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Aus der Geschichte der Feuerbestattung in Rumänien

Die Einäscherung der Toten wurde im modernen Rumänien erst Ende des 19. Jh. eingeführt. Allerdings nur zögerlich und bis heute ist die Kremation nicht sehr verbreitet.

Aus der Geschichte der Feuerbestattung in Rumänien
Aus der Geschichte der Feuerbestattung in Rumänien

, 24.02.2014, 15:48

Unsere heutige Geschichtsrubrik bringt uns in das 19. Jahrhundert zurück, genauer gesagt in das letzte Viertel dieses Jahrhunderts, als die rumänische Gesellschaft streng konservativ war. Und die zu diesem Zeitpunkt zählte die Feuerbestattung der Toten zu den avantgardistischsten Ideen — üblich war damals die traditionelle Erdbestattung.



Wie jede neue Idee, wurde auch die Einäscherung der Toten zunächst vor allem von Intellektuellen gefördert — der Durchschnittsbürger, aber auch die traditionalistischen Eliten konnten damit nichts anfangen. Mit der Zeit aber, mit der grö‎ßeren Bekanntheit und weil sie mit Blick auf die öffentliche Hygiene unterstützt wurde, begann die Feuerbestattung als praktischere Variante des Begräbnisses angesehen zu werden.



Mit der Einführung des Einäscherungskonzeptes, wird die rumänische Sprache um neue Wörter wie cremaţiune (Kremation) und sogar cremaţionist bereichert. Nichifor Crainic, einer der Gegner der Kremation während der Zwischenkriegszeit, bringt das abwertende Wort cenuşar (umg. Äscherer) in Umlauf.



Der Historiker Marius Rotar, Vorsitzender der Rumänischen Krematoriumsgesellschaft, begleitete uns auf dem Ausflug in die Geschichte der Kremation in Rumänien. Ihn fragten wir, wann die Idee überhaupt zum ersten Mal auf rumänischem Boden auftrat.



Wir sprechen hier von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sicherlich handelte es sich dabei um ein westliches Konzept, das auch in Rumänien übernommen wurde. Diejenigen, die sich dafür stark gemacht haben, waren Angehörige einer Elite. Es waren vor allem Ärzte, die aus utilitaristischen Erwägungen die Idee der Kremation unterstützt haben. Es gibt auch einige berühmte Figuren darunter, der bekannteste von ihnen war Constantin I. Istrati. In seiner Doktorarbeit von 1876, mit dem Titel »Entsorgung der Leichen«, wird er zum offenen Befürworter der Einäscherung. Istrati sollte dann mehrmals zum Minister ernannt werden, er war auch Bürgermeister von Bukarest und Vorsitzender der Rumänischen Akademiegesellschaft. Als Krönung seiner Überzeugung von der Kremation wird er nach seinem Tod 1918 im Krematorium des Père-Lachaise-Friedhofs in Paris eingeäschert. Weitere bekannte Vertreter der Kremationsbewegung waren der Direktor des Nationaltheaters in Iaşi, Mihail Codreanu, sowie der ebenfalls aus Iaşi stammende Universitätsprofessor Constantin Tiron. Zwischen der Entwicklung in Siebenbürgen und der im damaligen Altreich Rumänien gibt es eine Reihe von Unterschieden. Im siebenbürgischen Raum wird auf solche Ideen reagiert und es gibt eine eher kritische Haltung zum Kremationskonzept. Interessanterweise war die Reaktion der Rumänisch-Orthodoxen Kirche vor dem Ersten Weltkrieg nicht allzu heftig. Erst 1900 werden im Theologischen Magazin und in der Zeitschrift der Rumänisch-Orthodoxen Kirche einige Artikel zur Einäscherung veröffentlicht. Bis 1914 hatte sich die Idee von der Kremation noch nicht in Rumänien eingebürgert, im Land selbst gab es noch kein Krematorium.“




