Zunge ein Kreuzzeichen und betete an Gott, nichts von dem, was sie wusste, verraten zu müssen. Elisabeta Rizea erinnert sich an die Besuche der Securitate vor ihrer Verhaftung:
Ich hörte immer den Mann von der Securitate mit seinen Stiefeln auf den Holzbrettern treten. Wenn ich die Stiefeln hörte, hatte ich Angst, mein Herz schlug stark. Da dachte ich: Jetzt holen sie mich, sie werden mich erschießen. So habe ich [in ständiger Angst] gelebt, warum soll ich da lügen. Sie machten die Lampe stärker, ließen mich aufstehen und fragten mich über sie [die Partisanen] aus. Und ich sagte ihnen, ich wüsste nichts. Ich habe ihnen nichts gesagt. In dem Zimmer habe ich geschworen — auf dem Tisch lagen das Evangelium und das Kreuz. Ich habe das Kreuz in die Hand genommen und auf die Bibel geschworen. Oberst Arsenescu war auch da, Herr Tomiţă (Arnăuţoiu) war auch da und einige Ärzte. Alles gebildete Menschen. Ich habe geschworen, sie nie zu verraten. Und das habe ich auch eingehalten.“
Vor mehr als 200 Jahren sagte der irische Philosoph und Staatsmann Edmund Burke (1729-1797): Damit das Böse siegt, müssen die Guten nichts tun.“ Im Fall von Elisabeta Rizea haben aber die guten Menschen die bösen unterstützt. Die Nachbarn haben sie bespitzelt und der Securitate berichtet. Sie wurde verhaftet. 1963 wurde sie aus der Haft entlassen und überlebte auch das politische Regime, das ihre Existenz geprägt hat.
Der Einfluss Elisabeta Rizeas auf die öffentliche Meinung in Rumänien war sehr groß, insbesondere in den 1990er Jahren und Anfang des 21. Jahrhunderts. Als man den Vorschlag machte, ein Denkmal für den nationalen antikommunistischen Widerstand zu errichten, hat die rumänische Zivilgesellschaft sofort an eine Statue von Elisabeta Rizea gedacht.
Im Jahr 2003 verließ die 91-jährige Bäuerin Elisabeta Rizea diese Welt und hinterließ die Erinnerung an ihre Würde. Ein kleines Beispiel dafür, wie ein Mensch gequält, gedemütigt, gepeinigt, aber niemals besiegt werden kann.
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