Gegenkultur im kommunistischen Rumänien: subtile Ironie und kontrollierte Subversion
Das kommunistische Regime in Rumänien hatte strenge Vorschriften in allen sozialen Bereichen erlassen, die Kultur war keine Ausnahme von der Regel.
Steliu Lambru, 16.12.2019, 17:30
Diese Vorschriften wurden von den kommunistischen Aktivisten, die für Kultur und Zensur zuständig waren, geschrieben. Sie zielten zwar überwiegend auf die Hochkultur ab, doch die nicht herkömmlichen Kulturformen wurden an den Rand gedrängt und materialisierten sich meist in das, was wir als Gegenkultur kennen.
Neben Klassik und Opernmusik manifestierte sich die Gegenkultur vor allem in den Bereichen Rock, Jazz, Blues und Volksmusik. Die Popmusik erwies sich damals als die konformistischste in der kommunistischen Zeit, streng nach dem Kanon. Künstler, die versuchten, Stile außerhalb des Kanons anzunehmen, gab es aufgrund des schwierigen Zugangs zu den Inspirationsquellen recht wenige. Aus diesem Grund waren Versuche, durch Musik Botschaften zu vermitteln, die nicht den offiziellen kulturellen Richtlinien entsprachen, damals eher selten.
Dennoch entstand die Gegenkultur aus dem Bedürfnis der Menschen nach Freiheit im Schöpfungsprozess. Ihre Inspirationsquellen wie Beatmusik, Rock, Blues und Jazz aus dem Westen wurden zusammen mit anderen westlichen Produkten, die auf dem kommunistischen Markt wirklich schwer zu finden waren, wie Kleidung, Kosmetik und Schmuck, nach Rumänien geschmuggelt. Neben all diesen Gütern schmuggelten ausländische Studenten Vinylplatten nach Rumänien — mit Musik, die im Ausland produziert wurde.
Eine weitere Inspirationsquelle für die musikalische Gegenkultur Rumäniens waren die Jazz- und Rockmusikprogramme von Willis Conover und Cornel Chiriac, die von den Sendern Voice of America bzw. Radio Freies Europa ausgestrahlt wurden.
Noch wichtiger als die Musik war die Poesie, und die von der damaligen rumänischen Gegenkultur vorgeschlagenen Verse hatten die Ironie als Hauptmerkmal, um Ideen und kritisches Denken zu stimulieren. Der starke Lebensmittelmangel und die extrem düstere Atmosphäre der 1980er Jahre waren eine wichtige Inspirationsquelle für die nonkonformistischen Dichter der damaligen Zeit. Obwohl das kommunistische Regime schließlich ein paar Zugeständnisse machte, die die Jazzfestivals von Sibiu (Hermannstadt) und Costineşti erlaubten, war die düstere Realität überall sichtbar. Der Historiker Sorin Antohi erinnert sich an diese düstere Zeit in der Geschichte Rumäniens.
