Osterbräuche in Rumänien
Die Gedächtnisfeier Jesu Christi – oder das Osterfest – ist einer wichtigsten Termine (wenn nicht der wichtigste) im christlichen Kalender. Die Karwoche bzw. die Woche vor dem Ostersonntag enthält eine ganze Reihe von Traditionen.
Monica Chiorpec, 11.04.2015, 17:40
Die Gedächtnisfeier Jesu Christi – oder das Osterfest – ist einer wichtigsten Termine (wenn nicht der wichtigste) im christlichen Kalender. Die Karwoche bzw. die Woche vor dem Ostersonntag enthält eine ganze Reihe von Traditionen, die zwar regionsspezifische Unterschiede aufweisen, allerdings im Wesentlichen die geistliche Bedeutung des Ereignisses speichern.
Ostern ist ein beweglicher Feiertag, das Datum des Festes wird von der orthodoxen und katholischen Kirche jeweils nach einer unterschiedlichen Formel berechnet. In diesem Jahr liegt eine Woche zwischen dem Osterfest der West- und jenem der Ostkirche. Delia Suiogan, Ethnologin an der Nord-Universität in Baia Mare, erklärt für unseren Sender, warum die Termine unterschiedlich errechnet werden.
Das Äquinoktium oder die Tagundnachtgleiche ist die gemeinsame Berechnungsgrundlage des Ostertermins für alle Arten von Kalendern. Es gibt den julianischen Kalender, nach dem sich die Orthodoxen richten, und den gregorianischen Kalender, den die Katholiken verwenden. Die beiden Kalender sind um 13 Tage zeitlich versetzt. Am 8. März findet nach dem gregorianischen Kalender das Frühjahrs-Äquinoktium statt, und am 21. März nach dem julianischen Kalender. Und aufgrund der Tagundnachtgleiche wird der Termin für den Vollmond errechnet. Wenn bei den Orthodoxen der Vollmond auf einen bestimmten Sonntag fällt, wird das Osterfest eine Woche später gefeiert. Ebenso wird beim gregorianischen Kalender vorgegangen, aus der 13-tägigen Verschiebung ergibt sich das verschobene Datum. Es ist wichtig, sich zu merken, dass das Osterfest sich nach dem Mond richtet und nicht nach der Sonne, wie es der Fall mit Weihnachten ist. Und diese Tatsache hat offensichtlich einen direkten Einfluss auf die Bräuche und Traditionen. In der Regel, findet das katholische Osterfest vor dem der Orthodoxen statt.“
Während der gesamten Karwoche gilt es, einer Fülle an bedeutungsschwangeren Ritualen nachzugehen. Sabina Ispas, die Leiterin des Bukarester Institutes für Ethnographie und Folklore Constantin Brăiloiu“ zieht die Bilanz.
Da wären vor allem die zwei bedeutungsschwangeren Tage, die voll von ritualistischen Akten und Gesten sind, die für die traditionellen Gesellschaften absolut obligatorisch waren. Ich rede von dem Gründonnerstag, an dem zum letzten Mal der Toten gedacht wurde. Vor etwas längerer Zeit wurde in manchen Regionen im Süden Rumäniens, wie von unterschiedlichen Urkunden des 16. Jahrhunderts belegt, die Tradition der Klage und Ölung der Gräber aufrechterhalten. Es wurden auch große Feuer gezündet. Das Feuer sollte dabei nicht das Holz verbrennen und verbrauchen, sondern das Licht symbolisieren. Das ist eine Ausdrucksform göttlicher Energie, die im Laufe der darauffolgenden Ereignisse am Tage und in der Nacht freigesetzt wird. Das ist die Zeit, in der jeden Abend, nach Sonnenuntergang, die sogenannten Denijen stattfinden (die für die Karwoche spezifischen Gottesdienste der Ostkirche – Anm. der Redaktion). Am Gründonnerstag wird die Denija der 12 Evangelien gefeiert. Laut Tradition sollten an diesem Donnerstag die Eier gefärbt, das Osterlamm geopfert und das Osternbrot oder die Pasca gebacken werden. All diese Tätigkeiten im Haushalt waren bedeutungsträchtig, sie deuteten allegorisch das Großereignis der Wiederauferstehung an, das in der Nacht zum Sonntag folgte. Der Karfreitag symbolisierte die Grabesruhe des Herrn. Die Menschen aßen üblicherweise wenig oder hielten einen strengen Fast- oder Abstinenztag. Das nennt man auch schwarze Fastenzeit. In den Kirchenhöfen wurden Feuer gezündet, wie in der Osternacht auch.“
Sehr wichtig ist selbstverständlich die Nacht von Samstag auf Sonntag. Niemand geht zu Bett, in den Gärten werden Feuer gezündet und um Mitternacht muss jeder zur Kirche, um sich Licht zu holen. Das von dem Priester an die versammelte Menge weitergegebene Licht wird nach Hause geholt und leuchtet für die Familie das ganze Jahr über. Das Gesamtbild mit den Mitgliedern der traditionellen Kirchengemeinde, die mit den angezündeten Kerzen den Heimweg antreten, ist einzigartig. Allerdings bedeutet diese Prozession nicht das Ende des Feiertags, wie Sabina Ispas erklärt.
Am Samstag wurde in den traditionellen Gesellschaften nicht mehr gearbeitet. Die Menschen bereiteten sich gedanklich, spirituell auf die Auferstehung vor. Nicht auf die Feier, die ohnehin nicht als Gesang, Tanz, gute Laune, Spaß und ein üppiges Mahl zu verstehen ist. Es geht um etwas völlig Anderes. Die Menschen bereiteten sich für dieses außerordentliche Ereignis vor, der Osterkorb wurde aufbereitet. Gemäß der rumänischen Volkstradition wurde niemals ein Lebensmittel verspeist, das zuvor nicht geweiht oder gesegnet worden war. Das heißt, dass selbst dieser Osterkorb eine Form der Segnung aller Osterspeisen war, die zum Festtagsmahl serviert wurden. Es galt, einen gewissen Lebensmittelkodex einzuhalten, die hart gekochten und gefärbten Eier durften natürlich nicht fehlen.“
Überhaupt sind die gefärbten Eier vielleicht das wichtigste Ostersymbol, wie Sabina Ispas weiß.
Dieses Ei entstammt selbstverständlich dem jüdischen Glauben. Man darf nicht vergessen, dass man während des jüdischen Pessach-Festes ein gelbes Ei inmitten der Speiseplatte aufstellte, samt bitteren Kräutern. Das Ei wurde traditionsgemäß rot gefärbt. Die Freude an den unterschiedlichen Gelb-, Grün-, Blautönen und der Bemalung der Eier mit unterschiedlichen Motiven, die heute sogar Katzen-, Hunde- und Zeichentrickmotive sein können, haben überhaupt nichts mit dem Spezifikum der Feier am Hut. Die Eier wurden rot gefärbt, und wenn zusätzlich noch Motive darauf gezeichnet wurden, dann waren es Kreuze, Weizenähren, Fische und etwas später Pflanzenblätter.“
Ungeachtet der regionsbedingten Unterschiede, wird dem Osterfest in allen Teilen Rumäniens nach wie vor eine große Bedeutung beigemessen: Es ist ein Anlass für eine geteilte Freude, ein wichtiges Ereignis, dass die Mitglieder der Dorfgemeinden zusammenbringt.