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Die Studentenpresse im kommunistischen Rumänien (I): Der Fall der Zeitschrift „Amfiteatru“

Als Propagandainstrument und als Mittel um Informationen zu sammeln, hatte die Presse die erste Priorität während des Kommunismus. Üblicherweise unterlag sie auch der Zensur.

Die Studentenpresse im kommunistischen Rumänien (I): Der Fall der Zeitschrift „Amfiteatru“
Die Studentenpresse im kommunistischen Rumänien (I): Der Fall der Zeitschrift „Amfiteatru“

, 01.09.2014, 15:51

Als Propagandainstrument und als Mittel um Informationen zu sammeln hatte die Presse die erste Priorität während des Kommunismus. Üblicherweise unterlag sie auch der Zensur. Die Direktion der Presse und Druckereien war dem Generalkomitee der kommunistischen Partei Rumäniens untergeordnet und war damit beauftragt, alles was veröffentlicht werden sollte zu überwachen und zu kontrollieren. Trotz der strengen Überwachung wurden ab und an Positionen und Äu‎ßerungen veröffentlicht, die nicht der offiziellen Politik getreu waren. Diese waren aber in dem Ma‎ße, dass sie dem Regime nicht zusetzten. Einmal hat es aber einen Fall gegeben, in welchem die Veröffentlichung einer solchen abweichenden Meinung strenger gehandelt wurde, als es normalerweise üblich war. Dieser Fall ist ein Sinnbild für die Bessesenheit des Regimes.



Constantin Dumitru war stellvertretender Chefredakteur bei der Studentenzeitung Amfiteatru“(Amphitheater), welche von dem Verband kommunistischer Studenten Rumäniens verlegt wurde. Er erinnert sich daran, wie die Veröffentlichung einer Ausgabe seiner Zeitung wegen einer Reihe von Kindergedichten, die darin enthalten waren verhindert wurde. Jene Gedichte von Ana Blandiana wurden damals als Attacke gegen das kommunistische Regime verstanden. Constantin Dumitru erinnert sich:


Es war Dezember 1984 als ich die Gedichte von Ana Blandiana las. Selbstverständlich war mein erster Instinkt, dass ich das nicht veröffentlichen darf. Aber ich sagte mir Warum sollte man das nicht tun?“ Und dann gab ich grünes Licht dafür. Ich ging mit der Zeitung zum Verband der kommunistischen Studenten Rumäniens, da wir nicht selbst publizieren durften. Nachdem die Pressedirektion abgeschafft wurde, kümmerten sich die öffentlichen Organe um die Veröffentlichung. Das waren das Zentralkomitee der kommunistischen Jugendunion und der Vorstand des Verbandes der kommunistischen Studenten in Rumänien. Wir Chefredakteure entschieden lediglich darüber, welche Artikel in die Zeitung kamen und welche nicht. Weil sie uns nicht vertrauten, musste die Veröffentlichung von diesen Institutionen durchgeführt werden. Deshalb musste ein anderer Genosse unsere Ausgaben überprüfen. Ich selbst war stellvertretender Chefredakteur, Mitglied des Zentralkomitee bei der kommunistischen Jugendunion und Mitglied des Vorstands des kommunistischen Verbands der Studenten, denn ohne dieser Nomenklatur – um das Kind beim Namen zu nennen – konnte ich die Position als stellvertretender Chefredakteur nicht haben. Constanţa Buzea, die erste Frau von dem Dichter Adrian Păunescu war die Chefin der Abteilung für Dichtung. Alles was sie tat, war jene Gedichte durch zu winken. Grigore Arbore war über die Auflagegrö‎ße verantwortlich, jedoch habe ich darüber entschieden.“




Amphitheater“ hatte eine Auflage von 7000 Exemplaren. 3000 davon wurden an Zeitungsständen verkauft, 1000 waren abonniert, und die restlichen 3000 wurden von dem Veband der kommunistischen Studenten Rumäniens finanziert und in den Wohnheimen verteilt. Constantin Dumitru erinnert sich an die Anfänge des Skandals:



