Aufstand der faschistischen Legionäre 1941: Chaos, Gewalt und antijüdische Pogrome
Die gewalttätigen Auseinandersetzungen vom 21.–23. Januar 1941 sind unter der allgemeinen Bezeichnung Rebellion der Nationalen Legion“ in die Geschichte Rumäniens eingegangen.
Steliu Lambru, 23.01.2017, 17:30
Es ging dabei um einen Kampf um die vollständige Machtergreifung im Staat zwischen der Eisernen Garde einerseits, der faschistischen Partei aus der Zwischenkriegszeit, und dem General Ion Antonescu auf der anderen Seite, der von der Armee und Hitler unterstützt wurde. Die Rebellion der Nationalen Legion war eine Reihe von Übergriffen der Eisernen Garde gegen die wichtigsten Staatsbehörden, das Militär und die Gendarmerie sowie gegen einen Teil der jüdischen Gemeinde. Die Straßen der Hauptstadt Bukarest und weiterer Städte des Landes waren für einige Tage von Chaos und Gewalt beherrscht.
Die Historikerin Eliza Campus erinnerte sich 1999 im Interview mit dem Zentrum für Mündliche Geschichte des Rumänischen Rundfunks an jene Tage zurück. Die Schulleiterin jüdischer Abstammung habe laut eigener Aussage das Glück gehabt, Menschen zu begegnen, die vom Fanatismus der Legionäre nicht berührt gewesen seien.
Während der Rebellion wohnte ich in der damaligen Bela-Breiner-Straße, der Hausbesitzer war Legionsmitglied, er hieß Niculescu. Aber er hegte eine gewisse Sympathie mir gegenüber. Es gab ein Haus im hinteren Bereich und vorne war ein Apartment. Ich habe ihn angesprochen. ‚Hören Sie mal, ich habe gehört, dass es Kontrollen geben wird. Was haben Sie vor?‘ Und er antwortete: ‚Ich werde dann sagen, dass in dem Haus hier nur Christen wohnen.‘ Und das war’s. Der Mann war in der Tat anständig. Aber die Legionäre haben damals meinen Schülern, ihren Eltern schreckliche Dinge angetan. Und auch nachdem die Rebellion vorbei war, lebten die Leute weiterhin in Angst und Schrecken. Jetzt kann ich nicht behaupten, dass sich das Straßenbild unbedingt verändert hatte, die Leute gingen weiter normal ihren Dingen nach. Aber in den Häusern selbst hatte man sein Bestes getan, um sich zu verbarrikadieren. Auf der Straße ging man wie sonst auch, ich bin selbst täglich rausgegangen. Aber die Legionäre gingen direkt in die Häuser hinein und nahmen die Menschen als Geiseln mit oder töteten sie direkt an Ort und Stelle. Sie besetzten die Schule in der ich unterrichtete, sie rückten ihre Pistolen und bedrohten uns, da sind wir alle auf den Hof gegangen. Wir standen alle dort, mit 800 Schülerinnen, zum Glück war es ein sehr großer Hof. Sie hatten nur die Schule besetzt, auf den Hof durfte ich gehen. Aber sie nahmen mir die Notenhefte weg, sie nahmen alles mit, es blieb einfach nichts. Später fand ich sie im Staatsarchiv wieder, denn sie hatten sie dorthin gebracht, ich nahm alle Dokumente wieder mit.“
Constantin Matei arbeitete als Techniker beim Rumänischen Rundfunk, er leitete ferner die Radiozelle der Legion. Er war im September 1940 der Legionärsbewegung beigetreten. Im Interview mit Radio Rumänien erinnerte auch er sich an die Rebellion.
