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1. Dezember 1918: politisches Gedankengut im rumänischen Raum der Epoche

Am 1. Dezember feiern die Rumänen ihren Nationalfeiertag. Was dieser bedeutet und welche politischen Ideen an der Schwelle des 19. zum 20. Jh. im Umlauf waren, erfahren Sie in unserem Geschichtsmagazin.

1. Dezember 1918: politisches Gedankengut im rumänischen Raum der Epoche
1. Dezember 1918: politisches Gedankengut im rumänischen Raum der Epoche

, 30.11.2015, 20:13

Der 1. Weltkrieg, der von der Entente gewonnen wurde, führte zu einer tiefgreifenden Veränderung der geopolitischen Karte Europas. Neue Staaten entstanden auf den Trümmern ehemaliger Reiche, andere haben ihre Landesfläche vergrö‎ßert. Rumänien war auf der Gewinnerseite. Am 1. Dezember 1918 entstand durch die Vereinigung des bis dahin aus der Walachei und der Moldau bestehenden Königreichs Rumänien mit den Provinzen Bessarabien, Bukowina und Siebenbürgen der Staat Gro‎ßrumänien.



Die wichtigsten Ideen, die zu dieser Vereinigung geführt haben, wurden von den Rumänen aus Österreich-Ungarn eingebracht, insbesondere in den ersten Kriegsjahren. Die Geschichtsschreibung nach 1918 brachte die Bedeutung des Ereignisses und das Opfer des rumänischen Volkes in den Vordergrund, mit dem Ziel, die Gründung eines Staates aller Rumänen rund um den Monarchen zu untermauern. Später hat das kommunistische Regime eine stark verzerrte Wahrnehmung des Ereignisses vom 1. Dezember 1918 propagiert — die Rede war dann vom jahrtausendealten Kampf des Volkes für die Realisierung des national-einheitlichen Nationalstaates“.



Die Ideen, die den Kampf für die Rechte der Rumänen in Österreich-Ungarn begleitet haben, hatten in Wirklichkeit einen viel komplizierteren Weg, als es auf den ersten Blick erscheint, um an die Öffentlichkeit zu gelangen und Einstimmigkeit zu erzielen. Die Rumänen hatten unterschiedliche Meinungen über die Politik und die Rechte der Rumänen in Österreich-Ungarn, es herrschte keine Einigkeit. Ein solches Beispiel ist die Polemik zwischen der Zeitung Tribuna“ und der National-Rumänischen Partei betreffend die Wahltaktik der Rumänen in Ungarn, eine Polemik, die als regelrechter Bruderkrieg wahrgenommen wurde. Der Tribuna-Fall ist ma‎ßgeblich für das soziale und politische Klima der 1890er Jahre, als sich der Radikalismus der neuen Generation von jungen Intellektuellen unter der Leitung von Octavian Goga und Octavian Tăslăuanu entwickelte. Es war die Periode, in der Idee entstand, dass die Parteien ein Volk spalten, während die Kultur ein Volk vereint.



Eine intensiv diskutierte Idee war der Föderalismus. Dieser entstand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und wurde von den Intellektuellen gefördert, die sich die Modernisierung auf die Fahnen geschrieben hatten. In Österreich-Ungarn hatte die Idee noch mehr Erfolg, weil die dualistische Struktur des Staates eine Reform in diesem Sinne ermöglichte. Der Historiker Răzvan Pârâianu von der Universität Petru Maior in Târgu Mureş erläutert, dass der rumänische Föderalist Aurel C. Popovici einer der wichtigsten rumänischen Nationalisten der Epoche war.



Aurel C. Popovici war einer der wichtigsten Nationalisten am Ende des 19. Jahrhunderts und hatte eine Theorie betreffend die Föderalisierung Österreichs-Ungarns entwickelt. Es handelte sich dabei um eine nationale Föderalisierung. Seine Theorie besagte, dass all diese Völker in Mittel -und Osteuropa alleine nicht überleben könnten. Früher oder später würden sie im Zusammenprall zwischen dem deutschen und dem slawischen Raum aufgerieben werden, meinte Popovici. Als Beispiel nannte er die Rumänen und die Ungarn, die in diesem Spannungsfeld, leben würden. Popovici starb im Exil im Jahr 1917, noch vor dem Ende des 1. Weltkriegs. Kurz vor seinem Tode hatte er allerdings eingesehen, dass seine Idee von den Vereinigten Staaten Gro‎ßösterreichs keine Lösung für die Rumänen darstellte, dass die Doppelmonarchie eine verlorene Causa war, insbesondere aufgrund der völlig uninspirierten Politik der ungarischen Regierung unter István Tisza.“




Das nahende Kriegsende brachte radikale Lösungen mit sich, die von vielen Bürgern befürwortet wurden. Historiker Răzvan Pârâianu dazu:



Man muss sagen, dass am Anfang des Krieges die Tisza-Regierung in Ungarn eine relativ positive Einstellung gegenüber den Rumänen hatte. Diese hatten ihn durch ihren Enthusiasmus, sich für den Krieg zu mobilisieren, überrascht. Er neigte dazu, sogar manche nationale Forderungen in Betracht zu ziehen. Die Lage änderte sich dramatisch, als Rumänien gegen Österreich-Ungarn in den Krieg eintrat. In dem Moment haben viele rumänische Persönlichkeiten in der Gegend um Braşov die rumänische Armee mit offenen Armen empfangen. Nachdem die rumänische Armee gezwungen wurde, sich zurückzuziehen, traf die ungarische Regierung Vergeltungsma‎ßnahmen nicht nur gegen jene Menschen, die ihren Enthusiasmus gezeigt hatten, sondern gegen alle Rumänen im Allgemeinen. Die Autonomie der Konfessionsschulen wurde zum Beispiel suspendiert und diese wurden in staatliche Schulen umgewandelt. Die Madjarisierungspolitik wurde verstärkt. Viele rumänische Priester und Lehrer wurden in Lagern eingesperrt. Gegen Ende des Krieges war die Unzufriedenheit gro‎ß. Nicht nur die rumänische Bevölkerung war unzufrieden, sondern es herrschte eine allgemeine Unzufriedenheit. In Budapest, Wien und in Deutschland brachen bolschewistische Revolutionen aus. Vor diesem Hintergrund kamen die Rumänen aus Siebenbürgen zur Schlussfolgerung, dass das Altreich Rumänien die Lösung für dieses Chaos darstellte, denn eine ganze Gesellschaft und der österreichisch-ungarische Staat brachen zusammen.“




Gro‎ßrumänien entstand am 1. Dezember 1918 durch den Willen und die Abstimmung der Nationalversammlung in Alba Iulia. An dieser nahmen rumänische Persönlichkeiten aus Siebenbürgen wie Iuliu Maniu, Alexandru Vaida-Voevod, Vasile Goldiş wie auch hochrangige Vertreter der orthodoxen und griechisch-katholischen Kirche teil. Alle diese Staatsmänner sahen in der politischen Konstruktion des neuen rumänischen Staates ein Ende der Ungewissheit und die Hoffnung auf eine neue Gesellschaft.

Timişoara, 35 years ago (photo: Costantin Duma)

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