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Am Anfang war Callatis

Die Ursprünge des heutigen Mangalia gehen auf die hellenische Kolonisation in der Antike zurück

Am Anfang war Callatis
Am Anfang war Callatis

, 30.03.2015, 16:44

Zwischen dem sechsten und achten Jahrhundert vor Christus fand ein Phänomen statt, dass die Historiker als gro‎ße griechische Kolonisation bezeichnen — Siedler wagten sich aus den Zivilisationshochburgen des alten Hellas heraus und gründeten Städte überall im Mittelmeerraum und am Schwarzen Meer. Die neuen Niederlassungen blieben im regen politischen, kulturellen und kommerziellen Austausch mit ihren jeweiligen Herkunftsstädten. Am westlichen Ufer des Schwarzen Meeres, auf dem heutigen Gebiet von Rumänien, erschienen auf diese Weise zum einen die Städte Histria und Tomis, die von Siedlern aus Milet auf dem östlichen Ufer des Ionischen Meers gegründet wurden. Zum anderen entstand weiter südlich davon Callatis — gegründet wurde die Burg von Siedlern aus der so genannten Heraclea Pontica am Südufer des Schwarzen Meeres, rund 100 km von der Bosporus-Meerenge entfernt.



Die hellenischen Siedler mussten allerdings nicht ganz bei Null anfangen, sondern knüpften an eine getische Siedlung an, die in den Annalen der Geschichte als Acervetis oder Cerbates einging. Die Getodaker und die zugezogenen Hellenen bewohnten die neue Stadt Callatis gemeinsam. Heute liegt auf dem Standort von Callatis die rumänische Stadt Mangalia, mit einer Bevölkerung von etwa 33.000 Einwohnern. Spezialisten und Archäologen gehen davon aus, dass Callatis im Altertum das wichtigste Kulturzentrum in der Region war, die heute unter dem Namen Dobrudscha bekannt ist. Aber Callatis gehörte auch zu den wichtigsten Handelsplätzen, da der Wirtschaftsstandort durch den Hafen einwandfrei an die regionalen Seewege angebunden war. Das geschäftige Leben der Stadt lässt sich durchaus belegen, sagt Sorin Marcel Colesniuc, der Leiter des Museums Callatis im gleichnamigen Kulturkomplex in Mangalia.



Es gibt erstens die Inschriften, die wir in Mangalia gefunden haben, dann auch die Darstellungen von Professoren auf Grabmalen. Und antike Schriftsteller der Burg Callatis Istros von Callatis, Demetrios von Callatis, Herakleides alias Lembos und den Rhetoriker Thales. In Mangalia ist der einzige antike Papyrus auf rumänischem Gebiet gefunden worden, im Jahr 1959.“




Der Historiker Colesniuc erzählt weiterhin, dass damals in Rumänien keine richtigen Lagerungsbedingungen geschaffen werden konnten, also wurde der Papyrus aus dem 4. Jahrhundert vor Christus nach Moskau gebracht. Für die rumänischen Wissenschaftler galt das Schriftstück als verschollen, doch Colesniuc und sein Kollege Dr. Ion Pâslaru stie‎ßen letztendlich im Jahr 2011 nach zwei Jahren akribischer Suche auf das Fundstück beim Zentrum für Restaurierung und Konservierung in Moskau und brachten es zurück nach Rumänien. Niemand wei‎ß, was darauf steht, denn bei der Entdeckung fiel der Papyrus aufgrund der Einwirkung von Licht und Sonne komplett auseinander. Zum Glück konnte es in Moskau konserviert werden. Im Moment existieren 154 Fragmente — auf den grö‎ßeren können altgriechische Buchstaben erkannt werden, die allerdings kein vollständiges Wort ergeben. Doch auch sonst sind viele interessante Objekte im Callatis-Museum von Mangalia zu bewundern, sagt Sorin Marcel Colesniuc.



Es gibt viele Architekturteile zu sehen, darunter Säulen, Kapitelle, Architrave, Friese mit Metopen, Simsstücke mit abgebildeten Rinderschädeln, Keramikgefä‎ße — vor allem Amphoren. Auch haben wir Öllichter, Aquädukte, Tanagra-Statuen, Glasgefä‎ße, Grabsterne, Inschriften, Götterdarstellungen, Schmuck, Münzen, Metallobjekte und vieles anderes mehr. Vor dem Museum sind viele Architekturteile zu sehen. Es gibt au‎ßerdem einen archäologischen Park und nicht zuletzt Fundstellen um Mangalia. Die Nordmauer der Burg Callatis und die Nordwestecke können besucht werden — und auch das Prinzengrabmal auf der Stra‎ße nach Albeşti, 3 km von der Stadt entfernt.“




Aussagekräftig für die Wirtschafts- und Handelsmacht der Siedlung war der alte Hafen von Callatis — doch er liegt heute unter Wasser, sagt der Historiker und Archäologe Colesniuc.



Der Hafen von Callatis wurde im 4. Jahrhundert vor Christus gebaut. In den letzten 200 Jahren ist der Meeresspiegel leider um etwa 2 Meter gestiegen, so dass der Hafen und dessen Anlagen heute unter dem Meer begraben sind. In den Jahren 1960-1970 hat der Forscher Constantin Scarlat mehrmals Taucharbeiten durchgeführt und eine Karte des Hafens gezeichnet. Dabei hat er viel Keramik gefunden, besonders Ziegeln und Amphoren. Die Karte hat er 1973 in einer Klausenburger Fachzeitschrift veröffentlicht. Eingezeichnet sind dort auch einige Schiffswracks. Wir haben mit Firmen aus Italien und Ungarn gearbeitet, die den Meeresboden gescannt haben, und auch dort erscheinen die Überreste der Schiffe aus dem Altertum.“




Wie der Historiker weiter erzählt, verfällt Callatis nach einigen Jahrhunderten seiner Blütezeit und wird später quasi zur Ruine — eine Folge der Einfälle der Barbaren, wei‎ß der Wissenschaftler:



Um das zweite Jahrhundert nach Christus erscheinen in der Region die Wandervölker — zuerst die Kostoboken, dann die Goten, Karpen und im 5. Jahrhundert die Hunnen. Ende des 6., Anfang des 7. Jahrhunderts fallen dann die Awaren und die Slawen ein, die die Burg Callatis vollständig zerstören. 300 Jahre lang verschwindet sie faktisch von der Bildfläche, archäologische Quellen gibt es keine mehr. Plötzlich erscheint dann im 13. Jahrhundert auf dem Standort des antiken Callatis zum ersten Mal eine Siedlung mit der Bezeichnung Pangalia, der Name Mangalia erscheint zum ersten Mal im Jahr 1593.“




Callatis teilt das Schicksal vieler Städte, die sich uns nur noch durch archäologische Fundstücke offenbaren. Sie verraten wenig über die Menschen, die in der Burg lebten — aber auch die geahnten dunklen Geheimnisse der Vergangenheit wirken faszinierend auf die Menschen von heute.

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