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Gewerkschaften im Kommunismus: Treibriemen der Partei

Nach der Machtergreifung der Kommunisten 1945 änderte sich die Rolle der Gewerkschaften in der rumänischen Gesellschaft radikal. Frei nach Lenins These wurden sie zum Treibriemen der Parteipolitik.

Gewerkschaften im Kommunismus: Treibriemen der Partei
Gewerkschaften im Kommunismus: Treibriemen der Partei

, 04.01.2016, 17:30

Die Rumänische Kommunistische Partei (PCR) hat mit Hilfe der roten Armee und anderer Institutionen und Mechanismen die Macht in Rumänien ergriffen. Einer dieser Mechanismen war die gewerkschaftliche Bewegung. Vor dem Krieg waren die Gewerkschaften echte Vereine der Arbeiter, deren Aufgabe es war, ihre Interessen gegenüber den Arbeitgeberverbänden zu vertreten. Mitglieder der rumänischen Gewerkschaften waren meistens Menschen, die den Sozialisten nahe lagen, so wie in ganz Europa. Nach 1945 änderte sich alles, auch die Aufgabe der Gewerkschaften — nach Lenins These, Gewerkschaften haben der Treibriemen der Parteipolitik zu sein. Ihre Rolle war, die Entscheidungen der Partei an die Volksmassen zu übermitteln. Mit anderen Worten übersetzte die Gewerkschaft den einfachen Leuten, die sich nicht mit der Politik beschäftigten, was die Partei von ihnen verlangte.



Im Kommunismus kontrollierte die Partei die Gewerkschaften. Es gab auch viele Scherze betreffend die Beziehungen zwischen der Partei und den Gewerkschaften. So lautete einer der Scherze: Der Partei-Genosse hat gegessen, aber nicht bezahlt, während der Gewerkschafts-Genosse gezahlt, aber nicht gegessen hat.“ Vlad Nisipeanu war Parteiaktivist und hat Ämter in der Gewerkschaft bekleidet. In einem Interview von 1999 mit dem Zentrum für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks hat er über die Beziehungen zwischen Partei und Gewerkschaft berichtet:



Am Anfang hatte die Partei wenige Mitglieder, und wenn sie dich nicht im Griff hielt, hielt dich die Gewerkschaft im Griff. Du musstest eine Gebühr bezahlen und hast Aufgaben bekommen. Es gab Landkreise und Kommunen und manche grö‎ßere Dörfer, in denen die Gewerkschaft stärker als die lokale Partei-Filiale war. Der Gewerkschaftsleiter war Mitglied im Parteibüro, der lokale Parteivorsitzende war Mitglied im städtischen Parteibüro, der Vorsitzende des Parteivereins in einem Werk war auch in der Leitung des Werks. Manchmal hing es von der Gewerkschaft ab, ob du eine Wohnung bekamst. Andere Male konnte die Partei jemanden nicht entlassen, wenn die Gewerkschaft sich widersetzte. Die Gewerkschaft schickte dich zu Schulungen, sie gab Kredite, Boni und Urlaubs-Voucher. Die Gewerkschaft half dir, aufzusteigen, sie war eine Macht damals.“




Die Pflicht, Gewerkschafts-Mitglied zu sein, stellte einerseits eine Möglichkeit dar, die Massen von Arbeitern zu kontrollierten, durch die einbezahlten Gebühren kam aber auch viel Geld zusammen. Vlad Nisipeanu:



Die Gewerkschaften verfügten über viel Geld, die Gewerkschafts-Gebühren lagen bei 1 oder 2% vom Lohn, und im ganzen Land gab es 6-7 Millionen Gewerkschaftler, Sie können sich vorstellen, wieviel Geld zusammen kam! Es wurde nicht das ganze Geld ausgegeben. Den Gewerkschaften ging es damals gut. Mir gefiel es da. Ich sprach mit den Polen, den Tschechen, den Bulgaren, wir sprachen alle auf Russisch. Ich reiste ein paar Mal nach Moskau, nach Bulgarien, nach Warschau, in die ČSSR, in alle sozialistischen Staaten. 1963 haben sie mich nach Korea geschickt. Die Gewerkschaften brachten auch Zeitschriften und Zeitungen heraus. Die Gewerkschaft war eine Macht, aber natürlich wurde sie von der Partei ausgenutzt.“




Die rumänischen Gewerkschaften organisierten auch Kongresse, zu denen auch kommunistische Aktivisten aus dem Westen eingeladen wurden. Vlad Nisipeanu darüber:



Bei den Kongressen hatten wir Gäste aus dem Ausland, aus den kapitalistischen, westlichen Ländern. Da kam einmal eine schöne junge Frau zu einem solchen Kongress, sie war Journalistin und Gewerkschafts-Aktivistin in Chile. In ihrer Heimat durfte sie nicht sagen, sie würde in ein kommunistisches Land reisen, daher hat sie ein Visum für Spanien oder Frankreich beantragt. Von dort ist sie zu uns gekommen. Am nächsten Tag erschien aber ihr Name in der Zeitung. Ich selbst habe versucht, das zu vermeiden, da sind aber auch Fotos veröffentlicht worden. Es gab auch ein weiteres Problem. Meine Leute, die die Gäste am Flughafen empfingen und sie zum Hotel fuhren, haben nicht gemerkt, dass ihr Pass gestempelt wurde. Was hätte sie bei ihrer Rückkehr dann noch mit ihrem Pass machen sollen? Man hätte sie gleich gefragt, was sie in einem kommunistischen Land zu suchen hatte und man hätte sie verhaftet. Sie war ein hübsches, sympathisches Mädchen. Bei der Abreise habe ich ihr geraten, im Flugzeug den Pass ins WC wegzuschmei‎ßen. So zahlte sie eine Geldstrafe von 5 Dollar, aber konnte den Pass mit dem rumänischen Stempel loswerden und so keine Probleme bekommen.“




Die rumänischen Gewerkschaften in der kommunistischen Periode waren ein Abbild des Staates und der Gesellschaftsordnung zu der Zeit. Sie hatten viel Macht, und die einfachen Menschen empfanden sie nicht als ihre Interessens-Vertretung, sondern als Instrumente des Regimes.

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