Ich hatte gerade Dienst und war im Studio. Es trat auch die Armee vor das Mikrophon, es wurden die Mitteilungen vom Vorsitz des Ministerrates durchgegeben, es sprachen auch die vom Sekretariat der Legionärsbewegung. Ich wurde zum Präsidenten bestellt, zum Generaldirektor Mînzatu, von den Sprechern wurde Dan Andronescu eingeladen und ich vom technischen Dienst. Es war 12 Uhr Mitternacht. Ion Antonescu stand im Schlafanzug vor dem Schreibtisch, ebenso sein Stellvertreter, Mihai Antonescu, der sich gegen ein Bücherregal lehnte. Antonescu fragte: ‚Wer hat euch den Auftrag gegeben, die Mitteilungen im Radio zu senden?‘ Er sprach dabei Mînzatu an, der ihm antwortete: ‚Sie haben angeordnet, dass alle Mitteilungen vom Vorsitz und der Legionärsbewegung direkt an die Radiosprecher weitergegeben werden.‘ Und da hat Antonescu gesagt: ‚Will mir Horia Sima [der Anführer der Legionäre — Anm. d. Red.] mit den Arbeitern von den Malaxa-Werken beweisen, dass er das Land hinter sich hat? Ich zeige euch morgen, dass die Intellektuellen und die Landesarmee mit dem General Antonescu sind und ihr euch lieber um eure Sachen kümmern sollt! Sendet keine Mitteilungen mehr, hört mit der Agitation auf! Sendet nichts anderes als das, was wir euch vom Vorsitz des Ministerrates schicken!‘ Ich bin zur Sendeanlage in Băneasa gefahren und dort war die deutsche Armee. Ein Kapitän, der sehr gut Rumänisch konnte, sagte uns: ‚Horia Sima kennt sich nicht aus in der Politik. Ihr tut mir leid, regt euch ab, denn Antonescu hat die Partie gewonnen!‘“
Der damals leitende General der Gendarmerie, Mihail Baron, gab 1995 selbst ein Interview für das Zentrum für Mündliche Geschichte. Vor allem die Ausführung der erhaltenen Befehle sei ihm in Erinnerung geblieben.
Am Morgen des 21. Januar haben sie den Angriff auf die Lokal- und Zentralbehörden landesweit gestartet. Dank der überraschenden Aktion konnten sie das Justizministerium, den Sitz des Amtsblattes und andere Institutionen besetzen, darunter die Nationalbank, die Sparkasse, die zentrale Poststelle. Nur den Rundfunk haben sie nicht bekommen. Sie konnten zwar den Radiosender in Bod [bei Kronstadt] besetzen, aber in Bukarest gelang ihnen das nicht, weil der Rundfunk von der Gendarmerie bewacht wurde und sie auch entsprechend reagierten. Und weil sie doch mit den restlichen Landesteilen kommunizieren wollten, haben sie dann die unterirdischen Kabelleitungen abgeklemmt und die Verbindung zu einem mobilen Sender hergestellt, mit dem sie angeblich aus der Hauptstadt berichteten und Geschichten verbreiteten, wonach die Regierung gefallen sei und die Legionäre gesiegt hätten. Auch haben sie überall Plakate geklebt. Einige waren gelb oder rot, auf anderen wurden die Freimaurer angegriffen, auf weiteren die Kommunisten — dadurch wollten sie noch mehr Spannungen erzeugen. Am 21. Januar marschierten auf allen Straßen die Legionäre. Sie riefen laut ›Sieg der Legion!‹. Sie versperrten die Straßen mit geparkten LKWs, mit Straßenbahnen, mit Bussen, mit Betonmischern, mit Benzinfässern, die sie bei Bedarf anzünden wollten. Am 22. Januar, gegen 14 Uhr, als Marschall Antonescu sah, wie viele Gewaltverbrechen begangen worden waren, dass es hunderte Verletzte gab, erteilte er der Armee den Befehl, einzugreifen, den Widerstand zu brechen und die Rebellen festzunehmen.“
Nach der Rebellion wurden etwa 8000 Legionäre festgenommen, angeklagt und zu verschiedenen Strafen verurteilt. Rund 700 von ihnen, allen voran Horia Sima, suchten in Deutschland Zuflucht. Infolge der Ereignisse blieb Ion Antonescu der alleinige Herrscher über die politische Szene in Rumänien.