Nationales Tanzzentrum: Kühne Projekte für mehr Sichtbarkeit
Das Nationale Tanzzentrum in Bukarest (CNDB) ist die einzige öffentliche Kulturinstitution, die den zeitgenössischen Tanz und die darstellende Kunst in Rumänien fördert. Mit dem Umzug in ein eigenes Gebäude sollen auch neue Projekte entwickelt werden.
Luana Pleşea, 27.01.2018, 17:30
2017 ging für das Nationale Tanz-Zentrum in Bukarest CNDB so zu Ende, wie es seit vier Jahren zur Traditionen geworden ist: mit der Gala der CNDB-Preise. Bei dieser 4. Auflage der Preisverleihung wollte das Team vom Nationalen Tanz-Zentrum in Bukarest einige Persönlichkeiten ehren, die im Laufe des 20. Jahrhunderts den Rahmen für den zeitgenössischen choreographischen Kontext in Rumänien gesetzt haben. Die Vorreiter des rumänischen Tanzes haben Regeln gebrochen, sie haben den Tanz emanzipiert, sie waren mutig“, sagt Vava Ştefănescu, Managerin des Nationalen Tanz-Zentrums in Bukarest (CNDB). Die Preisträger 2017 sind die Choreographen und Tänzer Floria Capsali, Vera Proca-Ciortea, Iris Barbura, Lizica Codreanu, Paule Sybille, Stere Popescu, Gabriel Negri, Esther Maghiar und Trixy Checais. Dieser Vorschlag stellte eine Einleitung dar zu dem, was dieses Jahr und in 2019 auf Zentrum zukommen werde, erläutert die Managerin Vava Ştefănescu:
Es war eine ziemlich radikale Option, weil beim Nationalen Tanz-Zentrum in Bukarest eine Etappe zu Ende geht und eine andere startet. 2019 werden wir in ein eigenes Gebäude des Nationalen Tanz-Zentrums umziehen. Bis jetzt gab es eine bestimmte Art, den zeitgenössischen Tanz zu fördern und diesen sichtbar zu machen. Ab jetzt müssen wir es anders betrachten und uns anders vorbereiten. Ich glaube, die Institution braucht eine Belebung, eine Belebung der eigenen Einstellung. Wenn eine Etappe zu Ende geht, schaut man zurück. Dank dieser Menschen hat der zeitgenössische Tanz eine Zukunft. Ich habe fest daran geglaubt, dass wir diese Persönlichkeiten ehren müssen. Wir dürfen sie nicht vergessen und müssen ihre Erfolge, ihre Dreistigkeit, ihren Mut, und insbesondere die Sprengung der Grenzen und des traditionellen Zustands ehren. Irgendwie soll also der Geist derjenigen, die geehrt wurden, beim Tanz-Zentrum befolgt werden. Du schaust zurück und siehst eigentlich die Zukunft.“
Das Nationale Tanz-Zentrum in Bukarest ist Produzent, Gastgeber, Trainer, Forscher und Vermittler. Über die zukünftige Strategie des Zentrums berichtet weiter Vava Ştefănescu:
Das Zentrum wird in die Innenstadt umziehen. 2018 und teilweise 2019 werden wir uns nur vorbereiten, damit wir 2019 wirklich unsere Türen mit einer klaren Botschaft und einer klaren Einstellung für das Publikum öffnen können. Das ist sehr wichtig. Deswegen glaube ich, dass die erste Achse dieser Strategie die Intensivierung der Ideen, der Dialoge und der öffentlichen Vorträge ist. Es gibt viele Projekte, die vervielfacht werden sollen. Wenn sie nicht vervielfacht werden, dann soll die Dauer verlängert werden, um einen größere Wirksamkeit zu erzielen. Und auch die Sichtbarkeit muss besser und das Publikum mehr als bis jetzt eingebunden werden. Wir versuchen, sowohl in Bukarest als auch im ganzen Land mehrere Vorführungen von Gast-Projekten zu haben. Wir haben es nicht geschafft, Filialen des Zentrums in anderen Städten zu öffnen. Laut dem Justizministerium muss das Parlament eine solche Entscheidung billigen, was interessant ist. Aber wir werden die Außenstellen, die wir und das Publikum im Land brauchen, öffnen. Wir alle wissen, dass die choreographische Kultur sich nicht allein auf Bukarest beschränken darf.“
Dieselbe Strategie sieht auch die Planung von Mini-Spielzeiten in mehreren Städten des Landes vor. Zunächst soll dies in Craiova und Târgu Mureş (Neumarkt) geschehen. Es folgen Iaşi (Jassy), Cluj (Klausenburg), Timişoara (Temeswar) und vielleicht sogar auch Constanţa und Braşov (Kronstadt). Zum Schluss einen Ausblick aus der Zentrale über den zeitgenössischen Tanz in Rumänien. Die CNDB-Intendantin und Choreographin Vava Ştefănescu ist der Ansicht, dass die Zukunft sehr wohl rosig sein kann.
Es sieht viel besser aus als vor 10 Jahren. Aber es scheint mir, dass es dem Tanz gelungen ist, sich einzuordnen, aber diese Kunstform schafft es noch nicht, eine eigenständige Stimme zu entwickeln. Mit anderen Worten — es gibt keinen speziellen Diskurs im künstlerischen Denken, keine wirklich neuen oder kühnen Ideen. Es ist sehr gut, dass zeitgenössische Tanzensembles überall eingeladen werden, es gibt viele Produktionen, viel mehr als vor vier Jahren. Es gab auch Festivals und Theater, die Tanzaufführungen produzieren. Es läuft wirklich gut! Aber sie sind in der gleichen braven Ästhetik geschrieben. Mutige oder problematischere Fakten beginnen an Durchschlagskraft einzubüßen, die öffentliche Aufmerksamkeit zu verlieren. Das Nationale Tanzzentrum strebt danach, einen breiteren Rahmen zu schaffen, in dem sich Publikum und Künstler vertreten fühlen. Auf der anderen Seite haben die Künstler die Aufgabe, authentisch zu sein, um für eine individuelle, persönliche Stimme zu kämpfen. Ich würde es gerne sehen, wenn sie die Gefahr in Kauf nehmen würden, weniger Applaus zu bekommen, aber dafür Fragen aufzuwerfen und dadurch Debatten anzufachen, durch das, was sie tun. Das Zentrum allein wird es nie können, aber die zahlreichen Künstler haben mehr Gewicht. Und das Publikum ist noch zahlreicher. Das Motto hinter all der Arbeit und den Kämpfen im Jahr 2018 ist, dass wir alle sagen: ‚Du bist der Kontext.‘ Sie bauen den Kontext auf. Es scheint mir sehr wichtig für die Menschen — das Publikum, die Künstler –, selbständig zu werden und sich bewusst zu werden, dass sie einen Platz und ein Volumen um sich herum haben und dass Dinge infolge ihrer Aktionen tatsächlich passieren. Nicht nur beim CNDB. Auch in der Politik, Wirtschaft und im sozialen Leben.“