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Die Sovroms – das Raubgeschäft mit den Kriegsentschädigungen

Unter dem Vorwand der Kriegsentschädigungen, die Rumänien als ehemaligen Verbündeten Deutschlands auferlegt wurden, gründete man ab 1945 rumänisch-sowjetische Unternehmen. In Wirklichkeit wurde dadurch die rumänische Volkswirtschaft geplündert.

Die Sovroms – das Raubgeschäft mit den Kriegsentschädigungen
Die Sovroms – das Raubgeschäft mit den Kriegsentschädigungen

, 10.03.2014, 18:31

Auch wenn 1945 Rumänien den Krieg auf der Seite der Alliierten beendete, wurde es als besiegtes Land angesehen. Bis zum 23. August 1944 hatte das Land auf der Seite Deutschlands gekämpft und danach die Front gewechselt. Das wurde auch im Waffenstillstandsabkommen verankert: Die Regierung und das rumänische Oberkommando räumen die Niederlage im Krieg gegen die Sowjetunion, das Vereinigte Königreich, die USA und die anderen Vereinten Nationen ein und akzeptieren die Bedingungen des Waffenstillstandsabkommens, die von den Regierungen der drei obengenannten alliierten Mächte im Interesse der Vereinten Nationen präsentiert wurden.“



Rumänien wurde auferlegt, innerhalb von sechs Jahren Kriegsentschädigungen zu zahlen. Die Entschädigungen bezifferten sich auf 300 Millionen US-Dollar bei einem Kurs von 35 Dollar pro Gold-Unze. Als Berechnungsgrundlage wurden die Weltpreise von 1938 benutzt, mit einer Aufstockung von 10-15%. Auf dem Weltmarkt waren aber die Preise um etwa 33% gegenüber 1938 gestiegen. Die 300 Millionen Dollar stellten mehr als 55% des Volkseinkommens Rumäniens dar. Dieses lag 1945 bei 519 Millionen US-Dollar.



Rumänien hat letzten Endes mehr als das Doppelte der festgelegten Entschädigungen bezahlt. Die rumänische Wirtschaft wurde von der Sowjetunion durch die Gründung der gemeinsamen sowjetisch-rumänischen Unternehmen, der sogenannten Sovroms“ geplündert. Das erste Unternehmen dieser Art war Sovrompetrol“ und wurde am 17.Juli 1945 gegründet. Die Eisenbahnlinien und der Erdöl-Sektor waren im Krieg am meisten beschädigt worden. Die Erdöl-Produktion von 1944 war die am wenigsten ertragreiche während der Kriegsjahre. Sie lag bei 3,52 Millionen Tonnen, 63% des jährlichen Durchschnitts der Periode 1941-1943. Rumänien musste 10,2 Millionen Tonnen Erdöl an die Sowjetunion liefern, um einen Teil seiner Schulden zu zahlen.



Maxim Berghianu war Chef des künftigen staatlichen Planungs-Ausschusses. 2002 wurde er vom Zentrum für mündliche Geschichte des rumänischen Rundfunks interviewt. Er meinte, der Westen trage auch einen Teil der Schuld für die Plünderung Rumäniens durch die Sowjetunion. Berghianu sagte, viele rumänische Unternehmen mit Fremdkapital wie etwa die Flugzeug-Fabrik IAR seien von Sovroms übernommen worden:



Als der Westen beschloss, uns in die Arme Russlands zu schieben, haben sie damals profitiert. Diese Unternehmen hatten Fremdkapital, die IAR-Fabrik arbeitete für die Deutschen. Es war die Messerschmitt-Flugzeugfabrik, die anschlie‎ßend Traktoren hergestellt hat. Dann kamen die Sovroms, die chemische Industrie. Es gab SovromTraktor, SovromChim, SovromGaz, SovromPetrol. Die Russen waren an den starken Bereichen interessiert, wo es Rohstoffe und die Perspektive Profit zu machen gab, inklusive Uranium.“



Sovrompetrol — wie auch die anderen ähnlichen Unternehmen — war eine gro‎ße Last für die Wirtschaft Rumäniens. Diese hatte bis Anfang der 1950er Jahre schwer zu leiden. Das wussten auch die rumänischen kommunistischen Anführer, die beschlossen, Stellung zu nehmen. Das eröffnete Gheorghe Apostol, ein Vertrauter des kommunistischen Anführers Gheorghe-Gheorghiu Dej, in einem Interview von 1994.



Die rumänische Wirtschaft wurde von der Sowjetunion durch diese Sovroms geleitet. Wir investierten in die Industrie, in die Landwirtschaft, in alle Bereiche der Wirtschaft, sie hatten aber zu gewinnen. Am 7. November 1952, auf einem Empfang bei der sowjetischen Botschaft, bevor wir zu Stalin gingen, wurden wir zu Dej nach Hause gerufen. Es gab einen Vorschlag der sowjetischen Regierung, auch das Erdgas zum Gegenstand einer Sovrom zu machen. Und Dej sagte: ‚Das reicht! Wir müssen nicht mehr nachgeben! Für das Problem der Sovroms muss man eine gemeinsame Lösung finden, wir müssen uns aber für ihre Auflösung stark machen. Wir gehen zur sowjetischen Botschaft gehen. Ich werde so tun, als ob ich etwas angetrunken bin, und werde denen mal unverblümt etwas über die Sovroms sagen.‘“



Es ist ein offenes Geheimnis, dass die wichtigsten Entscheidungen im informellen Rahmen getroffen werden. Die rumänischen Kommunisten versuchten davon zu profitieren. Gheorghe Apostol erzählt weiter:



Nachdem ein Empfang zu Ende ging, luden uns der Botschafter und seine Mitarbeiter gewöhnlich in einen benachbarten Saal ein. Da gab es auch Essen und Getränke und es wurden interne Probleme und internationale Angelegenheiten diskutiert. Dej sa‎ß neben dem sowjetischen Botschafter und neben diesem war der Vertreter der sowjetischen Regierung für die Sovroms. Und dann fragte Dej plötzlich den Vertreter der sowjetischen Regierung: ‚Genosse, könntest du mir sagen, was Kapitalexport bedeutet?‘ Und der antwortete: ‚Welchen Sinn macht aber diese Frage?‘ Worauf Dej: ‚Es macht schon Sinn, denn du bist Wirtschaftler und nicht irgendeiner, sondern einer der wichtigsten Wirtschaftler der Sowjetunion und du musst die Antwort kennen.‘ ‚Tja, Kapitalexport unternehmen nur die Imperialisten in den Kolonien‘, antwortete der Russe. Worauf Dej erneut: ‚Macht ihr dann nicht dasselbe in Rumänien?‘ Der Botschafter und der Vertreter der sowjetischen Regierung wurden darauf still. ‚Ich wei‎ß, Du wirst Genosse Stalin informieren‘, setzte Dej fort, ‚und ich bitte dich sogar, es zu tun, denn dieses Problem muss gelöst werden. Wir können diese enorme Last nicht mehr tragen. Wir investieren und Sie kassieren den Profit.‘ Und das Gespräch ging damit zu Ende.“



Die Sovroms wurden erst nach dem Tod Stalins 1953 aufgelöst. 1956 wurden die ersten aufgelöst, darunter auch Sovrompetrol. Dieses Unternehmen existierte 11 Jahre lang, nicht nur die geplanten 6. Die letzten Sovroms verschwanden 1959, nach 14 Jahren der Raubwirtschaft zugunsten der Sowjetunion.



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