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Jean-Louis Courriol: „Es ist schwer, rumänische Literatur zu verkaufen“

Ein Porträt des französischen Literaturübersetzers, der zur Wahrnehmung großer rumänischer Klassiker in Frankreich beigetragen hat.

Jean-Louis Courriol: „Es ist schwer, rumänische Literatur zu verkaufen“
Jean-Louis Courriol: „Es ist schwer, rumänische Literatur zu verkaufen“

, 02.09.2017, 17:30

Courriol hat letztes Jahr zwei wichtige Auszeichnungen bekommen: die Ehrendoktorwürde der Universität Tibiscus in Timişoara und den Eugen-Lovinescu-Preis des Rumänischen Literaturmuseums. Er ist aber schon mehrmals für seinen Verdienst um die Förderung der rumänischen Literatur im französischsprachigen Kulturraum gewürdigt worden.


Schon 2015 wurde Jean-Louis Courriol beim Buchfestival Transilvania zum Ehrenbotschafter der rumänischen Literatur in Europa erklärt. Gleicherma‎ßen von Prosa und Dichtung begeistert, hat Courriol klassische und zeitgenössische Autoren ins Französische übersetzt und in Frankreich veröffentlicht. Zu ihnen gehören Mihai Eminescu, Liviu Rebreanu, Camil Petrescu, Marin Sorescu, Marta Petreu, Ion Băieşu oder Augustin Buzura — und einige von ihnen galten zunächst als schwer oder gar nicht übersetzbar. Zum ersten Mal in Kontakt mit der rumänischen Sprache kam Jean Louis Courriol Anfang der 1970 Jahre, als er als noch sehr junger Mensch die Lehramtsprüfung in klassischen Sprachen schaffte. Er bemerkte, dass Rumänisch eine Art modernes Latein ist und wollte das Studium vertiefen. Der französische Staat schickte Courriol als Gastlektor an die Universität Alexandru Ioan Cuza“ in Iaşi: Dort begann er, wie er heute noch scherzt, wie ein Moldauer zu sprechen, der sich als Bukarester aufspielt. Und er übersetzte seinen ersten rumänischen Autor ins Französische. Dass die Wahl auf Camil Petrescu fiel, war kein Zufall: Camil Petrescu war einer der Lieblingsautoren seiner zukünftigen Ehefrau, Florica Ciodaru-Courriol, die ihrerseits eine bekannte Übersetzerin ist.



Doch welche Autoren haben Jean-Louis Courriol ma‎ßgeblich beeindruckt? Das ist schwer zu sagen, denn es sind viele. Müsste ich mich für einen einzigen Namen entscheiden, dann Mihai Eminescu, klar. Aber eben auch Liviu Rebreanu. Und Marin Sorescu. Oder Cezar Petrescu, der leider in Rumänien selbst als weniger wichtiger Autor betrachtet wird. Die Schriftstellerin Marta Petreu sagte, dass es wichtig sei, die rumänische Literatur aus der Perspektive anderer Kulturen neu zu bewerten — ich tue das aus der Perspektive der französischen Literatur, die ich sehr hoch schätze. Aber es ist nicht so, dass die französische Literatur der rumänischen überlegen ist. Für mich sind sie gleichwertig — genauso, wie ich Rumänisch als zweite Muttersprache empfinde. Das klingt vielleicht stolz — aber ich bin eben so“, sagt Jean-Louis Courriol.





Für den Übersetzer scheint besonders ein Name wichtig zu sein: Liviu Rebreanu. Nicht weniger als sechs seiner Bücher hat er ins Französische übersetzt, darunter den Wald der Gehenkten“, Madeleine“ oder Metropolen“: Doch das sollte nicht darüber hinweg trügen, dass Courriol auch andere Autoren schätzt: Marin Sorescu ist eine der wichtigsten Begegnungen, denn er ist der Dichter, der mir Mihai Eminescu näher gebracht hat. Ich habe das auch in meiner Rede bei der Verleihung des Ehrendoktors gesagt: Mihai Eminescu schien mir ein fast unerreichbares Monument zu sein, auch deshalb, weil er vielleicht zu hoch gepriesen wurde. Aber als ich von Marin Sorescu ein Gedicht las, das wahrscheinlich die schönste Hommage an Eminescu ist, setzte ich mich immer näher auch mit ihm auseinander. Über Sorescu kam ich zu Eminescu. Aber auch durch Liviu Rebreanu erschloss sich mir Eminescu. Und umgekehrt fand ich wieder zu Rebreanu. Und von ihm wieder zu Marin Sorescu. Das kann ich so beliebig weiterspinnen.





Neben seiner Übersetzerarbeit unterrichtete Jean-Louis Courriol auch rumänische Sprache und Literatur an der Universität Lyon. Seit dem Jahr 2000 ist er Fellow Professor an der Universität Piteşti im Süden Rumäniens. In der Nähe dieser Stadt hatte Liviu Rebreanu die meisten Werke geschrieben, es passte also bestens, dass die Universität ein Institut mit den Namen des Schriftsteller eingerichtet hat — an diesem Institut unterrichten Jean-Louis und Florica Ciodaru-Courriol literarische Übersetzung und Simultandolmetschen. Courriol findet, dass es nicht leicht ist, die rumänische Literatur zu verkaufen: Es ist sogar sehr schwer, aber es hilft mir, dass ich mit meiner Frau arbeite. Französische und generell ausländische Verleger sind nicht ganz selbstverständlich offen für rumänische Literatur — aber es ist nicht nur ihre Schuld, denn auch die übersetzten Texte haben nicht immer überzeugt. Nicht immer wurden die relevantesten Werke übersetzt. Ich bin überzeugt, dass die rumänische Literatur nicht in andere Kulturräume eindringen kann, wenn man sie nicht von den Ursprüngen an kennenlernt. Wenn man nicht wenigstens teilweise Mihai Eminescu, Liviu Rebreanu, Cezar Petrescu, Camil Petrescu, Lucian Blaga, Tudor Arghezi oder Marin Preda liest. Ich denke, dass es schwer ist, die rumänische Literatur zu fördern, ohne diese Autoren zu kennen. Natürlich kann es mal einen Hit geben mit einem Bestseller von einem zeitgenössischen Autor, aber das ist eben nur ein kurzfristiger Erfolg“, sagt der französische Übersetzer Jean-Louis Curriol.

Foto: Adi Mărineci
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