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Gheorghe Gheorghiu-Dej, Vertreter des Stalinismus in Rumänien

Dej war der Vertreter des Stalinismus in Rumänien. Historiker attestieren ihm eine unrühmliche Rolle in der Zerstörung der rumänischen Demokratie.

Gheorghe Gheorghiu-Dej, Vertreter des Stalinismus in Rumänien
Gheorghe Gheorghiu-Dej, Vertreter des Stalinismus in Rumänien

, 21.09.2015, 17:32

1965 starb Gheorghe Gheorghiu-Dej, der erste kommunistische Anführer Rumäniens. Er war einer der Hauptverantwortlichen für die 1945 unter Aufsicht der Roten Armee begonnene Sowjetisierung des Landes und ein Exponent der totalitären Politik rund um die kommunistische Einheitspartei. Historiker attestieren ihm eine Aktivität als Agent der Komintern in der Zwischenkriegszeit und eine unrühmliche Rolle in der Zerstörung der rumänischen Demokratie nach dem Krieg.




Gheorghe Gheorghiu-Dej wurde 1901 in einer Arbeiterfamilie geboren. Er heiratete — damals selbstverständlich — jemand aus dem eigenen Milieu, eine Arbeiterin. Dej arbeitete bei den Griviţa-Werken der rumänischen Eisenbahn CFR als Elektriker. Mit 29 im Jahre 1930 schrieb er sich in die Kommunistische Partei ein. Dej wurde 1933 wegen seiner Rolle im Streik von Griviţa verhaftet. In den 1940er Jahren teilte er die Gefängniszelle mit Nicolae Ceauşescu, seinem späteren Nachfolger als Staats- und Parteichef. Nach dem Frontenwechsel Rumäniens am 23. August 1944 wurde Dej befreit und zum Führer der Kommunistischen Partei.



Ştefan Bârlea, Jahrgang 1934, ehemaliger Kader der Kommunistischen Partei Rumäniens (PCR), hat beide Diktatoren kennengelernt. Im Jahr 2002 interviewten ihn unsere Kollegen von der Rundfunk-Abteilung für mündlich überlieferte Geschichte. Im folgenden erinnert er sich an die Machtergreifung von Dej und an die Umstände, unter denen Ceauşescu sein Nachfolger wurde.



Das System hat zwei Posten für den Leiter der Partei und des Staates geschaffen: Dej und Ceauşescu. Meine Meinung ist, dass andere Führer, egal ob sie besser oder schlechter gewesen wären, die wesentlichen Eigenschaften des Systems nicht verändert hätten. Wer die Geschichte des 20. Jahrhunderts kennt, kann sehen, dass in zahlreichen Ländern eine ähnliche Doppelbesetzung wichtiger Ämter stattgefunden hat. Der Schöpfer der wirtschaftlichen und politischen Strukturen im Rumänien der Nachkriegszeit war Gheorghiu-Dej. Er hat Ceauşescu erschaffen. Ich glaube, Dej war überzeugt, dass die Partei die beste Lösung bezüglich seines Nachfolgers finden wird. Deshalb hat er keinen Nachfolger ernannt. Das ist allen autoritären Führern typisch. Stalin, Lenin oder Mao haben nach meinem Wissen ebenfalls die Aufgabe der Partei überlassen.“




Dej war ein schlauer und grausamer politischer Führer, der sogar davor nicht zurückschreckte, seine Gegner physisch beseitigen zu lassen. Einige behaupten, der Tod des kommunistischen Politikers Ştefan Foriş im Jahre 1940 sei von Dej angeordnet worden. Die Hinrichtung von Lucreţiu Pătrăşcanu, eines weiteren kommunistischen Aktivisten, war ebenfalls von Dej geplant worden. Die Beseitigung der von Ana Pauker geleiteten Gruppierung war ebenfalls Dejs Werk. Er war ein Befürworter der Sowjetisierung Rumäniens und hatte auch einen entscheidenden Beitrag am späteren Versuch der rumänischen Kommunisten, sich von der Sowjetunion ab 1960 zu distanzieren. Einigen Spekulationen zufolge sei Dej deswegen während einer Moskau-Visite vorsätzlich atomarer Strahlung ausgesetzt worden, woran er dann gestorben sei. So soll die Sowjetunion versucht haben, die Distanzierung Rumäniens von Moskau zu verhindern. Ştefan Bârlea dazu:



Ich spürte, dass Gheorghiu-Dej ein Wort in der Wirtschaft zu sagen hatte. Nach 1945-1946 bekleidete er verschiedene Führungsämter in bedeutenden Ministerien. Er war erster Vizepräsident der Regierung und leitete die Ausschüsse für den Wiederaufbau der Wirtschaft. Dej beförderte zahlreiche Mitglieder des Politbüros der Partei in die Regierung Rumäniens, die im Zeitraum 1952 – 1955 von ihm geleitet wurde. Damals traten drei Minister zurück, der Finanzminister Vasile Luca, die Au‎ßenministerin Ana Pauker und der Innenminister Teohari Georgescu. Gheorghiu-Dej verbuchte zwei Erfolge gleichzeitig: Er schaffte es, die Leitung der Partei und die Regierung von seinen Gegnern zu säubern. Praktisch hat er die Regierung übernommen und dann den Ministerpräsidenten Groza zum Vorsitzenden des Präsidiums der Gro‎ßen Nationalversammlung ernannt.“




Ştefan Bârlea erinnert sich, dass Nicolae Ceauşescu als Favorit unter den möglichen Nachfolgern von Dej galt:



Alle wussten, dass Dej krank war, dass er einen Harnblasen-Polypen hatte und einer Operation unterzogen worden war. Niemand kannte aber seinen genauen Gesundheitszustand, vielleicht nur die Leute in seinem engsten Umkreis. Die letzte Sitzung des Zentralkomitees der Union der Kommunistischen Jugend fand einen Monat vor Dejs Tod statt. Ceauşescu, damals Leiter der Jungkommunisten, war sehr müde. Wir hatten einen Bericht vorbereitet, Trofin war erster Sekretär, und wir wollten Rechenschaft ablegen. Ceauşescu hat uns kaum zugehört und sprach in einem fort über die Rolle und Bedeutung der Jugend. Sie sei die Kader-Reserve der Partei, sagte er. Erst nach dem Tod von Gheorghiu-Dej habe ich begriffen, worüber er eigentlich sprach. Er warb im Unterton um Unterstützung, um die Führung der Partei zu übernehmen. Wir bei der Jugendorganisation waren alle ohnehin überzeugt, dass Ceauşescu der Nachfolger von Gheorghiu-Dej sein wird. Und genau so kam es.“




Gheorghe Gheorghiu-Dej starb am 19. März 1965 in Bukarest. Die Parteiführung (später auch die Staatsführung) übernahm für die kommenden knapp 25 Jahre Nicolae Ceauşescu.

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