Schriftstellerin Gabriela Adameşteanu mit Preis für Gesamtwerk ausgezeichnet
Die Schriftstellerin, Essayistin und Journalistin Gabriela Adameşteanu zählt zu den Klassikern der zeitgenössischen rumänischen Literatur.
Corina Sabău, 01.09.2018, 17:30
Bei der 12. Gala der Zeitschrift Observator Cultural“ wurde die Schriftstellerin, Essayistin und Journalistin Gabriela Adameşteanu mit dem Preis Opera Omnia Gheorghe Crăciun“ ausgezeichnet. Die Prosawerke der Gabriela Adameşteanu — die Romane Drumul egal al fiecărei zile“ (Der gleiche Weg an jedem Tag“), Dimineaţă pierdută” (Der verlorene Morgen“), Întîlnirea“. (Begegnung“), Provizorat“ (Provisorium“) und die Kurzprosabände Dăruieşte-ţi o zi de vacanţă“ (Schenk dir einen Ferientag“) und Vară–primăvară“ (Frühling–Sommer“) erhielten wichtige Preise, wurden in 15 Sprachen übersetzt und zählen zu den Klassikern der zeitgenössischen rumänischen Literatur.
Gabriela Adameșteanu wurde am 2. April 1942 in Târgu Ocna (im Osten Rumäniens) geboren und wuchs in Piteşti auf. Ab 1960 studierte sie rumänische Literatur an der Universität Bukarest und 1965 schrieb sie ihre Diplomarbeit über Marcel Proust. Erste literarische Versuche konnte sie 1971 veröffentlichen. Ihr Romandebüt von 1975, Drumul egal al fiecărei zile“ (Der gleiche Weg an jedem Tag“), nominiert für den Preis Jean Monnet“ für europäische Literatur, beschreibt das typische Leben der sechziger Jahre und wechselt zwischen dem Motiv der éducation sentimentale“ eines jungen Mädchens und den Themen Erfolg und Misserfolg. Einige der Kurzgeschichten aus dem Prosaband Dăruieşte-ţi o zi de vacanţă” (Schenk dir einen Ferientag“), 1979, und Vară–primăvară“ (Frühling–Sommer“), 1989, erzählen von der Hoffnungslosigkeit der späten Jahre unter Ceauşescus Herrschaft und wurden auch in russischen, deutschen, österreichischen, ungarischen und estnischen Anthologien veröffentlicht.
Ihr bekanntestes Werk Dimineaţă pierdută” (Der verlorene Morgen“), 1984, bildete die Vorlage für eines der erfolgreichsten Theaterstücke Rumäniens und wurde 1986 am Bukarester Teatrul Bulandra von Cătălina Buzoianu inszeniert. Mit feinem Gespür für die Redeweisen und Perspektiven der verschiedenen Gesellschaftsschichten und Persönlichkeiten stellt Gabriela Adameşteanu individuelle Schicksale und kollektive Tragödien nebeneinander und schafft ein vielstimmiges Porträt ihres Landes im 20. Jahrhundert. Der Roman wurde auch in Estland und Bulgarien veröffentlicht und erschien in Auszügen in den Magazinen »Words Without Borders« und »Wespennest«. Die französische Ausgabe von 2005 wurde für den Prix Union Latine nominiert.
Der Roman Întâlnirea“ (Begegnung“), 2003, ist ein modernes Echo auf Homers Odyssee“. Das lyrische und dramatische Werk thematisiert die problematische Kommunikation zwischen einem rückgekehrten Emigranten und seinem — in langen Jahren der Diktatur von der Welt isolierten — Heimatland.
Der Roman Provizorat“ (Provisorium“), 2010, wurde vom Literaturkritiker Alex Goldiş wie folgt beschrieben: Es ist ein besonders spezifischer Roman der Schriftstellerin, die das Individuelle und das Politische in allen möglichen Situationen zusammenbringt. »Provisorium« ist der Beweis dafür, dass Gabriela Adameşteanu endgültig zur Literatur zurückgekehrt ist und am beunruhigenden Thema vom Menschen und der Politik weiter arbeitet.“ Beim Salon du Livre in Paris 2013 wurde Adamelteanus Roman Provisorium“ zum Bestseller.
Die Bände Obsesia politicii“ (Die Leidenschaft der Politik“), 1995, und Cele două Românii“ (Die zwei Rumänien“), 2000, gehören zur journalistischen Aktivität Gabriela Adamşteanus. Während der rumänischen Revolution 1989 hatte sie den Mut, einen Protestaufruf bei Radio Free Europe zu unterstützen. Von 1991 bis 2005 war Gabriela Adameşteanu Chefredakteurin der Zeitschrift 22“, einer der wichtigsten bürgerrechtlichen und politischen Publikationen in Rumänien. Für ihre Aktivität als Bürgerrechtlerin erhielt sie 2002 den Hellmann Hammett Award“. Die Journalistin und Schriftstellerin Gabriela Adameşteanu war von 2000 bis 2004 Vizepräsidentin und von 2004 bis 2006 Präsidentin des rumänischen P.E.N.-Clubs. Ab 2005 widmete sich Gabriela Adameşteanu wieder der Literatur. 2007 und 2009 war sie Mitglied der Jury der Union Latine und 2013 Ehrenpräsidentin des Prix Goncourt Rumänien. 2014 wurde sie vom französischen Kulturministerium mit dem Titel Chevalier de L’Ordre des Arts et Lettres“ ausgezeichnet.
Carmen Muşat, Chefredakteurin der Zeitschrift Observator Cultural, über die diesjährige Preisträgerin der Auszeichnung Opera Omnia Gheorghe Crăciun“:
Wir reden hier über eine Schriftstellerin von Format. Auch wenn sie bereits vor 1989 Romane und Prosabände veröffentlicht hat, die sowohl von den Kritikern als auch von den Lesern hochgelobt wurden, haben ihre Werke bis zum heutigen Tage keine Falte bekommen, sie sind genauso frisch und eindrucksvoll, auch für das neue, junge Publikum, das eine andere Literaturrezeption hat. Ihre Prosa stellt die alltägliche Welt vor, normale Menschen in verschiedenen Lebenssituationen. In ihrer Prosa spürt der Leser immer die wachen Augen und die gespitzten Ohren der Schriftstellerin, die die feinsten Nuancen der menschlichen Existenz aufspürt und in ihren Kurzgeschichten und Romanen mögliche Welten schafft, die den Leser in ihren Bann ziehen. Wir reden über die gefeierte Autorin der bekannten Romane »Der gleiche Weg an jedem Tag«, »Der verlorene Morgen«, »Frühling-Sommer«, »Begenung«, »Provisorium«, aber auch über die hochkarätige Essayistin und Journalistin, die exzellente Interviews mit sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten aus verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen geführt hat. Wir reden von einer Autorin, die nicht nur ein außergewöhnliches literarisches Werk geschaffen, sondern auch jahrelang eine wichtige Zeitschrift gestaltet und geprägt hat. Wir reden hier von Gabriela Adameşteanu.“
Seit 2008 veröffentlicht der Bukarester Verlag Polirom die Autorenreihe Gesammelte Werke — Gabriela Adameşteanu“.