Feldpost aus dem Ersten Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg hat die Welt von Grund auf verändert. Nie in der Geschichte prallten bis zu dem Zeipunkt größereMengen von Mensch und Material aufeinander.
Steliu Lambru, 05.01.2015, 06:31
Feldpostbriefe sind eine extrem wichtige Quelle für die historische Forschung, da sie Aufschluss über die Erfahrungen und Erlebnisse sowie den Gemütszustand von Soldaten an der Front geben. Das Nationale Militärmuseum in Bukarest verfügt über eine Sammlung von rund 120 Briefen und Postkarten von rumänischen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg. Die Historikerin und Museographin Carla Duţă begleitet das Publikum auf der Reise durch die schriftlich festgehaltenen Gefühle, Schmerzen und Hoffnungen der Soldaten, die vor 100 Jahren kämpften und für ihre Werte den Tod in Kauf nahmen.
Die rumänischen Soldaten schreiben vor allem an ihre Familien — Frauen, Mütter, Kinder. Ein gutes Beispiel ist ein Satz Feldpostkarten, die der Oberst Alexandru Stoenescu vom 10. Infanterieregiment an seine Frau schrieb. Sie beginnen mit der Anrede ‚ Liebe Lunca‘ und enden mit ‚es umarmt Euch alle voller Liebe, Alexandru‘. Sämtliche Postkarten stammen aus dem Jahr 1916, als der Oberst in der südlichen Dobrudscha kämpfte und dort auch leicht verletzt wurde. Ich lese kurz aus einem der Briefe vor: ‚Liebe Lunca, ich bin gesund. Mit Gottes Hilfe hat sich das Regiment in der Schlacht vom 6. September 1916 ausgezeichnet gehalten und wurde im Armeebefehl ehrenvoll erwähnt. Ich bin seelisch zufrieden. Wie ich bereits geschrieben habe, ging eine Kugel durch mein linkes Ohr. Die Wunde ist fast verheilt. Es freut mich, dass die Kinder brav sind und meinem Rat folgen. Geben Euch die Zeppeline zu schaffen? Wir stehen hier den ganzen Tag unter Artilleriebeschuss. Es umarmt Euch alle, Alexandru.‘“
Carla Duţă zeigt uns, was die Menschen bewegte, die an vorderster Front unter den größten Entbehrungen litten.
Die rumänischen Soldaten an der Front waren – so wie es die in der Feldpost an die Familie mitgeteilten Gefühle, Erlebnisse und Hoffnungen offenbaren – vom nationalen rumänischen Ideal beseelt. Zugleich waren sie aber auch voller Sorge für ihre Familien, die ohne Unterstützung und in prekären Situationen zurück geblieben waren. Hier einige Worte aus dem Brief von Pascal Rădulescu aus dem Feldzug von Flămânda von 1916. ‚Dieses Bild werde ich nie vergessen: ich stand zur Hälfte im Wasser, am Ufer, das Maschinengewehr von einer Kugel zerschmettert, in meinen Armen ein lieber, treuer Unteroffizier, den eine Kugel am Kopf getroffen hatte. Dann befahl ich dem Trompeter, zum Angriff zu blasen und stürmte, benommen, mit leerer Hand voran.‘ Aus diesen Zeilen klingen bis heute der Stolz der Soldaten, ihr Optimismus und Glaube an Gott. Ich zitiere aus einem weiteren Brief: ‚Deutsche und Bulgaren versuchten in Todesangst vor den Bajonetten zu flüchten. Aber wehe dem, den der Gewehrkolben des Rumänen erwischte.‘“
Für die Historikerin sind die in den Briefen enthaltenen Beschreibungen eine sehr gute Hilfe zur Veranschaulichung von Szenen aus dem Krieg:
Es gibt in manchen der Briefe eindrucksvolle Beschreibungen von Kriegsszenen. Die besten davon sind in Feldpostbriefen zu finden, denn der begrenzte Platz auf den Postkarten ließ wenige Einzelheiten zu. Und trotzdem gibt es einige der besten in dem eingangs erwähnten Satz Feldpostkarten von Oberst Alexandru Stoenescu. Zum Beispiel: ‚Am 6. September 1916 ging das Regiment in die Schlacht. Ein harter Kampf, wie es ihn bis jetzt noch nie gab. Das Regiment ist nur noch bei halber Stärke. Gott hat mich aber beschützt. 20 Offiziere sind verwundet, das Feld ist voller toter Bulgaren, unsere kräftigen Angriffe haben sie entmutigt und sie ziehen sich zurück. Wir haben ihre alten Stellungen eingenommen, alles ist voller bulgarischer Leichen.‘ Die Briefe bieten mehr Einzelheiten, die Bilder sind vollständiger und beeindruckender. Ein Soldat schreibt aus den Schützengräben in der Moldau im Jahr 1917: ‚Den Deutschen geht es schlecht, sie desertieren ständig zu uns. Sie hätten nichts zu essen, sagen sie. Sobald sie ihren Kopf aus dem Schützengraben zeigen, schießen unsere Leute auf sie. Jetzt gerade sind aber drei Kanonengeschütze über unseren Graben geflogen. So sieht der Krieg aus.‘“
Wie standen die rumänischen Soldaten aber zum eigenen Fronteinsatz? Carla Duţă liest ein Fragment aus dem Brief vor, den 1917 ein Mann aus Galaţi an seinen Sohn Vasile Florescu schickte, der sich freiwillig gemeldet hatte.
Mein lieber Junge, heute hat mir Herr Niculescu Deinen Brief gebracht. Geh ruhig im festen Vertrauen, dass Du siegen wirst. Vergiss nicht, wer Deine Vorfahren waren und bringe dem rumänischen Namen Ehre. Vor allem Du hast die Pflicht zu kämpfen, damit wir unser Gebiet einnehmen können, das jetzt unter dem Feinde blutet. Sorge Dich nicht um Dein Leben mehr; es gehört nunmehr Deinem König und Deinem Land. Nur der Gedanke, dass ihr die Schmiede Großrumäniens seid, soll Dich beseelen und Dir den letzten Zweifel nehmen. Denn für das Vaterland zu sterben, heißt den Heldentod zu sterben. Vertreibe alle Gedanken außer die an den heiligen Sieg. Zeige, dass Du tust, was Du uns schreibst, und mein Elternherz gibt Dir den Segen. Deine Mutter und Deine Brüder wollen Dich siegreich wiedersehen und vergessen keinesfalls, für Dich und für die Erlösung unseres lieben Vaterlandes zu beten. Grüße Deine Waffenbrüder von mir! Vorwärts mit Gott! Vergiss nicht, dass niemand in Deiner Familie feige war und dass die Ehre die Devise Deiner Familie war.“
Es ist kein Geheimnis, dass große Siege mit Anstrengung und Blut errungen werden. Die Feldpost der rumänischen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg bestätigt diese Tatsache.