Premieren des Temeswarer Nationaltheaters
Maria de Buenos Aires, Die Schöne und das Biest, Weiße Nächte sind einige der Aufführungen des Temeswarer Nationaltheaters, die in der Spielzeit 2014-2015 zahlreiche Theaterbegeisterte anziehen.
Luana Pleşea, 27.09.2014, 15:45
Das erste Musical der Regisseurin Ada Lupu, Maria de Buenos Aires“ feierte neulich seine Erstaufführung im westrumänischen Timişoara (Temeswar). Die Regisseurin baut zusammen mit den Schauspielern des Theaters und mit der Band Nuevo Tango Quintet eine Welt voller Energie und Sinnlichkeit auf. Die Musik des Komponisten Astor Piazzolla, die Verse des uruaguayischen Dichters Horacio Ferrer stellen einen perfekten Milonga-Abend in Temeswar wieder her. Die Gäste sitzen am Tisch, auf dem Tisch gibt es Wasser, Wein und Tischlampen, die ein diskretes Licht werfen. Die Gäste werden ab und zu von den Schauspielern, die jetzt die Rolle der Tänzer spielen, zum Tanz eingeladen.
Die Idee, das berühmte Musical in Temeswar zu inszenieren, kam vom Akkordeonspieler Alin Stoianovici, einem der Gründer der Band Nuevo Tango Quintet. Regisseurin Ada Lupu erklärte nach der Premiere:
Vor einem Jahr kam die Aufführung » Maria de Buenos Aires « ins Leben des Temeswarer Nationaltheaters zusammen mit Alin Stoianovici, der mich fragte, wie es wäre, wenn wir das Musical inszenieren würden, und wie ich mir diese Inszenierung überhaupt vorstellen würde. Damals hatte ich eine Entwicklung des Theaters in die Richtung Performance in Aussicht. Es handelt sich um ein sogenanntes in der Theateraufführung integriertes Konzert — das Orchester spielt nicht in dem Theatergraben, es kann im Publikum sitzen, das Orchester kann zudem seinen Rhythmus ändern und somit wird die Aufführung viel lebendiger.“
Maria de Buenos Aires“ erzählt eine Liebesgeschichte, die Geschichte einer Frau sowohl aus der Perspektive der Religion als auch aus der Perspektive der Gegenwart. Ada Lupu mit weiteren Einzelheiten:
Wir diskutieren darüber, was eine Frau heutzutage darstellt, was es in ihrer Seele gibt, was sie in dieser Welt, die sie mehr oder weniger liebt, schätzt und ihr das Recht gewährt, eine Stellungnahme zu haben. Dazu spielt sich alles auf einer herrlichen Musik ab. Die Musik von Piazzolla ist eigentlich mehr als Musik. Es ist nicht nur Tango, sondern experimentelle Musik, Liebesmusik, intellektuelle Musik, eine Musik die über alle Schranken der Gefühle hinausgeht und mehr als eine Emotion wird. Wir haben die Aufführungen in fast zwei Monaten vorbereitet. Wir haben den Text erneut übersetzt und adaptiert. Wichtig für uns war es, eine offene Aufführung zu inszenieren, eine Aufführung in der wir mit dem Publikum arbeiten, eine Aufführung die uns den Anlass gibt, Gefühlen und tiefen Emotionen Ausdruck zu verleihen. Die Menschen sollen den Mut haben, ‚Ich liebe dich‘ zu sagen, wir sollen unser Leben für das Leben wagen, wir sollen es wagen, alles zum Audruck zu bringen, was uns gefällt und was nicht, keine Vorurteile haben, denn diese setzen grausame Schranken und führen zu einem furchtbaren Frust in unserer Gesellschaft. Um das zu vermeiden, sollen wir unseren Gefühlen Ausruck verleihen, denn nur so können wir uns viel schöner und tiefer als alle Vorurteile entwickeln.“
Das Musical Maria de Buenos Aires“ war die dritte Premiere der Spielzeit 2014-2015 beim Temeswarer Theater. Theaterintendantin Ada Lupu dazu:
Die erste Aufführung, die die Spielzeit eröffnete, ist »Pe ceas. Cu 60 de minute mai bătrân«, zu deutsch »Nach der Uhr. 60 Minuten älter«, nach dem Text von Peca Ştefan. Es handelt sich um eine Koproduktion mit dem Staatstheater aus Karlsruhe und am 3. Oktober soll die Aufführung auch auf die Bühne des Karlsruher Theaters gebracht werden. Es handelt sich um ein europäisches Projekt, das unter der Schirmherrschaft der Europäischen Theaterkonvention angestoßen wurde und zu deren Mitgliedern wir ebenfalls zählen. Im April werden wir dieses Stück beim Rumänischen Dramaturgiefestival inszenieren. Dabei sollen weitere vier Produktionen der anderen Mitglieder-Theater der Konvention auf die Bühne gebracht werden. Die Aufführungen werden um das Thema »Art of Ageing« kreisen, oder was es im heutigen Europa bedeutet, alt zu werden und in die Rente gehen. Unsere Aufführungen basieren auf einer Reihe von Interviews die Ştefan in Temeswar und in Karlsruhe zu verschiedenen Themen machte. Jeder Moment des Lebens, den man an der Arbeit, zu Hause oder anderswo verbringt, ist eine Wahl, weil solche Momente für immer vorbei sind. Die Idee finde ich sehr tief und wichtig.“
Nach der Aufführung Nach der Uhr. 60 Minuten älter“ von Peca Ştefan, kam Nopţi albe“, zu deutsch “Weiße Nächte“, eine Inszenierung nach Dostojewski des italienischen Regisseurs Stefano de Luca. In den folgenden Minuten spricht Theaterintendantin Ada Lupu über die kommenden Aufführungen des Temeswarer Theaters:
Wir bereiten ein anderes Musical vor: »Die schöne und das Biest«. Die Inszenierung des Regisseurs Kero (Miklós-Gábor Kerényi) soll im großen Saal unseres Theaters aufgeführt werden. Hauptdarsteller sind Matei Chioariu in der Rolle des Biestes und die Opersolistin Cristina Vlaicu in der Rolle Belle. Es handelt sich um keine Performance, in der auch das Publikum eine gewisse Rolle spielt, sondern um eine klassische Aufführung mit Darstellern auf der Bühne und Zuschauern im Saal. Ich glaube, sie wird einen hervorragenden Erfolg erzielen. »Maria de Buenos Aires« richtet sich an ein gewisses Publikum, während »Die Schöne und das Biest« eine andere Zielgruppe hat. Ich sagte früher, ich möchte, dass sich unser Theater in die Richtung Performance entwickelt, damit habe ich die Zusammenarbeit zwischen Schauspielern und Musikern gemeint. Ich möchte den gemeinsamen Faktor Performing finden, der das Theater, die Musik und den Tanz zusammenbringt. Das ist für mich als Forschungsbereich von großem Interesse. Wir haben ebenfalls eine Zusammenarbeit mit Pal Frenak in Aussicht. Pal Frenak ist ein ungarischer Choreograph, der in Frankreich lebt und eine Koproduktion mit dem Theaterensemble von Gigi Căciuleanu vorbereitet. Wir setzen also unsere Projekte im Bereich Performing fort. Mal sehen, wo der Treffpunkt dieser unterschiedlichen Kunstgattungen ist. Ich möchte, dass das Temeswarer Theater neue Wege öffnet.“