Der Bau des Bukarester Krematoriums Cenuşa (Asche) 1928 entsprach einer vermehrten Anzahl der Anhänger dieser Praxis. Allerdings waren sie nicht unbedingt Atheisten oder Gegner des Christentums, wie Marius Rotar erläutert:



Es ist interessant, weil die Anhänger der Kremation in Rumänien sich nicht als Gegner des Christentums oder Atheisten oder Freidenkende ausgegeben haben, mit Ausnahme von Constantin Tiron in Iași. Nein, sie waren nur Idealisten und konnten sich nicht vorstellen, dass die Rumänisch-Orthodoxe Kirche so vehement reagieren wird. In der Zwischenkriegszeit blieb das Profil des Kremationsanhängers relativ konstant, zu den Angehörigen der Elite gesellten sich auch einige Menschen der niedrigeren sozialen Schichten.“




Mit welchen Schwierigkeiten waren die rumänischen Kremationsanhänger konfrontiert, fragten wir Marius Rotar von der Rumänischen Kremationsgesellschaft.



Finanzielle Schwierigkeiten vor allem. Der Bau des Cenușa-Krematoriums wäre ohne die direkte Unterstützung des Bürgermeisteramtes nie zustande gekommen. Es waren mindestens fünf Bürgermeister, die die Idee unterstützt haben, der bekannteste von ihnen war Ion Costinescu, der spätere Gesundheitsminister. Er war der Vorsitzende der Cenuşa-Gesellschaft. Das Interesse dahinter war utilitaristischer Natur: Man wollte die sogenannten unbeanspruchten Leichen verbrennen, insbesondere die von Landstreichern und Ausgegrenzten. In manchen Fällen wurden auch Kinder eingeäschert, wie dem Magazin »Flacăra Sacră« (Heilige Flamme) und dem Register des Cenuşa-Krematoriums zu entnehmen ist.“




Marius Rotar kennt auch die Geschichte der Kremation nach dem Zweiten Weltkrieg:



Die rumänische Kremationsbewegung trifft es nach 1945 hart, weil ihre Zeitschrift »Die Heilige Flamme« nicht mehr veröffentlicht wird. Der Beliebtheitsgrad der Einäscherung nimmt nicht allzu sehr zu, die Zahlen steigen langsam von 248 Einäscherungen im Jahr 1928 auf 552 im Jahr 1947. Es ist doch ein geringer Prozentsatz, sowohl in der Zwischenkriegszeit als auch nach dem Zweiten Weltkrieg, etwa unter 1% aller Toten werden eingeäschert. Die Machtübernahme durch die Kommunisten hat die Anzahl die Kremationen nicht in die Höhe getrieben, sondern im Gegenteil. Im Jahr 1953 wurden 260 Fälle registriert. Das Konzept vom Neuen Menschen und die ganze Geschichte rund um die Kremation, die von den Kommunisten direkt unterstützt worden wäre, können kaum durch die Statistik bestätigt werden. Erst 1970 beginnt die Anzahl der Einäscherungen langsam zu steigen — in den 1980er Jahren wird ein Höhepunkt erreicht. Aber das lässt sich auch durch das Bevölkerungswachstum im damaligen Bukarest erklären.“




Auf der Liste der Rumänen, die nach dem Tod der Einäscherung vor der Erdbestattung den Vorzug gaben, stehen berühmte Namen: der Religionshistoriker Mircea Eliade und sein Schüler Ioan Petru Culianu, der Literaturkritiker Matei Călinescu, der Journalist Felix Aderca, der Historiker Adolf Armbruster, die Sängerin Doina Badea, die Schauspielerin Clody Bertola, der Politologe Silviu Brucan, der Sprachwissenschaftler Theodor Capidan und der Regisseur Sergiu Nicolaescu. Die Kremation ist in Rumänien nach wie vor umstritten, und ihr Anteil an der Gesamtheit der Bestattungen ist gering — alles hängt von den Vorstellungen eines jeden Individuums ab.



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