Regisseurin Adina Pintilie tritt mit Debütspielfilm bei Berlinale 2018 an
Rumänien zeigt auch auf der 68. Berlinale eine starke Präsenz: In der zentralen Sektion Wettbewerb“ tritt der Debütspielfilm der Regisseurin Adina Pintilie Nu mă atinge-mă“ / Touch me not“ an.
Corina Sabău, 17.02.2018, 17:30
Der Debütspielfilm der Regisseurin Adina Pintilie Nu mă atinge-mă“ / Touch me not“ läuft dieses Jahr in der zentralen Sektion Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele in Berlin. Gedreht wurde der Streifen in 10 Wochen, mit Profischauspielern und Laiendarstellern. Das Team war ein buntes Gemisch aus ganz Europa: Regisseurin und Drehbuchautorin ist Adina Pintilie (Rumänien), Darsteller sind Laura Benson (Großbritannien/Frankreich), Tomas Lemarquis (Island/Frankreich), Christian Bayerlein (Deutschland), Grit Uhlemann (Deutschland), Hanna Hofmann (Deutschland), Seani Love (Großbritannien/Australien), Irmena Chichikova (Bulgarien) und Dirk Lange (Deutschland). Der von Manekino Film produzierte erste abendfüllende Spielfilm der Regisseurin Adina Pintilie beeindruckte den Direktor der Filmfestspiele, Dieter Kosslick, der erklärt hatte, es sei ihm eine Freude und Ehre, den Film im Rahmen der Berlinale zu präsentieren. Die Regisseurin Adina Pintilie:
Es war eine Vertrauensgeste seitens der Organisatoren, aber ich weiß nicht, ob sie mit unserem Streifen eine Ausnahme machten. Wie dem auch sei — wir wurden mit offenen Armen und mit viel Liebe empfangen und wir sind dafür sehr dankbar. Wir haben alle sehr hart gearbeitet, es dauerte etwa 7 Jahre bis der Film fertig war. Alles begann im Jahr 2011, die ganze Arbeit entwickelte sich sehr schön, es war eine internationale Zusammenarbeit. Als wir aber Finanzierung aus Rumänien brauchten, sind wir auf sehr viele Hindernisse gestoßen, zwei Jahre lang konnten wir in Rumänien überhaupt keine Finanzierung bekommen. Da wir aber international so viel Erfolg hatten, erhielten wir letzten Endes auch Finanzierung aus Rumänien und konnten die internationale Koproduktion starten. Es war ein wunderbares, aber auch sehr schweres Projekt.“
Touch Me Not“ behandelt die Suche nach Intimität als fundamentalen Aspekt des menschlichen Lebens. Der Film hinterfragt unsere vorgefassten Konzepte und erforscht die unkonventionellen Wege, auf denen Menschen Intimität erreichen können. In einem Mix aus Realität und Fiktion arbeiten wir mit realen sowie fiktionalen Geschichten und Figuren, die sich begegnen, verschmelzen und wandeln im künstlerischen Raum des Films. Touch me not“ ist ein Versuch, die Schichten der Intimität zu entdecken. Intimität ist aber voller Gefahren — auf der Kehrseite der Liebe verstecken sich Hass, Aggressivität, Missverständnis. Sie sind verschiedene Facetten derselben komplexen Realität, sagt die Regisseurin Adina Pintilie:
Die Art und Weise, wie wir Intimität erleben, hängt von vielen Aspekten ab: von unserer Erziehung, von der Kultur, in der wir leben, von unserem Werdegang als Menschen. Die praktische Realität der Interaktion mit anderen ist aber viel komplexer. Mein Projekt ist eigentlich aus Neugierde entstanden. Als mir klar wurde, dass ich viel zu wenig über Intimität und über die menschliche Natur weiß, fing ich an, alles noch einmal zu lernen, die Intimität auf eine andere, manchmal überraschende Weise zu entdecken. Ich arbeitete sowohl mit Profischauspielern als auch mit Laiendarstellern, mit Menschen, die noch nie fürs Kino gearbeitet hatten, aber sich für den Forschungsbereich interessierten. Das Resultat war eine Kombination zwischen ihren persönlichen Geschichten und Fiktionselementen. Wir machten auch Experimente wie im Psychodrama, wir versuchten viele Herangehensweisen und brachten genau die Mechanismen ans Licht, die wir manchmal unbewusst in unseren Beziehungen anwenden. Alle Filmfiguren konfrontieren sich mit der Kontradiktion zwischen dem Bedürfnis nach Intimität und der Angst, eine Beziehung einzugehen, weil man viel zu abhängig und verletzbar werden könnte.“
Mit dem Film Touch Me Not“ / Nu mă atinge-mă“ steht Adina Pintilie nicht zum ersten Mal an der Grenze zwischen Fiktion, Dokumentation und visueller Kunst. Ihre Filme werden von der Kritik als eine außergewöhnliche Erscheinung in der rumänischen Kinolandschaft eingeschätzt. Sie erweisen einen zutiefst persönlichen Stil, einen kühnen Experimentierdrang im kinematographischen Ausdruck und eine kompromisslose Erkundung der menschlichen Psychologie. Was kommt bei Adina Pintilie zuerst, wenn sie eine Geschichte kinematographisch konstruiert?
Wenn ich ein neues Projekt beginne, bin ich immer sehr offen, und die Form entsteht nach und nach, parallel zum Konturieren der Hintergründe. In diesem Fall gab es schon ein Drehbuch, das eher wie eine Struktur funktioniert hat. Es gab eine Anfangsgeschichte, die als Basis für das Casting diente. Das Casting lief aber eher wie für eine Dokumentation als für einen Spielfilm. Wir versuchten, die Menschen, die vor uns standen, richtig zu kennen, zu verstehen, wir arbeiteten mit Musikstücken, mit Erinnerungen, mit Träumen, die für diese Menschen eine besondere Bedeutung hatten. Bei diesem etwas anderen Casting konnten wir die Menschen finden, mit denen wir Experimente im »Touch Me Not«-Intimitätslabor führen konnten. Während des gesamten Verfahrens haben wir die Fiktion als eine Struktur benutzt, die uns ermöglicht hat, mit Realitätselementen zu arbeiten. Da die Intimität für viele von uns, einschließlich für die Projektbeteiligten, ein sehr empfindlicher Bereich ist, haben wir mit einer fiktionalen Struktur gearbeitet, die einen sicheren Raum um unser Projekt herum geschaffen hat. Kein Teammitglied wusste, ob die Elemente, die wir bei der Arbeit mit den Darstellern verwendeten, persönliche Erfahrungen oder Fiktion waren.“
Adina Pintilies Kurzfilm Oxygen“ kam in den offiziellen Wettbewerb des Internationalen Filmfestivals in Rotterdam 2010 und wurde auch für den Preis für den besten Kurzfilm und für den Nachwuchspreis bei den GOPO-Preisen 2011 in Rumänien nominiert. Jurnal #2“, eine Koproduktion Niederlande-Rumänien, der jüngste Kurzfilm von Adina Pintilie, gewann den Preis ZONTA für den besten Film einer Regisseurin beim Internationalen Kurzfilmfestival in Oberhausen 2013, und ein anderer Kurzfilm, Balastiera #186“ lief in der Sektion Autoren-Kurzfilm des Filmfestivals in Locarno 2008.