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Ungarisches Staatstheater in Klausenburg: Das Minderheitentheater mit internationalem Renomee

Das Ungarische Staatstheater in Cluj/Klausenburg hat im Laufe der Jahre sein Publikum mit wertvollen, preisgekrönten Aufführungen verwöhnt und während der letzten Spielzeiten wurde es als eines der besten Theater in Rumänien eingestuft.

Ungarisches Staatstheater in Klausenburg: Das Minderheitentheater mit internationalem Renomee
Ungarisches Staatstheater in Klausenburg: Das Minderheitentheater mit internationalem Renomee

, 10.10.2015, 17:30

Das Ungarische Staatstheater in Cluj/Klausenburg hat im Laufe der Jahre sein Publikum mit wertvollen, preisgekrönten Aufführungen verwöhnt und während der letzten Spielzeiten wurde es als eines der besten Theater in Rumänien eingestuft. Neulich gab die Leitung des Ungarischen Staatstheaters die sieben Premieren bekannt, die für die Spielzeit 2015-2016 einstudiert wurden. Dazu der künstlerische Leiter András Visky:



Das Ungarische Staatstheater hat eine Zuschauergemeinde, die eine gro‎ße Vielfalt an Aufführungen erwartet, von zeitgenössischen Projekten bis zu klassischen Stücken. Deshalb planen wir sorgfältig jede Spielzeit, um die verschiedensten Zuschauer zufrieden zu stellen. Wir versuchen auch die Kinder fürs Theater zu gewinnen, mit Projekten, die speziell für sie gedacht sind.“




Die erste Premiere, am 9. Oktober, ist Julius Cäsar” von William Shakespeare, in der Regie von Silviu Purcărete. András Visky ist für die Dramaturgie der Aufführung verantwortlich:



»Julius Cäsar« ist leider ein sehr aktuelles Theaterstück. Es ist ein politisches Stück, und es scheint, dass diese politische Dimension gerade die Übergangszeit, die wir erleben, aus einer universellen Perspektive darstellt. Dabei beziehe ich mich nicht auf Rumänien, sondern auf die Europäische Union. Die Art und Weise, wie Silviu Purcărete dieses Werk Shakespeares angeht, trägt einerseits das Markenzeichen Purcărete, aber andererseits enthält das Stück auch den shakespeareschen Pessimismus, der in unserer Zeit einen speziellen Wert hat. Die historischen Dramen Shakespeares enden fast immer apokalyptisch, alle Hauptfiguren verschwinden von der Bühne, es kommt eine neue Generation, die aber keine tiefgehende Versöhnung mit der Vergangenheit verspricht. Wenn wir keine selbstreflektierende, kathartische Beziehung zur Vergangenheit aufbauen, dann bleibt diese Vergangenheit in uns bestehen. Die Hauptmetapher in dieser Aufführung ist der Leichnam Cäsars, der auf der Bühne bleibt und zum Protagonisten des Geschehens wird, auch wenn Cäsar bereits ermordet wurde. Shakespeare zu inszenieren, bedeutet immer, den Text zu hinterfragen und zu entscheiden, welche Register wir ziehen. Silviu Purcărete bat mich um einen poetischen, aber auch zeitgemä‎ßen Text.“




Die nächste Produktion dieser Spielzeit ist eine Aufführung über Migration, eine Bühnenbearbeitung nach dem Roman Amerika“ von Franz Kafka. Die Regie führte der Direktor des Nationaltheaters Prag, Michal Dočekal. Und der Regisseur László Béres inszenierte das Musical für Kinder Der ungeschickte Zauberer“ von Pál Békés. Im Februar 2016 wird der Regisseur Felix Alexa mit dem Text Der Pelikan“ von August Strindberg im Ungarischen Staatstheater Cluj präsent sein. Einen Monat später inszeniert der französische Regisseur Dominique Serrand, der zwei Tony-Awards gewonnen hat, eine experimentelle Musikshow, basierend auf den Requiems der klassischen Musik. In Mai 2016 findet die Uraufführung des Stückes Die Galoschen“ von György Dragomán statt. Der Autor stammt aus der siebenbürgischen Stadt Târgu Mureş (Neumarkt am Mieresch); die Inszenierung machte der Filmregisseur János Szász. Und Mihaela Panaite führt Regie bei einer Bühnenbearbeitung des Versepos Buch der Alten“ von Domokos Szilágyi, dem vielleicht wichtigsten ungarischen Dichter der 1960er und 1970er Jahre in Siebenbürgen.



Das Ungarische Staatstheater Cluj soll vor allem dem Publikum, der gesamten, nicht nur ungarischsprachigen Gemeinschaft dienen, meint der künstlerische Leiter András Visky:



In unserem Theater beschäftigte ich mich intensiv mit der Kommunikation. Ein Hauptanliegen war dabei, das Image eines ‚Stadttheaters‘ zu schaffen und das Image des ‚Minderheitentheaters‘ in den Hintergrund zu treiben. In einer globalen Kultur sind wir alle Minderheiten. Der Ausdruck ‚Minderheit‘ hat für mich keine negative Konnotation, weil die Kultur, die Kunst, die Literatur in unserem Alltag Minderheiten sind. Von diesem Gesichtspunkt der Minderheit betrachtet empfinde ich mich als Agent der Kulturinhalte. Daher sind wir ein Stadttheater, ein Theater unserer Stadt. Unsere Aufführungen haben rumänische Übertitel, und die Anzahl der rumänischsprachigen Zuschauer steigt. Sie beteiligen sich auch an vielen Gesprächsrunden, an Regionalprogrammen, und man spürt schon, dass unser Theater zum Theater unserer Stadt, zum Theater unserer Region geworden ist. Wir sind auch überall in Rumänien präsent, wir beteiligen uns an allen wichtigen Theaterfestivals. Gleichzeitig sind wir Mitglieder der Europäischen Theatervereinigung und wir nehmen regelmä‎ßig und selbstverständlich am europäischen Theatergeschehen teil. Wir beteiligen uns an vielen europäischen Theaterfestivals und das ist sowohl für unsere Schauspieler als auch für die ausländischen Kollegen, die bei uns Aufführungen inszenieren, besonders wichtig. Es bedeutet uns sehr viel, Teil des europäischen und universellen kulturellen Dialogs zu sein.“

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