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Erster Weltkrieg: Die zwiespältige Rolle der russischen Streitkräfte in Rumänien

Russische Armeekorps sollten als Verbündete Rumänien an der Front unterstützen, doch sorgte deren Bolschewisierung nach 1917 auch für Chaos und Unmut bei der rumänischen Bevölkerung.

Erster Weltkrieg: Die zwiespältige Rolle der russischen Streitkräfte in Rumänien
Erster Weltkrieg: Die zwiespältige Rolle der russischen Streitkräfte in Rumänien

, 16.01.2017, 18:42

Aufgrund des Friedensabkommens zwischen Rumänien und der Entente, das im August 1916 unterzeichnet wurde, verpflichtete sich die russische Armee, die Front südlich und östlich der Karpaten zu unterstützen. In der Kampagne von 1916 hielten die russischen Armeeführer ihr Wort nicht und der Krieg wurde zu einer Katastrophe für Rumänien. Ein russischer Armeekörper unter der Führung des Generals Andrej Medardowitsch Sajontschkowskij kam, um die rumänische Armee im Kampf für die Verteidigung Bukarests am 30. November 1916 zu unterstützen. Seine niedrige Kampflust konnte aber die Offensive der Zentralmächte und die Eroberung der Hauptstadt nicht stoppen. Ein weiterer russischer Armeekörper wurde spät aus der Dobrudscha einberufen und konnte somit den deutsch-bulgarischen Angriffen aus dem Süden nicht standhalten.



Erst infolge der Unterstützung der französischen Armee im Jahr 1917 konnte sich die rumänische Armee wieder erholen und den Vormarsch der Deutschen stoppen. Die Militärpräsenz des östlichen Alliierten in der Moldau, wo sich die rumänische Regierung zurückgezogen hatte, weitete sich aus. Wenn im Jahr 1916 in Rumänien nur 50.000 russischer Militärs im Einsatz waren, entsandten die Russen 1917 eine Million Militärs, die an der Seite der 400.000 rumänischen Militärs kämpften. Mit der beständigen Hilfe der Russen, die nun rund 80% der Frontlinie deckten, konnte die Offensive der Armeen der Zentralmächte gestoppt werden.



Die russische Militärpräsenz in Rumänien machte sich durch die positiven Auswirkungen spürbar. Allerdings war diese schwer zu verwalten. Sie wird sich nach dem Sieg der bolschewistischen Revolution des Jahres 1917 in eine der Hauptursachen für den Zerfall der ganzen Ostfront verwandeln. Au‎ßerdem wird diese die gefährlichste Instabilitätsquelle für Rumänien sein. Das Bild der Russen war in Rumänien sowieso negativ, schon seit dem Krieg von 1877-1878. Die Anwesenheit der russischen Truppen zwischen 1916-1918 bestätigte den Rumänen nur, was sie aus den Geschichten ihrer Vorfahren wussten.



Constantin Moiceanu war im Jahr 1917 fünf Jahre alt. Er wurde im Jahr 2000 von dem Zentrum für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks interviewt und erinnerte sich an das Verhalten einiger russischen Militärs, als sie sein Heimatdorf erreicht haben.



Zu einer gewissen Zeit kamen die russischen Truppen. Die Russen hatten den Ruhm, dass sie Trinker waren, sie betranken sich und sorgten für Ärger. Meine Eltern waren wohlhabende Menschen, sie hatten einen Keller, Weinfässer, Schnapsfässer, bei uns brannte man Schnaps aus Pflaumen und Weintrester. Ich erinnere mich, dass eines Tages, nachdem man angekündigt hatte, dass die Russen kommen, meine Eltern die Fässer auf den Hof rausgebracht und umgekippt haben. Sie haben sie umgekippt, weil sie keinen Ort hatten, wo sie sie verstecken konnten. Den Schnaps auch. Als die Russen gekommen sind, suchten sie im Keller und fanden nichts, alles war leer und sie suchten weiter nach dem Geruch, denn auf dem Hof roch es nach Alkohol.“




Das Jahr 1917 brachte aber das Desaster. Die bolschewistische Revolution weitete sich auch auf die russische Armee aus und alles drohte, alles ins Chaos zu stürzen. Ioan Odochians Vater war ein rumänischer Soldat in der österreichisch-ungarischen Armee und wegen seiner nationalistischen Überzeugungen wollte er nicht mehr für diese kämpfen. In einem Interview von 2001 erzählte Odochian die Erinnerungen seines Vaters von der Bolschewisierung der russischen Truppen.



Als die russische Revolution kam und die Front in Galizien war, war mein Vater ein Deserteur aus der österreichisch-ungarischen Armee. Deshalb ist er geflohen. Er war auf einer Seite, die Russen auf der anderen. Er erzählte, dass an einem Morgen eine Art Versammlung stattgefunden hat. Die Armee war dort, auf einem Feld, man hat einen Tisch hingestellt, einer kletterte auf den Tisch und hielt eine Ansprache auf Russisch. Die Russen waren früher gläubig, sie hatten Gebetsbüchlein bei sich. Vorne, auf der ersten Seite, stand ein Foto des Zaren. Nach der Ansprache dieses Offiziers fassten alle das Foto und rissen es aus dem Buch heraus. Mein Vater erzählte, dass er das selber gesehen hat. Und deshalb hat er immer gesagt, dass diese Russen gottlos sind und an nichts glauben.“




Professor Pan Vizirescu erinnerte sich 1996 an eine Geschichte mit russischen Soldaten, die in Rumänien stationiert waren und vom Bolschewismus-Fieber überwältigt wurden.



Wir sahen Deserteure, Deserteure auf den Stra‎ßen, Trinker und Störenfriede. Das sahen wir. Wir haben uns sogar mit dem Dichter Buzdugan aus Bessarabien unterhalten. Er sprach gut russisch und sagte mir, dass er eines Abends in einer Kneipe in Nicolina, einem Revier der Stadt Iaşi, war. Dort befand sich auch eine Gruppe russischer Soldaten und er hörte sie sprechen, wie sie sich vorbereitet hätten, [den rumänischen] König Ferdinand zu töten. Sie bereiteten dort ihren Plan vor und er hat alles mitgehört, das, was sie besprochen hatten, ihren Plan, König Ferdinand zu töten, weil der Mord in ihre Seele eingedrungen war. Dann ging Buzdugan zum Herrn Nicolae Iorga und erzählte ihm alles, was er gehört hatte. Iorga ging dann weiter zum Palast und sagte dem König, was er gehört hatte. Man hat dann Ma‎ßnahmen getroffen, um den Anschlag zu verhindern. An einem anderen Ort töteten sie einen ihrer Generäle, ich denke in Bacău oder Piatra Neamţ. Man wusste, dass sie Unruhe stifteten und unsere Armee zu bolschewisieren versuchten, aber das war unmöglich. Unsere Armee war dem Lande treu.“




Die russische Anwesenheit in Rumänien während des Ersten Weltkriegs war widersprüchlich. Diese war einerseits positiv, denn sie trug zu einem wesentlichen Militärerfolg bei, andererseits war sie negativ, denn sie gefährdete alles, was man bis zu der Zeit mit gro‎ßem Opfer erreicht hatte.

Timişoara, 35 years ago (photo: Costantin Duma)

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