Literaturfestival FILB in Bukarest: Autorinnen im Rampenlicht
Das Literaturfest in Bukarest lockte auch dieses Jahr zwischen dem 7. und dem 9. Dezember viele Literaturbegeisterte mit einem reichen Programm an.
Corina Sabău, 17.12.2016, 18:41
Auf dem Programm der diesjährigen Literaturfestspiele standen zwei Leseabende, Publikumsgespräche und ein den Studenten gewidmetes Sonderevent, das in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Kommunikationswissenschaft organisiert wurde. Gastgeber des Festivals war auch dieses Jahr der Club des Bukarester Bauernmuseums. Beim ersten Leseabend und anschließenden Publikumsgespräch haben die Organisatoren den Literaturliebhabern in der rumänischen Hauptstadt die Prosaautorinnen Irina Teodorescu, Veronica D. Niculescu, Lavinia Branişte und Irina Georgescu-Groza näher gebracht.
Die Literaturübersetzerin und Schriftstellerin Veronica D. Niculescu erläutert, wie ihr Roman Spre văi de jad şi sălbăţie“ (Ins Tal des Jade und des Taumel-Lolchs“) entstanden ist. Der Roman erschien dieses Jahr im Verlag Polirom und es handelt sich um den zweiten Band der Prosaautorin, nach Hibernalia“. Dazu Veronica D. Niculescu:
An diesem Roman habe ich rund drei Jahre gearbeitet und ich kann sagen, dass er als Spiel angefangen hat. Der Roman erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die ein Buch schreibt. Meine Hauptfigur schreibt ein Buch, das sich sehr stark von meinem Buch unterscheidet. Ich habe mich für diese Sonderform des Erzählens entschieden, weil ich mir immer gewünscht habe, in einem meiner Bücher, die Geschichte einer Figur sich wie eine Art Rahmenerzählung entfalten zu lassen. Ich hoffe, dass ich in Zukunft die Gelegenheit habe, in einen meiner Romane die Geschichte einer männlichen Figur oder eines Tieres einzugliedern. Zurück zur Geschichte, die die junge Frau schreibt: Es handelt sich um ein Märchen in Versen, von dem ich nicht sicher war, dass ich dafür einen Platz in meinem Buch finden werde. Erst als ich das Märchen fertigschrieb, war es für mich klar, dass ich mir wünschte, dass der ganze Band zu einer Geschichte dieser Frau wird. So habe ich das Porträt meiner Hauptfigur gezeichnet, indem mir das Märchen in Versen als Ausgangspunkt diente.“
Lavinia Branişte gab ihr Literaturdebüt mit einem Gedichtband, dann hat sie zwei Prosabände und ein Kinderbuch geschrieben. Wie sie dazu gekommen ist, einen Roman zu schreiben, erläutert die Autorin, deren Roman Interior zero“ (Innenraum Null“) dieses Jahr im Verlag Polirom erschien:
Ich habe immer eine Leidenschaft für Kurzprosa gespürt, diese Leidenschaft habe ich eigentlich noch und so hatte ich mir auch diesen Band vorgestellt: als Kurzgeschichte. Dann habe ich die Inhaltsteile miteinander verknüpft und merkte, wie gut sie zueinanderpassen. Die Geschichte ist mir während eines Chat-Gesprächs mit dem Dichter Vasile Leac, einem Freund von mir, eingefallen. Er befand sich zu jenem Zeitpunkt in Deutschland, um Lauch und Kürbisse zu ernten. Ich habe ihn um seine exotische Erfahrung beneidet und war mir sicher, dass er sie aufs Papier bringen wird. Das Motto meines Romans ist eigentlich ein Teil unseres Gesprächs, genauer gesagt, eine Frage meines Freundes an mich: Kann es sein, dass wir das Leben nicht verstehen? Es hat mir gefallen, wie er die Frage zum Ausdruck brachte, und so ist mir eingefallen, ein Buch darüber zu schreiben, wie wir das Leben nicht verstehen. Damals war ich selber mit der Situation konfrontiert, in der ich mich gut und erfüllt fühlte, aber es erschrak mich, ehrlich gesagt, dass das Sich-Wohlfühlen und das Erfüllt-Sein nur von außen so aussieht. Es war mir auch nicht klar, ob ich mir etwas anders wünschen sollte oder nicht.“
Der Roman Blestemul tâlharului mustăcios“ (Der Fluch des schnauzbärtigen Banditen“) von Irina Teodorescu wurde in Frankreich mit dem Literaturpreis für Debütroman André Dubreuil“ geehrt. In rumänischer Sprache erschien der Roman dieses Jahr im Verlag Polirom, in der Übersetzung von Mădălina Vatcu. Dazu die Autorin:
In Frankreich erhielt mein Roman positive Rezensionen. Einige Leser sagten doch, dass sie wegen der rumänischen, für sie unüblichen Namen, den Faden verloren haben. Hauptsache ist, dass die Figuren, die ich in meinem Roman auftauchen lasse, überall in der Welt leben könnten. Die Handlung spielt irgendwo im Osten Europas, es steht nicht klar, wo genau, auch nicht, dass sie in Rumänien spielt, die Namen spielen jedoch darauf an.“
Irina Georgescu Groza las ihren Lesern beim Internationalen Literaturfestival in Bukarest aus dem Debütband Dincolo de ferestre“ (Jenseits der Fenster“) vor. Der Erzählband, der im Verlag Casa de Pariuri Literare“ erschien, thematisiert die Rückkehr zur Literatur.
Ich habe das Bedürfnis, zu schreiben, gespürt, als ich eine Zeit lang in Belgien mit der Familie lebte. Der Grund lag womöglich darin, dass ich meine Freunde vermisste, viel Zeit hatte und mich an meinem Job nichts reizte. Ich fing gleich an, bei der Arbeit Literatur auf Rumänisch zu schreiben, und es kann sein, dass mein flämischer Chef dachte, dass ich die langen E-Mails im Interesse der Firma schrieb. Als ich zurück nach Rumänien kam, habe ich mir gesagt, dass es an der Zeit ist, das zu machen, was ich mag, und ich mag Schreiben. Dann habe ich einen Kurs für kreatives Schreiben besucht und so entstand meine Liebe zur Kurzprosa, selbst wenn ich vorher zwei Romane geschrieben hatte.“
Im Anschluss an die Lesungen der vier Prosaautorinnen luden die Organisatoren die Besucher der Literaturfestspiele am ersten Leseabend zu einem Gespräch zum Thema Despre «scriitura feminin㻓 (Über das weibliche Schreiben“). Das Gespräch warf die Frage auf, ob es eine eigene Art der Frauen gibt, Literatur zu schreiben, oder werden die Werke der Schriftstellerinnen von Literaturkritikern und Kulturjournalisten als weiblich“ abgestempelt?