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30 Jahre seit der Renaissance demokratischer Politik in Rumänien

Im Dezember 1989 erhielten die Rumänen neben anderen Rechten und Freiheiten auch das Recht, die Politik ihres Landes mitzugestalten.

30 Jahre seit der Renaissance demokratischer Politik in Rumänien
30 Jahre seit der Renaissance demokratischer Politik in Rumänien

, 06.04.2020, 13:13

In den ersten Monaten des Jahres 1990 wurde das Mehrparteiensystem wiederhergestellt, nachdem die kommunistische Herrschaft für 45 Jahre eine Zäsur geschaffen hatte. In der rumänischen Gesellschaft, die wie andere in Mittel- und Osteuropa die schwierigste Zeit ihrer Geschichte durchlaufen hatte, begann eine neue Geschichte des politischen Engagements.



Der Politikwissenschaftler und Professor Ioan Stanomir von der Universität Bukarest ist der Ansicht, dass das Bild der politischen Partei per se einer der prägenden Wesenszüge der Wende war:



Seit Ende Dezember 1989 — Anfang Januar 1990 hat Rumänien es mit einem Phänomen zu tun, das das Land in den letzten Jahrzehnten nie gekannt hatte und das keinen Bezug zum kommunistischen Regime hat. Das Land erlebt die Wiedergeburt des Pluralismus. Im Falle Rumäniens gibt es eine doppelte Besonderheit: Einerseits erscheint eine Partei mit hegemonialer Berufung, die von Anfang an mit dem Staat gleichgesetzt wurde — die Front zur Nationalen Rettung (FSN). Andererseits erscheinen demokratische Parteien wieder, die während des kommunistischen Regimes verboten und aufgelöst und deren Mitglieder einigen grausamen politischen Verfolgungen ausgesetzt worden waren: die Christlich-Demokratische Nationale Bauernpartei (PNŢCD), die National-Liberale Partei (PNL) und die Sozialdemokratische Partei (PSD).“




Professor Stanomir sagt, dass die Neuerfindung der Politik das Profil des politischen Lebens Rumäniens auch in den kommenden Jahren beeinflusste. Auf der politischen Ebene erschienen auch eine Reihe von Organisationen, die sich für die Konsolidierung bürgerlicher und demokratischer Gesinnung in Rumänien als sehr wichtig erwiesen — dazu gehören die Gruppe für den sozialen Dialog (GDS) und später die Bürgerallianz (AC). Ioan Stanomir identifiziert als zweites Merkmal der postkommunistischen rumänischen Politik die Atomisierung des politischen Angebots:



Der Rechtsrahmen unmittelbar nach der Revolution war genau darauf ausgerichtet, eine solche Atomisierung zu fördern. Damals sprach man darüber, eine Partei mit den Nachbarn im Wohnblock zu gründen. Und das war nicht aus der Luft gegriffen. Für die Front zur Nationalen Rettung war diese politische Vielfalt wichtig, weil sie einerseits zu einer Zersplitterung führte und andererseits Verwirrung stiftete.“




Politologen sind der Ansicht, dass die vielen politischen Parteien gro‎ße Unterschiede in ihrer Zielsetzung aufwiesen. Dies war auch aus den Debatten des Provisorischen Rates der Nationalen Einheit (CPUN) bemerkbar, der ersten parlamentarischen Form nach dem Sturz des Ceauşescu-Regimes. Professor Stanomir über die politische Konstellation im ersten demokratischen Parlament nach der Wende:



Es besteht offensichtlich ein grundlegender Unterschied zwischen politischen Parteien, die für ein persönliches Ziel gegründet wurden, und solchen, die gegründet wurden, um auf einen Ethos und eine gewisse politische Ordnung einzuwirken. Diese politische Dynamik hatte vor allem im ersten provisorischen Parlament Rumäniens, dem Provisorischen Rat der Nationalen Einheit, wichtige Konsequenzen. Die eine Hälfte der Sitze wurde der Front zugeteilt, während die andere Hälfte an die politischen Parteien ging. So kam die Front zu einer qualifizierten Mehrheit, da ein signifikanter Teil der neu gegründeten politischen Parteien eigentlich Deckorganisationen der Front waren. Für jede klassische, demokratische Partei gab es einen, zwei oder sogar drei Klone — ein Beispiel dafür ist die Agrardemokratische Partei (PDAR), die gegründet wurde, um den Einfluss der Christlich-Demokratischen Nationalen Bauernpartei zu begrenzen. Die Agrardemokratische Partei war eine Partei, die die Interessen der Nomenklatur der ehemaligen staatlichen Agrarkomplexe vertrat.“




In den 30 Jahren seit Dezember 1989 hat auch eine Professionalisierung der rumänischen Politik stattgefunden, wobei das Erbgut von vor 1989 und später angeeignete Automatismen ineinanderflossen, sagt der Politikwissenschaftler:



Die Professionalisierung der Politik oder das Entstehen einer politischen Elite, die keine biologische Verbindung mehr zum kommunistischen Regime hat, ist ein Fakt. Aber die Kontinuität einiger Praktiken, die aus der kommunistischen Ära und den postkommunistischen Jahren überliefert wurden, gehört ebenfalls dazu. Wir alle verstehen den Klientelismus. Die politischen Parteien in Rumänien sind oft Vehikel für die Begünstigung der eigenen Klientel, also die Belohnung loyaler Weggefährten mit Positionen in der öffentlichen Verwaltung, für die diese überhaupt nicht qualifiziert sind. Einige Parteien in Rumänien, insbesondere die Sozialdemokratische Partei, tragen das politische Erbgut der Front zur Nationalen Rettung in sich.“

Timişoara, 35 years ago (photo: Costantin Duma)

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