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Topographie der Literatur: das Wörterbuch der literarischen Orte in Bukarest

Für ihr Projekt haben die Autorinnen Tausende Orte und urbane Legenden recherchiert, die mit Figuren aus der rumänischen Literatur in Verbindung stehen, und brachten somit das Flair Bukarests der Belle Époque in die Gegenwart.

Topographie der Literatur: das Wörterbuch der literarischen Orte in Bukarest
Topographie der Literatur: das Wörterbuch der literarischen Orte in Bukarest

, 08.08.2020, 17:30

Das Wörterbuch der literarischen Orte in Bukarest erzählt 167 Geschichten über das literarische Bukarest. Ursprünglich hatten die Autorinnen Andreea Răsuceanu und Corina Ciocârlie über fast zweitausend Orte und urbane Legenden recherchiert, die mit Figuren aus der rumänischen Literatur, mit der realen und literarischen Geographie der Hauptstadt verbunden sind. Ob Realität oder Fiktion, verzweigen sich die Boulevards, Stra‎ßen und Gassen der rumänischen Hauptstadt und kommen wieder zusammen, was Geschichten entstehen lässt, die ineinander flie‎ßen. Dieser literarische Spaziergang auf den Spuren der Figuren führt uns manchmal zum Römer-Platz (Piaţa Romană) und zum Amzei-Markt, manchmal zum Athenäum oder zum öffentlichen Garten Herăstrău, zum Stadtteil Cotroceni oder Dudeşti. Am Ende entsteht eine Art virtueller Karte von Bukarest, die es dem Leser ermöglicht, sich in der Stadt und ihren Büchern zurechtzufinden“, schreiben die Autorinnen des Wörterbuchs der literarischen Orte in Bukarest, Andreea Răsuceanu und Corina Ciocârlie. Dazu die Schriftstellerin und Literaturkritikerin Andreea Răsuceanu:



Gleich zu Beginn hatten wir einen kleinen Moment der Panik angesichts der eher beängstigenden Aussicht, den grö‎ßten Teil der literarischen Schriften erneut lesen zu müssen, was wir übrigens auch taten. Wir haben also die rumänische Literatur des 19. Jahrhunderts erneut gelesen, dann haben wir uns die Schriftsteller der Zwischenkriegszeit angesehen — über die Auswahl haben wir lange verhandelt — und dann sind wir zu den zeitgenössischen Autoren gekommen. Da ich bereits über einige der letzteren geschrieben hatte, versuchte ich, die zuvor genannten Namen nicht noch einmal zu erwähnen. Corina Ciocârlie war eine au‎ßergewöhnliche Arbeitspartnerin. Wir teilten die gleiche Begeisterung und vor allem eine gro‎ße Leidenschaft für die Stadt Bukarest und ihre Geschichten. Das ist, glaube ich, das Geheimnis dieses Buches. Au‎ßerdem ergänzten wir uns auf natürliche Weise, denn diesmal wollte ich die Vororte erkunden, während Corina innerhalb der Grenzen der zentralen Gebiete bleiben wollte. Ich wollte über das bunte Bukarest schreiben, das Bukarest der Elendsviertel am Stadtrand, über die Cuţarida-Grube, benannt nach dem Ingenieur Nicolae Cuţarida, die dem 1957 geschriebenen Roman »Die Grube« von Eugen Barbu ihren Namen verliehen hat. Ich habe auch über das Elendsviertel Filantropia geschrieben, über die Stra‎ße Calea Griviţei, über dieses Gebiet, das noch unerforscht ist, ein wei‎ßer Fleck auf der Landkarte, wo man die städtische Entwicklung nachvollziehen und förmlich sehen kann, wie die Stadt emporkommt.“




Das Wörterbuch der literarischen Orte von Bukarest soll eine Rache für das verstümmelte, belästigte, verschwundene Bukarest“ sein. Die Literaturkritikerin Corina Ciocârlie kommt zu Wort:



In den Seiten des Wörterbuchs ist das Uranus-Viertel noch nicht abgerissen worden, das Pressehaus »Casa Scânteii« hat das Băneasa-Hippodrom noch nicht ersetzt, die Sala Dalles hat noch ihre modernistische Fassade aus den 1930er Jahren und hinter dem Lido-Hotel hört man noch immer das verführerische Rauschen des berühmten Wellenbades. Eine kleine Übung für Phantasie: Wenn wir aus den Fenstern der Buchhandlung Humanitas Cişmigiu, die uns heute Abend empfängt, schauen würden, würden wir diesen schönen Boulevard Regina Elisabeta (Königin Elisabeth) sehen. Eine ganze Show würde sich vor unseren Augen entfalten: mehrfarbige Plakate, exzentrische Outfits und Frisuren, mit leidenschaftlichen Liebesaffären, Ehebruch und Verrat, wie man sie im Film sieht. Auf den Bürgersteigen des Boulevards, zwischen dem Park Cişmigiu und der Gambrinus-Brauerei einerseits und dem Kino Capitol und dem Offizierscasino andererseits, ziehen die schönen Menschen der Belle Époque vorbei. Es ist nicht überraschend, auf die eine oder andere Figur aus einem Roman zu sto‎ßen: Nory Baldovin (Protagonistin des Romans »Rădăcini« (»Wurzeln«), geschrieben von Hortensia Papadat-Bengescu und veröffentlicht 1938), Emilia Răchitaru oder Madame T. (Figuren aus dem Roman »Patul lui Procust«, »Das Bett des Prokrustes«, veröffentlicht von Camil Petrescu 1933). Nichts wäre langweilig: keine heruntergekommenen Fassaden, keine geschlossenen Kinos. Und dann würde die Heldin des Romans »Fontana di Trevi« der Schriftstellerin Gabriela Adameşteanu, Letiţia Branea, die kürzlich aus Paris zurückgekehrt ist, es nicht bedauern, dass der Boulevard Elisabeta zu einer trostlosen Landschaft geworden ist.“




Abgesehen von den Hinweisen zu berühmten Stra‎ßen und ihren Geschichten ist das Wörterbuch der literarischen Orte in Bukarest ein wertvolles Verzeichnis von Denkmälern, Bahnhöfen, Kreuzungen, Parks, Plätzen, Märkten, Bistros, Cafés, Hotels, Kinos und sogar Buchläden und Zeitungsständen.

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