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Comics im sozialistischen Rumänien

Die komischen Bildergeschichten waren eine Form der westlichen städtischen Pop-Kultur, die auch im kommunistischen Rumänien ihre Liebhaber hatte. Es gab zwar auch heimische Comics, beliebter waren allerdings die ausländischen.

Comics im sozialistischen Rumänien
Comics im sozialistischen Rumänien

, 10.11.2014, 17:50

Die komischen Bildergeschichten waren eine Form der westlichen städtischen Pop-Kultur, die auch im kommunistischen Rumänien ihre Liebhaber hatte. Das Regime vom damals veröffentlichte zwar rumänische Bildergeschichten-Zeitschriften, beliebter waren aber die ausländischen Comics.



Die komischen Bildergeschichten hatten im Kommunismus unter der Zensur zu leiden. Im sozialistischen Rumänien war die Zeitschrift Cutezătorii“ (in etwa: Die Tapferen“, Die Wagemutigen“) die wichtigste Propaganda-Zeitschrift für Kinder unter 14. Bei mehreren Generationen rumänischer Kinder war allerdings die französische Zeitschrift Pif Gadget“ sehr beliebt. Ioan Stanomir, Bildgeschichten-Historiker gibt uns darüber Auskunft:



»Pif Gadget« ist eine der seltsamsten Geschichten des Kalten Kriegs. Es ist eine Zeitschrift, die auf den Ruinen der Zeitschrift »Vaillant« aufgebaut wurde. Es ist eine Zeitschrift, die wie auch die »Cutezătorii« zwiespältig war: Es war eine Bildergeschichten-Zeitschrift, zugleich aber auch eine Propaganda-Zeitschrift der Französischen Kommunistischen Partei. Die Einführung von »Pif Gadget« in den kommunistischen Raum, insbesondere in Rumänien, war möglich, weil die Beziehungen zwischen Rumänien und Frankreich nach 1965-1968 eng wurden. Es ist eine Beziehung, die auf mehreren Ebenen aufgebaut wurde. Es beruhte auf dem offiziellen De-Gaulle-Regime in Frankreich, aber auch auf der kommunistischen Subkultur und der Gegenkultur. So ist auch die Existenz von Kino-Koproduktionen zu erklären. Französische Bücher aus der Taschenformatedition »Livre de poche« und französische Filme wurden eingeführt, es wurde diese Zeitschrift eingeführt, die vielleicht ungewöhnlichste Präsenz bei uns. Durch diese Zeitschrift kam man in Kontakt mit der französischen Kultur und mit der westlichen Pop-Kultur. Drittens kam man in Berührung mit einer Kultur, die für uns ungewöhnlich war, mit der Bildergeschichten-Kultur. Generationen von Kindern haben die Zeitschrift gelesen und dabei spontan und naiv Französisch gelernt. Sie haben entdeckt, dass es Superman gibt. Als dann später Superman im rumänischen Fersehen zu sehen war, kannten ihn schon die Kinder und Jugendlichen aus der Zeitschrift Pif Gadget.“




Ein anderer wichtiger Held der Bildergeschichten war Rahan. Ioan Stanomir dazu:



Rahan ist den Pif-Liebhabern auch bekannt. Er ist eine Kult-Gestalt, die man aus der Perspektive der amerikanischen und westlichen Pop-Kultur verstehen kann. Rahan ist ein Mensch vom Anfang der Welt. Er ist eine Bindeglied zwischen den Menschen, die noch keine eigentlichen Menschen sind, und den Menschen, die Menschen sein werden. Er ist den Gestalten ähnlich, die wir heute in amerikanischen Filmen wie 10.000 BC« sehen. Er ist ein Mensch, der mit Höhnlentigern, mit Mammuten kämpft, er ist ein Mensch, der die anderen lehrt, die Menschheit zu entdecken. Er ist eine Art Prometheus, der seine Aufgabe nicht kennt. Rahan ist eine der Kult-Gestalten, viele rumänische Bildgeschichten-Fans halten noch die Erinnerung an ihn wach. Ursprünglich steht Rahan in Verbindung zu Tarzan. Tarzan ist im Gedächtnis des Westens geblieben. Es ist ein Wei‎ßer, der auf einem schwarzen Kontinent seine Stellung ignoriert. Es ist eine Art Paternalismus, ein Wei‎ßer in Beziehung zu Schwarzen, die am Anfang der Zivilisation stehen. Pif war aber bestimmt keine rassistische Zeitschrift, weil die Ideologie der westlichen Linke nicht mit dem Rassismus reimte. Das war gut, denn es hat die Kinder gelehrt, dass es auch in der Elfenbeinküste, in Marokko, Frankreich, Rumänien Kinder gibt, die Französisch sprechen. Du konntest dir einen Brief-Freund in diesen Ländern aussuchen. Ich glaube, der Kampf gegen den Rassismus ist ein erhabenes Ziel, abgesehen vom ideologischen Blickwinkel. Es ist wunderbar, dass ein Kind aus Rumänien mit einem Kind aus Marokko oder aus dem Senegal in Kontakt sein konnte. Diese Vermittlung kam über Pif.“




Wir haben Ioan Stanomir auch gefragt, warum es keine rumänischen Bildgeschichten-Helden gegeben hat.



Wenn wir die Zeitschrift »Cutezătorii« in die Schule brachten, haben wir diese zusammengerollt und uns damit gegenseitig auf den Kopf geschlagen. Ich habe die »Cutezătorii«-Zeitschrift nicht geliebt. Ich kann Ihnen aber sagen, was für Helden ich in der Pif-Zeitschrift kennen gelernt habe. Ein gibt eine ganze Galerie von Helden, angefangen mit Pif und Hercule. Dann existierten Rahan, Placid und Muzo, Leonard, Doc Justice. Diese haben wir adoptiert, als ob sie unsere Helden waren. Wir verstanden nicht alles, wussten aber, dass es einen Ort gibt, woher die schön verpackten Zeitschriften kommen. Sie kamen mit wunderbaren Überraschungen und machten uns glücklich. Die Kinder träumten davon, diese Gadgets, die eigentlich die westliche Konsumkultur verkörperten, zu bekommen. Man wollte nicht die kommunistische Pionier-Krawatte, sondern schmackhafte Bonbons, nicht die faden rumänischen Bonbons. Die westliche Konsumkultur drang durch, weil es sich um eine farbige und schmackhafte Welt handelte. Vielleicht verstehen das die Jugendlichen von heute nicht. Es gab einen regelrechten Kult für die kubanischen Bonbons, es gab einen Kult für den Turbo-Kaugummi, der gut schmeckte. Der rumänische Kaugummi schmeckte nicht. Wir lebten in einer Welt von faden Klonen. Was interessierte mich der Kampf der Illegalisten? Wir hatten die französischen Illegalisten der französischen Widerstandsbewegung, die sympathischer waren. Die Pif-Zeitschrift hat — seltsamerweise und ungewollt — den Kapitalismus in Rumänien bekannt gemacht und nicht den Kommunismus unterstützt.“




Die Geschichte der rumänischen sozialistischen Comics endete im Jahr 1989.

Foto: ExplorerBob / pixabay.com

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