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Bildungswesen im Kommunismus: Die Arbeiterhochschule als Kaderschmiede

Die Kommunistische Partei hat in Rumänien mit sowjetischer Unterstützung die Macht am 6. März 1945 ergriffen. Gleich danach begann die Umgestaltung der ganzen Gesellschaft nach sowjetischem Vorbild. Auch das Bildungswesen wurde umgekrempelt.

Bildungswesen im Kommunismus: Die Arbeiterhochschule als Kaderschmiede
Bildungswesen im Kommunismus: Die Arbeiterhochschule als Kaderschmiede

, 25.07.2016, 17:37

Die Bildungsreform von 1948 führte in Rumänien zur Gründung einer neuen und sonderbaren Bildungsinstitution: die Arbeiter-Hochschule. Die herkömmliche Universität galt laut kommunistischer Ideologie als eine Form der kapitalistischen Ausbeutung. Der Arbeiter wurde das Wahrzeichen des kommunistischen Regimes. Die Arbeiter-Hochschule musste neue Kader bilden, um die alten Eliten zu ersetzen. Zudem hatte sie eine Kontrollfunktion. Das Regime konnte das Leben der jungen Studenten unter Beobachtung halten. Andrei Banc studierte Mitte der 1950er Jahre, um Radio- und Fernsehen-Journalist zu werden. In einem Interview von 2002 mit dem Zentrum für Mündliche Geschichte des rumänischen Rundfunks erinnerte er sich an die Zeit, die er auf der Arbeiter-Hochschule verbrachte.



Als mein Studium 1955 anfing, war das kommunistische Regime gerade mal 9-10 Jahre alt, nach den Wahlen von 1946 fing es an. In 9 Jahren musste das Regime einen ganzen Staatsapparat aufbauen. So gelangen auf leitende Posten sehr viele Arbeiter, Menschen, deren soziale Herkunft nach kommunistischen Ma‎ßstäben in Ordnung war. Es handelte sich aber dabei um Menschen, die nicht einmal das Gymnasium abgeschlossen hatten. Sie haben dann anstelle des Gymnasiums die Arbeiter-Hochschule besucht, es waren Leute, die nur die Grundschule besucht hatten. In 2 Jahren wurde also das Gymnasium absolviert, was eigentlich damals nicht so schlimm war, weil auch meine Generation das Gymnasium in zwei Jahren, nach russischem Modell, abgeschlossen hat. Mehr als ein Drittel meiner Kollegen waren von der Arbeiter-Hochschule waren Menschen, die viel älter als wir waren. Sie alle waren Parteimitglieder. Wir, die anderen Studenten, waren Kinder, 16-17 Jahre alt.“




Die Studenten der Arbeiter-Fakultät waren Erwachsene, die die Ideologie des Regimes angenommen hatten und das Regime unterstützten. Sie hatten auch die Aufgabe, die jüngeren Studenten ideologisch zu betreuen. Andrei Banc dazu:



Die Schüler, die heutzutage das Gymnasium beenden, sind 19-20 Jahre alt. Viele meiner Kolleginnen waren in diesem Alter schon verheiratet. Manche hatten auch Kinder, sie heirateten Männer, die einen in Bukarest ausgestellten Personalausweis hatten, um sicher zu sein, dass sie eine Stelle in der Hauptstadt bekommen. Einige dieser Kollegen von der Arbeiter-Hochschule waren doppelt so alt wie wir. Jetzt, da ich über 60 Jahre alt bin und sie über 70 oder knapp 80 sind, ist der Unterschied nicht mehr so spürbar. Aber als ich 16 war und sie 32, war es das doppelte Alter. Sie waren verheiratet, hatten Kinder, die meisten arbeiteten auch, sie hatten Verantwortlichkeiten, konnten sich unsere Ausgelassenheit nicht leisten. Sie waren Parteimitglieder, Arbeiter und riskierten ihren Job und ihren Studenten-Status zu verlieren. Und sie mussten ja eine Familie ernähren, das war nicht einfach.“




In allen Studenten-Organisationen nahmen Studenten von der Arbeiter-Hochschule die leitenden Posten ein. Andrei Banc berichtet weiter:



Die Partei-Sekretäre in jedem Jahr kamen von der Arbeiter-Fakultät, unser Partei-Sekretär war ein wunderbarer Mensch. Man muss jetzt nicht glauben, dass all diese Leute engstirnig waren. Er war doppelt so alt wie ich und war Journalist bei der Zeitung »Munca«. Das Büro der Arbeiterjugend-Union war aus demokratisch gewählten Stunden gebildet, der Parteisekretär wurde ernannt und war ein etwas älterer Herr von der Arbeiter-Fakultät. Es gab noch eine dritte Kategorie, die Kategorie derer, die Studenten an der Arbeiter-Fakultät waren, jedoch schon zu wichtige Ämter bekleideten, um noch die Kurse zu besuchen. Diese kamen nur zu den Prüfungen. Auf die Prüfungen habe ich mich immer mit Aninoiu und ein paar anderen vorbereitet. [Dumitru Aninoiu wurde später Diplomat im Dienste des kommunistischen Regimes und pflegte ein nahes Verhältnis zur Securitate — Anm. d. Red.] Sie hatten keine Notizen, wussten nichts. Wir bildeten eine Gruppe von 10-12 Leuten, wir, die Jüngeren, die bessere Ergebnisse hatten, zusammen mit einigen von der Arbeiter-Fakultät, die nicht so gut waren, auch mit Aninoiu, und so bereiteten wir uns auf die Prüfungen vor. Aninoiu war Direktor bei der Presse-Abteilung, auch wenn er kein Studium abgeschlossen hatte. Heute scheint alles komplizierter zu sein. Es gab eine Gruppe von jüngeren Unheilstiftern, das waren wir, und dazu kam eine Gruppe von ernsthaften Personen von der Arbeiter-Fakultät.“




Die Arbeiter-Fakultät war ein Parasit im rumänischen Bildungssystem, der in einer ersten Etappe Kader für das kommunistische Regime bildete. In den 1960er Jahren stellte diese die Basis für die ideologische Hochschule der Partei dar.

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