Ich erinnere mich an eine Episode aus der Zeit der schweren Nahrungsmittelknappheit, die Rumänien damals in der kommunistischen Epoche heimsuchte. Ich war gerade vom Jazzfestival in Sibiu im Jahr 1980 mit ein paar Freunden zurückgekehrt. Wir waren auf dem Weg nach Iaşi im Nordosten Rumäniens und mussten in Ploieşti, im Süden, umsteigen. Während wir die Stadt durchquerten, um zu einem anderen Bahnhof zu gehen, sahen wir Menschen in der Nähe eines der größten kommunistischen Supermärkte, die sich drängten und schubsten, um Butter zu kaufen. Wir sahen kleine weiße Pakete in der Luft fliegen und wussten zunächst nicht, was es war. Dann stellten wir fest, dass die Kommunisten die 200-Gramm-Pakete Butter in zwei Hälften geschnitten hatten, damit sie an so viele Kunden wie möglich verkaufen konnten. Die Leute, die wir sahen, kämpften also heftig für 100 Gramm Butter.“
Im kommunistischen Rumänien führte die Zensur bestimmte Formen des musikalischen Ausdrucks ein, was einige der Künstler dazu veranlasste, zu versuchen, sie zu vermeiden. Einer dieser Künstler war der Architekt und Sänger Alexandru Andrieş, ein Aushängeschild der musikalischen Gegenkultur in den 1970er und 1980er Jahren. Zwei seiner Songs waren durchschlagende Hits, nämlich Was für eine schöne Stadt“ und In den Nachrichten“. Im ersten Song deutete Andrieş auf die allgegenwärtige Existenz von Fabriken und Industriewerken hin, die überall zu sehen waren und gegen die Prinzipien und Trends der modernen Städtebauplanung verstießen. Gleichzeitig enthielt der Text des Liedes ironische Kommentare, die sich an die Privilegierten des Regimes richteten, die in Stadtvierteln lebten, die weitaus besser versorgt waren als die Schlafstätten der Durchschnittsbürger. Der zweite Song, In den Nachrichten“, war kein subversiver Song, sondern ein Pastiche. Das Lied wurde später, in den 1980er Jahren, subversiv, als die Nahrungsmittelkrise die rumänische Bevölkerung traf. Im Text wird das Wort Telejurnal“ (Nachrichtensendung im Abendprogramm des damaligen Fernsehens) auf caşcaval“ (Gelbkäse nach Emmentaler Art) gereimt, den man nur noch in Propagandasendungen im Fernsehen erblicken konnte, denn in den Läden gab es fast nichts mehr zu kaufen.
In einer kürzlich abgehaltenen Konferenz erinnerte sich Alexandru Andrieş daran, wie er eine Leidenschaft für die Musik entwickelte, die den Mainstream herausforderte oder verballhornte:
Ich muss zugeben, dass es einerseits reines Glück war, als die Schwester meiner Mutter, meine Tante, 1966 durch Heirat in die USA auswanderte. Und so hatte ich Zugang zu Büchern und LPs, die hier unerreichbar waren. Ich erinnere mich, dass das Smithsonian Museum eine Art Vinylausgabe amerikanischer traditioneller Musik herausgegeben hat, eine Enzyklopädie, es gab Aufnahmen von 1900 bis heute, mit der Musik von Afroamerikanern, die Blues sangen, mit der Musik der Indianer. Ich wollte diese Enzyklopädie haben und ich wusste nicht, dass es sich tatsächlich um eine Box mit Vinyl-LPs handelte, die sehr schwer wog. Kein Wunder also, dass die Behörden mich herbeigerufen haben, um ihnen zu sagen, was das mit der großen Kiste war, die ich aus den USA erhalten hatte.“
Englisch war ein wichtiger Bestandteil der musikalischen Gegenkultur. Andrieş erinnerte sich, dass der Musiklehrer im Unterricht ziemlich oft einen Plattenspieler mitbrachte und die Musik von den Rolling Stones spielte. Für Andrieş sorgte jedoch die Tatsache, dass Englisch die Sprache der Lieder war, für große Unzufriedenheit, und das beeinflusste den Künstler stark.
Mich störte ungemein, dass ich nicht auf Rumänisch hören konnte, was ich in anderen Sprachen hörte. Und ich wurde deswegen sauer. Natürlich interessierte mich die rumänische Unterhaltungsmusik überhaupt nicht, mit all ihren langweiligen Texten und mit all den Leuten, die ihren Lebensunterhalt damit verdienten, solche Lieder zu schreiben, Songwritern und Sängern, die keine Probleme mit der Zensur hatten. In der damaligen rumänischen Unterhaltungsmusik gab es nur zwei Varianten: Entweder gab es Texte, die nichts Besonderes vermittelten, oder es gab Gedichte von klassischen rumänischen Dichtern, deren Werk veröffentlicht worden war. Und das war der Hauptgrund, warum ich mir sagte, warum nicht einige Songs so schreiben, wie ich sie gerne hören würde. Ich hätte nie gedacht, dass ich sie live vor dem Publikum singen würde.“
Die Produkte der musikalischen Gegenkultur der 1980er Jahre waren eine Zeitlang auch nach 1989 noch beliebt. Und das nicht aufgrund der Relevanz, die sie heute — noch? — haben mögen, sondern wegen ihres damaligen subversiven Wertes.