Ich besuchte einen Künstlerfreund in seinem Atelier und wollte mit meiner Tat prahlen. Ich brachte ihm einen Ausschnitt aus der Zeitung mit und sagte Schau was ich getan habe!“. Ich wusste nicht, dass er ein Informant für die Staatssicherheit war. Ich habe mich also selbst denunziert, ohne dass mir das bewusst war. Danach ist das geschehen was geschehen musste. Ich bin in die Berge gefahren und habe erfahren, dass im Rahmen einer Konferenz entschieden wurde, dass ich gekündigt und von allen meinen Tätigkeiten ausgeschlossen werde. Als ich zurück in Bukarest war teilte mir ein Kollege mit, dass ich nicht mehr sein Chef bin und dass ich überhaupt keinen Arbeitsplatz mehr habe. Darauf erfuhr ich nur über Radio freies Europa“ was mit mir geschah. Am 15 Januar 1985 wurde ich offiziell entlassen. Ich hatte circa drei Monate lang keine Arbeit. Danach wurde mir ein anderer Arbeitsplatz zugeteilt, bei der Zeitung für den Schutz der Arbeit. Meine Frau war schwanger und wurde wegen meines Fehltritts ebenfalls entlassen. Letztendlich habe ich mich nicht an die Auflagen meines Vertrags gehalten. Ich habe mich aber weder damals beschwert, noch beschwere ich mich heute darüber. Mein Gehalt war hoch, ich hatte einen Chauffeur, eine Sekretärin — all das, damit ich Genosse Ceausescu achte. Anscheinend habe ich ihn nicht zu Genüge geschätzt. Und so habe ich es mir komplett abgewöhnt Politiker zu achten.“




Da damals niemand arbeitslos sein sollte wurde Constantin Dumitru bei einer Zeitung eingestellt, die sich mit dem Schutz der Arbeit in der Industrie befasste. Er hatte allerdings keine führende Position mehr inne. Wir haben ihn gefragt welche Folgen seine Entlassung bei der Zeitung Amphitheater“ hatte.



Damals war nicht jeder dazu befugt zu kopieren und zu drucken, wie heute, denn man brauchte dafür viele Genehmigungen. Die Aktivität jeglicher Art von Kopiergeräten und Drucker wurde streng bewacht. Einen gro‎ßen Schock erlebte ich deshalb, als mir ein Offizier der Staatssicherheit sagte, jene Kindergedichte von Ana Blandiana seien 5-6000 Mal publiziert worden. Das bedeutet, dass die Auflage der Zeitung letztendlich gedruckt und fast verdoppelt wurde. Nach meiner Entlassung wurden die Gedichte sogar bei Radio Freies Europa“ veröffentlicht. Die Kommunisten haben einen Fehler begangen. Wenn sie keinen Hehl daraus gemacht hätten, wäre das nicht weiter aufgefallen. Ich glaube unser Volk ist wie eine Pflanze. Wann hat sich je ein Baum gewehrt?“ — so klang eines der Gedichte, es war schön.“




Nach 1989 hatte Constantin Dumitru die Gelegenheit jene Autorin zu treffen, deren Gedichte er veröffentlichen wollte und weswegen er entlassen wurde.



Es scheint merkwürdig, aber ich kannte Ana Blandiana nicht persönlich. Ich habe einige Texte von ihr publiziert aber ich kannte sie nicht. Ihr ist nichts passiert, mir schon. Später hat der Verlag Ion Creanga ihr Buch Der Kater Arpagic“ veröffentlicht und damit hat sie auch andere Leute rausgeschmissen. Einmal im Jahr 1990 war ich mit dem Schriftsteller Mircea Dinescu beim amerikanischen Konsulat. Er sagte zu mir Schau da, da ist deine Freundin Ana Blandiana“. Er wollte nicht glauben, dass ich sie nicht persönlich kenne. Er ist zu ihr hin gegangen und hat ihr kurz von meiner Geschichte erzählt und dass ich ihre Gedichte im Amphitheater“ publiziert habe. Wegen ihrer Reaktion darauf bewundere ich sie sehr. Sie sagte: Das war seine Angelegenheit!“. Mir ist klar geworden, dass es wirklich meine Angelegenheit war. Ich habe meine Arbeit gemacht und sie ihre.“




Constantin Dumitru hat daraus gelernt, dass die Wahrheit ihren Preis hat. Egal wie hoch dieser Preis ist — die Belohnung wird jedoch immer angemessen sein.

Patriarhul Daniel (foto: Agerpres)

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