Ceauşescus Afrika-Politik: Kooperation im Zeichen des Sozialismus
Nach dem Zweiten Weltkrieg brach auf der ganzen Welt der Kampf um die sogenannte Dekolonialisierung aus. Die Großmächte waren nach dem Krieg erschöpft und vermochten es kaum mehr, an ihren ehemaligen Kolonien festzuhalten.
Steliu Lambru, 30.07.2018, 17:30
Im Kalten Krieg lieferten sich die beiden Blöcke, mit den USA und der Sowjetunion als Supermächte an der Spitze, einen Kampf um den ideologischen Einfluss auf die neuen unabhängigen Länder. Sobald sich die neuen unabhängigen Staaten in Afrika etablierten, versuchte Rumänien schnell Beziehungen zu ihnen aufzubauen — und hatte dabei, wie auch viele andere kommunistische Länder, einen Vorteil, der nicht von der Hand zu weisen war: Es war kolonialgeschichtlich nicht vorbelastet. Die Afrikapolitik gehörte nach den 1970er Jahren zu den Leitlinien der rumänischen Außenpolitik unter Nicolae Ceauşescu. Als erstes schaute Rumänien nach Nordafrika — die Region lag geografisch näher und aufgrund der Affinität mit Frankreich erschienen die sprachlichen Hindernisse als relativ überbrückbar.
Domnica Gorovei, Professorin an der Fakultät für Politikwissenschaften an der Universität Bukarest, erläutert, dass Ceauşescu die Region damals intensiv bereiste.
Das erste Land, das er auf dem afrikanischen Kontinent besuchte, war Marokko, das war 1970. Dann unternahm er ab 1972 mehrere Besuchsreihen nach Marokko, Algerien, Ägypten und später durch Subsahara-Afrika, wo die Reise in den Sudan, die Zentrafrikanische Republik, nach Kongo, Zaire, Tansania und Sambia führte. Ein Jahr später, 1973, ging es nach Senegal und wieder nach Marokko und Algerien; 1974 nach Liberia und Guinea. 1977 war wiederum Westafrika dran: Mauretanien, Senegal, Ghana, die Elfenbeinküste, Nigeria. 1979, 1983, 1987 und 1988 war er auch dort und immer wieder besuchte er auf einen Schlag mindestens fünf afrikanische Länder. Ägypten besuchte er nicht weniger als acht Mal — das Land war ein privilegierter Partner in Afrika.“
Die rumänische Afrika-Politik muss immer auch vor dem internationalen Hintergrund betrachtet werden — prägend war dafür die ideologische Auseinandersetzung zwischen Kapitalismus und Sozialismus, die auch in Afrika ausgetragen wurde, bemerkt Prof. Domnica Gorovei:
Der Kontext, in dem Ceauşescu diese Beziehungen pflegt, ist vom Kalten Krieg vorgegeben. Beide Seiten suchten ideologische Anhänger in den neuen afrikanischen Staaten, um Überhand zu bekommen. Außer dieser Rivalität versuchten die ehemaligen Kolonialmächte, weiterhin an ihrem Einfluss festzuhalten. Afrikanische Spitzenpolitiker, die diese Situation maximal zu nutzen wussten, waren im Vorteil. Soft Power war angesagt — die Fähigkeit, durch die politischen Ideen attraktiv zu wirken.“
Die Expertin Domnica Gorovei stellte bei Textanalysen fest, dass die afrikanischen Führungspolitiker sich in den 1980er Jahren sehr schnell die stark ideologisch eingefärbte Betonsprache Ceauşescus aneigneten und in sie verfielen — es ging um Bewegungen der nationalen Befreiung gegen den Imperialismus und gegen Kolonialismus, um Frieden und Zusammenarbeit unter den Völkern. Ceauşescus Rumänien bot aber mehr an als nur leere Konzepte; es engagierte sich bei Riesenprojekten wie dem Bau von Wasserkraftwerken und Staudämmen und verkaufte diesen Ländern häufig Technologie — so wurden zum Beispiel massiv Traktoren nach Ägypten exportiert. Doch auch die Wirtschaftshilfe stand unter dem ideologischen Stern des Sozialismus, bemerkt Prof. Domnica Gorovei.
Man versuchte, eine rumänische Alternative für Afrika zu finden, die anders als das neokolonialistische Verhalten von Osten und Westen ausgerichtet sein sollte. Und so erscheint im Diskurs der Bezug zur Demokratisierung der internationalen Beziehungen — eine kommunistische Idee. Es erscheint eine starke Unterstützung für die nationale Befreiung der Länder, die damals noch portugiesische Kolonien waren. Und ein Engagement gegen die Apartheid in Südafrika. Dazu das Gewerkschaftsthema — die Causa der Arbeiter in den afrikanischen Ländern, nicht nur auf Industrieebene, sondern auch individuell.“
Abgesehen von der Wirtschaftshilfe per se vermittelte das kommunistische Regime auch viele Studienplätze für Afrikaner — und durch die vielen Kontakte kam es auch zu Mischehen und anderen Formen des gesellschaftlichen Miteinanders. Nach der Wende von 1989 geriet die Afrika-Politik Rumäniens jedoch in relative Vergessenheit — das demokratische und kapitalistische Rumänien setzte einfach andere Schwerpunkte.