Rumänien als Schwerpunktland bei der Buchmesse Istanbul
Als Ehrengast lieferte Rumänien ein vielfältiges Programm mit bekannten Namen der zeitgenössischen Literatur. Im Mittelpunkt stand auch das Kinderbuch.
Corina Sabău, 21.11.2015, 17:30
Gabriela Adameşteanu, Matei Vişniec, Dan Lungu, Octavian Soviany, Carmen Muşat, Daniel Cristea-Enache, Florin Bican, Lucian Dan Teodorovici, Radu Vancu, Vasile Ernu und Alexandru Matei sind einige der Schriftsteller, die ihre Literatur bei der Internationalen Buchmesse in Istanbul vorgestellt und auf Fragen des Publikums am Stand Rumäniens geantwortet haben. Während der Internationalen Buchmesse in Istanbul fanden auch Rundtischgespräche statt und es wurden die türkischen Versionen der Bände Die rote Babuschka“ von Dan Lungu (im Bence Kitap Verlag) und Ein dunkles Fenster“ von Florin Irimia (Aylak Adam Verlag) vorgestellt, es wurden Treffen zwischen rumänischen und türkischen Kulturvertretern sowie Kinderveranstaltungen sowohl beim nationalen Stand als auch beim Rumänischen Kulturinstitut in Istanbul veranstaltet.
Im Üsküdar Tekel Stage Theater und beim Französischen Gymnasium Sainte-Pulchérie in Istanbul wurden in Anwesenheit des Autors zwei Stücke von Matei Vişniec aufgeführt: Die Tschechow-Maschine“ und Das Wort Fortschritt klingt unheimlich falsch, wenn meine Mutter es ausspricht“. Eines der Rundtischgespräche, das für großes Interesse gesorgt hat, trug den Namen Kinderliteratur, eine ernste Sache“ und hatte Oana Ispir vom Zeichnerclub und die Schriftsteller Florin Bican und Vasile Ernu zu Gast. Gefragt, was ihn dazu veranlasst hat, sich der Kinderliteratur zuzuwenden, sagte Vasile Ernu, dass er schon immer ein großer Fan von Kinderbücher gewesen ist. Seiner Meinung nach gibt es einen entscheidenden Moment in der Kindheit — die Begegnung mit Büchern.
Ich habe begonnen, mich mit diesem Phänomen auseinander zu setzen, denn mich hat es interessiert; ich wollte verstehen, warum das Kinderbuch so wichtig ist. Ich muss zugeben, dass ich sehr böse auf die 1990er Jahre war, denn man hat eine Illusion der Öffnung geschaffen. Auf einen genaueren Blick war das eher eine Schließung; in dem Sinne, dass alle in Rumänien angebotenen Kinderbücher Übersetzungen waren. Wir hatten den Eindruck, dass uns eine Vielfalt angeboten wurde, doch es handelte sich nur um einen imaginären Darsteller, der Disney Art. Ich möchte nicht sagen, dass ich etwas gegen Disney-Geschichten habe, ich bin auch mit solchen Geschichten aufgewachsen, aber es ist nur eine Variante von vielen. Zu dieser Zeit schien mir am schlimmsten, dass die Kinderbücher, die von rumänischen Schriftstellern geschrieben und von rumänischen Zeichnern illustriert wurden, fast vollständig verschwunden waren. Ich denke, dass es sehr wichtig ist, unsere eigenen Geschichten zu erzählen, so dass es die Kinder verstehen, wir müssen mit ihnen unsere Meinungen, unsere Sorgen teilen.“
Eine andere Frage, die die Journalistin Carmen Muşat den Gesprächsteilnehmern gestellt hat, war, ob man eine Hierarchie zwischen Bild und Text festlegen kann. Inwieweit ruft der Text nach der Illustration und umgekehrt? Kurz gefasst: Was kam zuerst — der Text oder das Bild? Der Schriftsteller und Übersetzer Florin Bican glaubt, dass es zweifellos der Text ist, aber dass es nicht so bleiben darf. Um die Kommunikation zwischen Schriftstellern und Zeichnern zu fördern, schlug er allen eine Zusammenarbeit vor. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit trägt den Namen die Buchküche von Texten und Bildern. Gezeichnete Kindergeschichten“. Der Band erschien beim Verlag Pro. Es handelt sich um ein Manifestbuch — der Beweis, dass es frische Ressourcen gibt, sowohl im Bereich der rumänischen Originaltexte für Kinder als auch der qualitativen Buchillustrationen. Nach dem Vakuum, das nach dem Verschwinden der rumänischen Kinderbücher der 1980er entstand, bewies die Buchküche, dass man die Verbindung zu einer scheinbar verschwundenen Tradition wieder aufnehmen kann. Schriftsteller Florin Bican:
Auf Vorschlag von Oana Ispir, der Gründerin des Zeichnerklubs, habe ich den Schriftstellern vorgeschlagen, Texte für Kinder zu schreiben, die die Zeichner mit ihrem Talent und ihrer Einfallskraft begleiten können. Ich kann behaupten, dass es eine erfreuliche Zusammenarbeit war. Für die Zeichner war es eine Freude, die Texte der Schriftsteller zu illustrieren. Die Buchautoren waren sehr entzückt, zu sehen, was für Bilder aus ihren Texten entstanden sind. Von den Schriftstellern, die dieses Jahr an der Internationalen Buchmesse teilgenommen haben, finden wir in diesem Band drei als Autoren von Kinderbüchern wieder: Vasile Ernu, Doina Ruşti und mich selbst, Florin Bican. Der Hintergrundgedanke dieses Buches war, die Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass es in Rumänien sowohl Verleger als auch Zeichner für Kinderbücher gibt.“
Vasile Ernu wurde gefragt, ob die Kinderliteratur einen unterschiedlichen Ansatz den Empfängern gegenüber voraussetzt.
In der Tat, wenn man Literaturschriftsteller ist und man für Kinder zu schreiben beginnt, stellt man fest, dass die Dinge komplizierter werden. Denn ich habe rechtzeitig begriffen, dass es sehr einfach ist, die Erwachsenen zu belügen, die Kinder jedoch nicht. Wenn man ein aufregendes Buch für Kinder schreibt, ist das schon etwas! Denn ein Kind muss man überraschen, ein Kind kann nicht belogen werden, es kann nicht in die Irre geführt werden, so wie wir. Ein Kinderbuch ist ein Ganzes. Das Kind macht keinen Unterschied zwischen Text und Bild. Nur wir Erwachsene unterscheiden. Deshalb scheint mir der Begriff Zeichner nicht sehr angemessen, wenn wir über Kinderbücher sprechen. Sowohl der Schriftsteller als auch der Zeichner sind Autoren.“
Das Programm Rumäniens als Ehrengast der Internationalen Buchmesse Istanbul wurde von dem Rumänischen Kulturministerium in Zusammenarbeit mit dem Rumänischen Kulturinstitut Dimitrie Cantemir“ in Istanbul gestaltet.